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Audio: rbb24 Inforadio | 03.04.2023 | Felicitas Montag | Quelle: Felicitas Montag/rbb

RE1-Strecke nach Frankfurt

Wenn der Weg zur Arbeit in Zeiten von Schienenersatz zur Tortur wird

Im 20-Minuten-Takt vom Ostkreuz nach Frankfurt (Oder) und das in rund einer Stunde: Aktuell kann man davon nur träumen. Die RE1-Strecke zwischen Erkner und Frankfurt (Oder) ist derzeit gesperrt. Ein Albtraum! Ein Erfahrungsbericht von Felicitas Montag.

Es ist 8 Uhr morgens in Berlin-Friedrichshain. Ich laufe jetzt noch ein paar Minuten bis zum Bahnhof Ostkreuz. Von dort fährt der RE 1 – leider nur bis nach Erkner. Laut DB-App brauche ich etwa anderthalb Stunden bis nach Frankfurt (Oder). Eigentlich wollte ich einen früheren Zug um 08 Uhr 12 nehmen, aber der ist ausgefallen. Ich versuche daher mein Glück um 8 Uhr 31.

Der Zug fährt nahezu pünktlich ein. Ich pendle regelmäßig nach Frankfurt - weder am Bahnhof noch im Zug habe ich jemals so viele Menschen gesehen - sicherlich auch dadurch bedingt, dass der erste Zug ausgefallen ist. Sitzplatz gibt es trotzdem. Doch die nächste Hürde lässt nicht lange auf sich warten – in Erkner die Haltestelle des Schienenersatzes finden.

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Wo ist die Haltestelle für den Ersatzbus?

Ich stehe kurz vor 9 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz in Erkner. Den zu finden, war nicht wirklich schwer, denn fast hundert Menschen sind vom Zug aus hierher geströmt. Das waren mehrheitlich Tesla-Mitarbeiter:innen. Aber für die gibt es Extra-Shuttlebusse. Doch wo ist die reguläre Haltestelle des Schienenersatzes?

Ein Hinweisschild verweist zwar darauf, dass die Ersatzbusse auf dem Parkplatz fahren, aber nicht, wo genau, denn dort fahren auch alle anderen Busse der Region.

Die Tesla-Angestellten sind inzwischen schon alle weg. Nur vereinzelt laufen ein paar Menschen über den Platz. Andere warten an Bushaltestellen. Davon gibt es hier zahlreiche.

Zusammen mit zwei älteren Männern aus Berlin begebe ich mich auf die Suche nach dem RE1-Ersatzbus. Geplante Abfahrtszeit laut DB-App: 08:57 Uhr. Der eine Mann beklagt sich, dass keiner etwas wisse und die Organisation wirklich schlecht sei. Nach ein paar Minuten entdecke ich dann einen Bus mit dem Hinweisschild: "Ersatzbus RE1".

Meine Begleiter und ich fragen den Busfahrer, ob und wann der Bus nach Frankfurt fahre. Er klärt uns darüber auf, dass sich die Haltestelle auf dem Parkplatz gegenüber von Aldi befindet. Wir dürfen aber dennoch direkt hier einsteigen. Los geht‘s. Merke fürs nächste Mal: Gegenüber von Aldi - the place to be.

Mitreisende berichten von unhaltbaren Zuständen

Bis Fangschleuse sind wir nur zu dritt im Bus. Dort steigen drei weitere Fahrgäste ein. Einer davon ist Steffen aus Fürstenwalde. Er berichtet, dass er fast eine Stunde am Bahnhof auf den Schienenersatz gewartet hat. Drei Busse seien in Folge an ihm vorbeigefahren, bis er bemerkt hat, dass er dort nicht richtig war, sondern dass sich die Haltestelle unmittelbar am Bahnhof Fangschleuse befindet. Hinweisschilder - Fehlanzeige, erzählt Steffen. Nur per Zufall habe ein Busfahrer irgendwann angehalten und sich seiner "erbarmt". Zuvor sei auch noch ein Bus ausgefallen - die DB-App habe dies aber nicht angezeigt. Als traurig und schwierig bezeichnet Steffen die aktuelle Situation resümierend.

Quelle: rbb

In Hangelsberg und Fürstenwalde steigen weitere Fahrgäste ein. Wir sind jetzt 13 Leute im Bus. Mit dabei ist auch die 14-jährige Pia aus Frankfurt (Oder), die täglich zwischen Fürstenwalde und Frankfurt pendelt. Generell sei sie zufrieden mit der Ostdeutschen Eisenbahn (ODEG), die vergangenen Dezember den Betrieb der RE1-Linie von der Deutschen Bahn übernommen hat. Der Schienenersatzverkehr nerve sie aber, erzählt Pia. Zum einen würden die Busse nur einmal pro Stunde fahren, zum anderen gebe es keine genauen Infos darüber, wo die Busse genau abfahren.

Mit dem Fahrrad in Fürstenwalde zugestiegen ist auch ein Mann aus Schöneiche. Er sei extra mit dem Fahrrad nach Fürstenwalde gefahren. Dort habe er den Zug erwartet - zumindest sei ihm der vor eineinhalb Wochen noch im Netz angezeigt worden. Der Bus habe ihn überrascht - aber immerhin konnte er sein Fahrrad mitnehmen.

Nach mehr als zwei Stunden Fahrzeit Ankunft in Frankfurt

Um 10:24 Uhr erreichen wir Frankfurt (Oder) - reine Fahrzeit waren es fast zwei Stunden vom Berliner Ostkreuz bis nach Frankfurt (Oder). Das ist über eine Stunde mehr als sonst. Mir graut es schon vor der Rücktour am Abend.

Vorsorglich rufe ich kurz nach meiner Ankunft in Frankfurt die ODEG-Service-Hotline an. Im Gegensatz zur DB- oder VBB-App kann mir dort genau erklärt werden, wann welcher Bus/Zug zurück nach Berlin fährt. Ich erfahre, dass es drei verschiedene Optionen gibt: Einen Expressbus, der zur Rushhour morgens und abends direkt zwischen Erkner und Frankfurt (Oder) über die Autobahn pendelt. Der zweite Bus fährt über Fangschleuse, Hangelsberg und Fürstenwalde bis nach Frankfurt. Die Variante drei ist der "Bummelbus". Der steuert zwischen Fürstenwalde und Frankfurt sämtliche Dörfer an, die Haltestellen an der Bahnstrecke haben. Die Service-Mitarbeiterin berichtet mir auch noch davon, dass es am Bahnhof Erkner einen Koordinator für die Fahrgäste geben soll. Gesehen habe ich den heute aber nicht.

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Zurück nach Berlin ist nicht minder kompliziert

Abends auf dem Nachhauseweg vertraue ich auf die Auskünfte der ODEG-Mitarbeiterin vom Morgen am Telefon. Und sie hatte recht! Um 18.05 Uhr steht ein Express-Bus am Bahnhof Frankfurt (Oder).

Es gibt nur ein Problem: Wegen eines Unfalls auf der Autobahn müssen wir die A12 nach kurzer Zeit aber wieder verlassen und übers Land juckeln. Es geht nur stockend voran. Ich bin genervt und erschöpft. Um 19.45 Uhr ein Lichtblick: nur noch zwei Kilometer bis Erkner. Fünf Minuten später ist der Bus dann in Erkner. Jetzt nur noch 20 Minuten auf den nächsten RE1-Zug in Richtung Berlin warten, denn die Alternative S-Bahn steht wegen Bauarbeiten zwischen Karlshorst und Friedrichshagen nicht zur Verfügung.

Um 20:50 Uhr, nach fast drei Stunden, erreiche ich schließlich Berlin-Charlottenburg. Ich habe heute fast fünf Stunden in Bussen und Bahnen verbracht, bin hungrig, müde und ausgelaugt. Spaß sieht anders aus. Die Unzufriedenheit der anderen Pendler:innen kann ich mehr als nachvollziehen. Dieser Ersatzverkehr ist eine echte Zumutung für Körper und Geist.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.04.2023, 21:20 Uhr

Beitrag von Felicitas Montag

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