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Audio: rbb24 Inforadio | 21.10.2022 | Franziska Hoppen | Quelle: www.imago-images.de

Berlin-Alexanderplatz

Tunnel-Absenkungen und Risse: BVG setzt Pendelverkehr der U2 weiter fort

Seit zwei Wochen ist die U2 eingeschränkt. Tunnel haben sich deutlich abgesenkt, es wurden auch Risse im Mauerwerk festgestellt. Nun bleibt der Pendelverkehr vorerst bestehen. Auslöser soll ein Hochhausbau am Alexanderplatz sein. Von F. Hoppen und B. Hermel

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sehen sich gezwungen, den Pendelbetrieb auf der U-Bahnlinie 2 am Alexanderplatz zunächst auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Grund sollen die Absenkungen der Tunnelröhren durch die Hochhausbaustelle des französischen Investors Covivio direkt neben dem U-Bahnhof sein.

"Wir danken allen Fahrgästen für ihr Verständnis, dass Sorgfalt, Verantwortung und Sicherheit wichtiger sind als der verständliche Wunsch nach einer schnellen Wiederaufnahme des regulären U-Bahnbetriebs", schreibt die BVG am Freitag dem rbb auf Nachfrage. Bis die Bahn wieder normal fährt, könne es noch Wochen dauern.

Pendelverkehr eingerichtet

Tunnel der U2 in Berlin beschädigt

Weil es beim Bau eines Hochhauses am Alexanderplatz offensichtlich Probleme gibt, ist der U-Bahnverkehr der U2 in nächster Zeit eingeschränkt. Ein Überwachungssytem der BVG hat Verschiebungen im Tunnel festgestellt.

Tunnelröhren um fast vier Zentimeter abgesenkt

Der Grund: Bewegungen im Erdreich am Alexanderplatz haben im U-Bahnhof und den angrenzenden Tunneln zu Rissen und sogar zu Gleisverschiebungen geführt. Die Tunnelröhren sind teilweise um fast vier Zentimeter abgesackt. Und auch wenn die BVG das Bauwerk schon vorsorglich verstärkt hat, die Untersuchungen im Bereich des U2-Tunnels dauern noch an.

Ein U-Bahnbetrieb auf dem betroffenen Gleis Richtung Pankow könne nach Einschätzung von BVG-Fachleuten derzeit aber weiter nicht stattfinden. Seit Bekanntwerden der Absenkung vor zwei Wochen pendelt die U2 deshalb eingleisig zwischen Senefelder Platz und Klosterstraße.

Linke sieht Alex als "Lebensader" für Pendler

Als Auslöser für die Bewegungen im Erdreich wurden bislang die Arbeiten in der Hochhausgrube des Covivio-Turms am Alexanderplatz ausgemacht. 130 Meter hohe Zwillingstürme sollen neben dem Park-Inn entstehen.

Weil gleich zwei weitere Hochhaus-Türme am Alex gebaut werden, hat die Berliner Linke einen sofortigen aber vorübergehenden Baustopp gefordert. Nicht nur für den Covivio-Turm, auch für andere Hochhäuser, die über U-Bahnlinien gebaut werden, zum Beispiel von Signa am Hermannplatz, wo potentiell die U7 und U8 betroffen wären, und am Ku'damm, wo die U3 verläuft.

Reaktion auf Teilsperrung der U2

Linke fordert Stopp von Hochhausbauten über U-Bahn-Tunneln

"Uns geht es darum, dass die Infrastruktur in der Stadt funktioniert", sagte Kristian Ronneburg von den Linken dem rbb. Gerade der Alex sei eine "Lebensader" für Pendler. Auch die Grünen forderten, vor dem Weiterbau des Covivio-Turms zunächst an einem Runden Tisch mit den Verkehrsbetrieben, dem Senat und dem Bezirk Mitte die Herausforderungen des Projekts zu besprechen. Die Infrastruktur der Stadt dürfe nicht gefährdet werden.

Bausenator Geisel: Baustopp nicht nötig

Der Berliner Bausenator Andreas Geisel (SPD) jedoch hält einen Baustopp nicht für nötig. Die knapp vier Zentimeter tiefe Senkung am Alex sei zwar gravierend. Es gebe aber technische Lösungen. Bauphysikalisch seien diese sogenannten Setzungen "nahezu üblich", nicht nur bei Hochhäusern, so Geisel. Auch beim Bau der James-Simon Galerie oder des Neuen Museums sei es zu Absenkungen gekommen. Zuletzt wurde die Warschauer Brücke extra mehrere Zentimeter angehoben, weil man beim Bau des Amazon-Towers mit einer entsprechenden Senkung gerechnet hatte, so Geisel.

Julian Schwarze, Sprecher der Grünen für Stadtentwicklung, lässt das Argument nicht gelten. "Wenn es Setzungen gibt und das von vornherein klar ist, dann muss doch die Frage sein: Warum wurden hier keine Maßnahmen eingeleitet, dass die U-Bahn nicht unterbrochen wird?", sagte er dem rbb.

U-Bahn-Pendelverkehr auf der U2 | Quelle: BVG

Hines baut Tunnelröhren neu

Ein Projekt, das als positives Beispiel für hohes Bauen über U-Bahnlinien voran gehen könnte, ist der geplante Turm des US-Investors Hines am Alexanderplatz. Nachdem die BVG im Planverfahren Widerspruch gegen das Projekt eingelegt hatte, einigten sich Hines und BVG darauf, dass der Investor zuerst beide Tunnelröhren der U5 direkt neben seinem Grundstück auf 75 Metern komplett neu baut. Kostenpunkt: rund 40 Millionen Euro. Erst dann darf Hines anfangen, seinen Turm zu bauen.

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Geisel will lieber hohe als breite Türme

Diskussionen gibt es allerdings noch über die Höhe des Hines-Turms. Ursprünglich wollte Hines 150 Meter hoch bauen. Die Linke und die ehemalige Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatten aber eine Verkleinerung auf 130 Meter gefordert – damit der Fernsehturm besser zur Geltung kommt.

Um weiterhin auf die geplante Bruttogeschossfläche zu kommen, mit der Geld verdient werden kann, müsste der Investor damit seine Pläne ändern – und höchstwahrscheinlich breiter werden. Laut Bauverwaltung finden derzeit noch Gespräche mit dem Investor statt.

Geisel betonte aber schon einmal, er sei ein Verfechter des hohen und dichten Bauens, um die Grünflächen und Freiflächen der Stadt zu schützen. Das Thema Klimaresilienz sei von entscheidender Bedeutung, deshalb müsse der Flächenverbrauch eingeschränkt werden. "Lange hohe Türme sind natürlich eleganter. Ich bin für schöne Türme", so Geisel.

Ein Passpunkt für die Kontrollmessung im U-Bahnhof Alexanderplatz | Quelle: www.imago-images.de

Wohl noch wochenlange Einschränkungen

Der französische Bauherr soll nun in der kommenden Woche ein erstes Konzept vorstellen, um nach den Absenkungen den Tunneluntergrund zu verdichten und den betroffenen Gleisabschnitt auf das ursprüngliche Niveau anzuheben.

Die BVG werde das Konzept dann in enger Abstimmung mit der technischen Aufsichtsbehörde und den behördlich beauftragten Gutachtern bewerten. "Sollte es [das Konzept] geeignet sein, wird die Umsetzung nach erster fachlicher Einschätzung ebenfalls noch mehrere Wochen benötigen", teilte die BVG mit. Erst danach könnten Maßnahmen zur U2 entschieden werden.

Unabhängig von der nötigen kurzfristigen Sicherung des Tunnels werde es weitere Reparaturarbeiten am Tunnelbauwerk geben müssen, um die durch die Setzung entstandenen Risse zu beheben. "Ob und in welchem Umfang für die Reparaturen Einschränkungen im U-Bahnbetrieb nötig sein werden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen", so ein BVG-Sprecher.

Sendung: rbb24 Abendschau, 21.10.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Franziska Hoppen und Boris Hermel

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