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Video: rbb24 | 05.10.2022 | Quelle: dpa/Fabian Sommer

Erster Ausstand seit mehr als 15 Jahren

Hunderte Charité-Ärzte in Warnstreik getreten

Ärzte, die die Arbeit niederlegen? Das gab es an der renommierten Berliner Charité seit 15 Jahren nicht mehr. Am Mittwoch ist es nach über zweieinhalb Jahren Pandemie-Belastungen jedoch wieder soweit. Sie fordern unter anderem mehr Lohn.

Für eine bessere Bezahlung und verträglichere Arbeitsbedingungen sind Ärztinnen und Ärzte der Berliner Charité am Mittwoch in einen Warnstreik getreten. Sie versammelten sich nach einem Aufruf der Gewerkschaft Marburger Bund am Vormittag nahe dem Bettenhochhaus in Mitte zu einer Kundgebung.

Viele der Streikenden trugen weiße Arztkittel und Trillerpfeifen. Auf Plakaten waren Sätze zu lesen wie: "Täglich Leben retten, ohne selbst eins zu haben", "Keine Frau, keine Kinder, nicht mal Zeit für Tinder" und "Come in and burn out". Laut Gewerkschaft nahmen rund 1.000 Menschen an der Kundgebung teil.

"Ich liebe meinen Beruf, so wie wahrscheinlich alle, die auf diesem Platz stehen heute", sagte Intensivmediziner Tim Arnold. Doch mit den aktuellen Bedingungen könne es nicht weiter gehen. "Ich habe die Schnauze voll, ich will kein Held mehr sein", ergänzte er.

Erster Ärzte-Streik seit mehr als 15 Jahren

Der Warnstreik-Aufruf erstreckt sich laut Gewerkschaft auf die rund 2.700 Ärztinnen und Ärzte an den Standorten in Mitte, Wedding und Steglitz. Ein Notdienst wird nach Gewerkschaftsangaben sichergestellt. Laut Marburger Bund ist es seit mehr als 15 Jahren das erste Mal, dass Ärzte an Europas größter Universitätsklinik in den Ausstand gehen.

"Der Umfang der Streikteilnahme wurde uns im Vorfeld nicht konkret kommuniziert", teilte die Charité am Mittwoch mit. Aufgrund des Warnstreiks hätten Eingriffe verschoben werden müssen. Man bemühe sich, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten.

Jana Reichardt, Mitglied im Marburger Bund und der Tarifkommission, kritisierte am Mittwoch, dass es im Vorfeld des Warnstreiks zu "Einschüchterungsversuchen" gekommen sei. Dabei seien Mitarbeitende unter Druck gesetzt worden. Die Charité teilte auf Anfrage mit, dass der Vorstand "selbstverständlich die verfassungsrechtliche Garantie des Streikrechts" respektiere. "Eine Einflussnahme von unserer Seite hat es keinesfalls gegeben und wird klar und deutlich abgelehnt."

Warnstreik am Donnerstag

Eurowings-Flüge von und nach Berlin größtenteils gestrichen

Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat die Eurowings-Piloten für Donnerstag zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Laut Airline ist jeder zweite Flug betroffen. Besonders groß sind die Auswirkungen am Flughafen BER.

Klinik-Angebot für Gewerkschaft nicht ausreichend

Hintergrund des Warnstreiks sind Verhandlungen über eine Weiterentwicklung des Haustarifvertrags. Zu den Kernforderungen der Gewerkschaft zählen eine lineare Erhöhung beim Gehalt um 6,9 Prozent, zusätzliche Vergütungsstufen für Fach- und Oberärzte und verlässlichere Dienstpläne. Außerdem sollen maximal vier Bereitschaftsdienste pro Monat geleistet werden müssen und gestaffelte Zuschläge für kurzfristiges Einspringen gezahlt werden. Verwiesen wird auch auf die hohen Belastungen im Zuge der Pandemie.

Ein Charité-Sprecher hatte zu der Warnstreikankündigung auf Anfrage mitgeteilt, dass sich die Verhandlungen durch eine Vielzahl an Themen "sehr komplex, aber konstruktiv" gestalteten. Angestrebt werde eine gute Lösung für alle Seiten. Die Charité habe ein "differenziertes Paket mit Angeboten zu Arbeitszeit und Entlastung, Fort- und Weiterbildung, Entbürokratisierung und Gleichstellung" vorgelegt.

Die Charité zählt mit konzernweit rund 21.000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern Berlins.

Aktion von Dienstag bis Freitag

Hausärzte in Brandenburg schränken Sprechzeiten aus Protest ein

Schon lange klagen Hausärzte in Brandenburg über Nachwuchs- und Kollegenmangel. In dieser Woche wird ihr Protest spürbar: Sie schränken die Öffnungszeiten ein und machen "Dienst nach Vorschrift".

Protestwoche der Brandenburger Hausärzte

In Brandenburg geht derweil der Protest der Hausärzte weiter. Viele von ihnen bieten in dieser Woche nur eingeschränkte Sprechzeiten an. Damit protestieren die Medizinerinnen und Mediziner gegen Pläne der Bundesregierung. Demnach sollen bestimmte Leistungen für Neupatienten künftig nicht mehr bezahlt werden.

Kritisiert wird auch, dass nur Krankenhäuser finanzielle Unterstützung vom Land wegen der hohen Inflation und Energiekosten erhalten sollen. Gerade nach den Mehrbelastungen durch die Corona-Pandemie, fühlten sich die Kolleginnen und Kollegen durch die geplanten Einsparungen ungerecht behandelt, sagte die Vorsitzende des Hausärzteverbands Brandenburg, Karin Harre, am Dienstag dem rbb.

Die Politik müsse die Rahmenbedingungen stattdessen finanziell weiter verbessern. So müssten Ärztinnen und Ärzte, die sich in Brandenburg niederlassen wollen, Planungssicherheit bekommen, so Harre. Sie müssten sicher sein, dass das Kassenärzte-System die gestiegenen Kosten, zum Beispiel für das Personal, erstatten kann.

Sendung: rbb24, 05.10.2022, 13:00 Uhr

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