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Quelle: imago/Fotostand

Arbeiterwohlfahrt Brandenburg Ost

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Verantwortliche von AWO-Bezirksverband

Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung: Nach rbb-Informationen wird gegen Verantwortliche des AWO-Bezirksverbandes Brandenburg Ost ermittelt. Der Bezirksvorstand suspendiert derweil Mitglieder, die Aufklärung fordern. Von Lisa Wandt

Die Abteilung für schwere Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen verantwortliche Personen des Bezirksverbandes Brandenburg Ost e.V. der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Das haben gemeinsame Recherchen von rbb24 Brandenburg aktuell und des ARD-Politikmagazins Kontraste ergeben. Die Staatsanwaltschaft wollte sich auf rbb-Anfrage mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu dem Vorgang äußern.

Der AWO-Bezirksverband Brandenburg Ost mit Sitz in Frankfurt (Oder) ist einer der größten Arbeitgeber der Region. Mit rund 650 Mitarbeitenden betreibt der gemeinnützige Sozialverband Kinder- und Jugendeinrichtungen, Seniorenzentren und Beratungsstellen im Osten Brandenburgs.

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Kreditvergabe an Tochterfirma soll Ursache sein

Weil der Verband vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist, ist er von Körperschafts- und Gewerbesteuern befreit – doch dieses Privileg könnte der AWO-Bezirk in den Jahren 2013 bis 2019 verwirkt haben; somit wäre die AWO Brandenburg Ost steuerpflichtig gewesen.

Grund für den möglichen Verlust der Gemeinnützigkeit soll ein Darlehen sein, das der Bezirksverband einer gewinnorientierten Tochtergesellschaft gegeben hatte. Die Tochterfirma AWO Service GmbH, die in der Vergangenheit unter anderen Namen firmierte, war in eine finanzielle Schieflage geraten, wohl auch weil angebotene AWO-Seniorenfahrten sich oftmals nicht rentierten, auch aufgrund des starken Wettbewerbs durch Online-Reiseveranstalter.

Der Bezirksverband sprang ein und lieh seiner Tochterfirma zur Abwendung einer Insolvenz knapp eine Million Euro. Der Verband soll dann auch noch einen sogenannten "Rangrücktritt" erklärt haben, dieser bedeutet faktisch, dass andere Gläubiger gegenüber dem Bezirksverband im Falle einer Insolvenz der GmbH bevorzugt werden. Und genau das dürfte zu den Problemen mit dem Finanzamt geführt haben.

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Bezirksverband: Keinerlei Anhaltspunkte bei Überprüfung

Wenn Gelder aus einem gemeinnützigen Bereich in einen gewerblichen Bereich verschoben werden, spricht man juristisch von einer Mittelfehlverwendung, die zur Folge haben kann, dass für das jeweilige Jahr eine Steuerpflicht der ansonsten gemeinnützigen Organisation besteht. Hätte die AWO Brandenburg Ost dies dem Finanzamt verschwiegen, ergäbe sich daraus der Verdacht der Steuerhinterziehung. Ob das Darlehen inzwischen vollständig zurückgezahlt worden ist, ist unklar.

Die Geschäftsstelle des AWO Bezirksverbands Brandenburg Ost erklärte dazu auf rbb-Anfrage, der Verband werde jährlich durch Wirtschaftsprüfer geprüft. "Auch eine nochmalige Überprüfung hat ergeben, dass es für den Vorwurf einer Steuerhinterziehung keinerlei Anhaltspunkte gibt. Abgesehen davon wurde die Mittelverwendung damals geprüft und sowohl vom Wirtschaftsprüfer als auch vom zuständigen Finanzamt nicht beanstandet. Selbstverständlich unterstützen wir die zuständigen Behörden bei der Aufklärung ihrer Fragen und kooperieren uneingeschränkt."

Der AWO-Bundesverband teilte auf rbb-Anfrage mit, die Ermittlungen seien ihm bekannt und man stehe hinter allen Schritten, die zur Klärung beitragen würden. Vom AWO-Landesverband hieß es, er werde seine Aufsichtspflichten wahrnehmen und den Fortgang des Ermittlungsverfahrens begleiten.

Machtkampf im AWO-Bezirk - Kreisverbände fordern externen Aufklärer

Aus dem Umfeld der wegen Steuerhinterziehung Beschuldigten heißt es, hinter den Vorwürfen stecke eine Kampagne von AWO-Mitgliedern, die Verantwortliche diskreditieren wollen. Ganz anders scheinen das viele Mitglieder in den AWO-Kreisverbänden Bernau, Eberswalde und Fürstenwalde zu sehen. Sie fordern, dass der Vorgang schon am Samstag auf der AWO-Bezirkskonferenz in Frankfurt (Oder) ein Nachspiel haben soll.

Die Kreisverbände, die die Hälfte der sechs Kreisverbände des Bezirks ausmachen, wollen nach Informationen von rbb24 Brandenburg aktuell und Kontraste durch einen Initiativantrag die Einsetzung eines besonderen Vertreters beschließen lassen, da man Zweifel am Aufklärungswillen des geschäftsführenden Bezirksvorstands hat. In dem Antrag, der dem rbb vorliegt, heißt es: "Wären die Vorwürfe der Steuerhinterziehung ohne Substanz, hätte der geschäftsführende Bezirksvorstand kooperieren und die notwendigen Auskünfte erteilen können."

Sollte es zur Einsetzung eines unabhängigen Vertreters kommen, wäre dies ein klares Misstrauensvotum gegenüber dem geschäftsführenden Vorstand. Der besondere Vertreter – die Kreisverbände schlagen dafür einen Cottbusser Fachanwalt vor – soll demnach Schadensersatzansprüche gegen die Beschuldigten prüfen und die AWO gegenüber dem Finanzamt und der Staatsanwaltschaft vertreten.

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Mitglieder werden suspendiert - Betroffener spricht von "Putschversuch"

Unterdessen sollen am Freitag AWO-Mitglieder aus den drei Kreisverbänden, die die Einsetzung eines externen Vertreters fordern, zu Hause von ihnen unbekannten Männern aufgesucht worden sein, die ihnen ein Protokoll überreichten. Darin wird festgehalten, dass bei einer Sitzung des geschäftsführenden Bezirksvorstandes faktisch eine Suspendierung ihrer AWO-Mitgliedschaft bis zum 31.08.2027 beschlossen wurde – dies hätte zur Folge, dass sie am Samstag bei der Bezirkskonferenz nicht abstimmen dürfen, da ihnen auch ein Hausverbot ausgesprochen worden ist. Als Begründung werden diverse Verletzungen gegen das AWO-Verbandsstatut genannt. Das Protokoll liegt dem rbb vor.

Einer der Betroffenen spricht in diesem Zusammenhang von einem "Putschversuch", bei dem die grundgesetzlich verbrieften demokratischen Rechte von Mitgliedern missachtet würden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.09.2022, 16:30 Uhr

Beitrag von Lisa Wandt

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