Altar wird eingeweiht - Das neue Herzstück von St. Hedwig

Mi 01.11.23 | 06:07 Uhr | Von Ursula Vosshenrich und Carmen Gräf
Archivbild: Bauarbeiten sind auf dem Bebelplatz an und in der eingerüsteten Sankt-Hedwigs-Kathedrale, der Bischofskirche des Erzbistums Berlin, im Gange. (Quelle: dpa/J. Kalaene)
Video: rbb24 Abendschau | 01.11.2023 | S. Wassermann | Bild: dpa/J. Kalaene

Seit fünf Jahren ist die Berliner Hedwigs-Kathedrale geschlossen. Die Bischofskirche wird saniert und umgebaut - im Herbst 2024 soll sie wieder öffnen. Schon ein Jahr früher wird der neue Altar eingeweiht. Von Ursula Vosshenrich und Carmen Gräf

Kieselsteine, Feuersteine, Schottersteine, Pflastersteine und Halbedelsteine: Aus dem ganzen Erzbistum, das neben Berlin auch Brandenburg und Vorpommern umfasst, haben Menschen ihre persönlichen Steine für den neuen Altar der St. Hedwigs-Kathedrale beigesteuert. Körbeweise wurden sie im vergangenen Jahr beim Fronleichnamsgottesdienst auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte eingesammelt.

"Bringen Sie uns Ihren Stein!", so hatte Erzbischof Heiner Koch dafür geworben: "Einen Bernstein von der Küste, einen Kiesel aus dem Brandenburger Badesee oder einen Stein der Berliner Mauer. Ihrer Fantasie und Motivation sind fast keine Grenzen gesetzt."

Das kam bei vielen Katholikinnen und Katholiken gut an. Bettina Ritter vom Kirchenchor St. Hedwig hat einen Rosenquarz mitgebracht, andere Gemeindemitglieder sogar einen Stein von einer Reise aus Bethlehem. "Ich finde die Idee sehr gut. Weil sie tatsächlich das verwirklicht, was auch in der Schrift steht, die Kirche, das Haus der lebendigen Steine", so Ritter.

Ein Gemeinschaftsprojekt

Die Idee für diesen Altar aus vielen Steinen stammt von dem österreichischen Künstler Leo Zogmeyer. Das neue Herzstück von St. Hedwig soll ein Gemeinschaftsprojekt sein, so Zogmeyer: "Und über Generationen vermutlich wird man sagen: Wir waren dabei oder mein Bruder oder mein Vater oder mein Großvater hat da auch einen Teil von sich verewigt."

Aus all diesen Steinen wurde in den vergangenen Monaten der Altar gefertigt. Zusammen mit Zement, Sand und Füllstoff entstand eine Kiesmischung, erklärt Leo Zogmeyer: "Das ist technisch gar nicht so einfach. Die Steine kommen dann in einen großen Topf, werden mit Bindemittel und Kies versetzt, dann wird ein Gussstein draus gemacht. Die gesammelten Steine, bleiben eins zu eins erhalten und bilden dann zusammen diese große Form der Halbkugel."

Eine Halbkugel in der Mitte der Kirche

Eine Halbkugel – das ist die Form des neuen Altars. Die runde Seite steht auf dem Boden, die flache Seite bildet die Altarfläche. Zwei Meter Durchmesser hat der Altar, und er wird in der Mitte der Kathedrale seinen Platz finden – unter der Halbkugel der Dachkuppel.

Dafür wurde das frühere Loch im Fußboden zur Krypta hin verschlossen. Ein weitgehender und durchaus umstrittener Architekturentwurf. Während die Idee für den neuen Altar viel Zustimmung fand, wurde über den Umbau der Kirche lange und heftig gestritten.

Die Berliner Bischofskirche ist die einzige Rundkathedrale in Deutschland. Ihre Form wurde dem Pantheon in Rom nachempfunden. Die ausgebombte Hedwigs-Kathedrale war nach dem Zweiten Weltkrieg vom Düsseldorfer Architekten Horst Schwippert neugestaltet worden. Er öffnete den Boden zur Unterkirche mit einer Treppe.

Archivbild: St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin - Ökumenischer Gottesdienst. (Quelle: dpa/M. Gambarini)
Der Innenraum mit Öffnung vor der Umgestaltung | Bild: dpa/M. Gambarini

Der Umbau verändert den Kirchenraum

Der jetzige Umbau verändert nun den Kircheninnenraum erneut und setzt sich über das vorherige Konzept des Architekten Hans Schwippert aus den 50er Jahren grundlegend hinweg. Während eine Altarinsel vorher architektonisch eine Grenze zwischen Priester und Gläubigen schaffte, setzt das neue Konzept auf Nähe und Augenhöhe zwischen Geistlichen und Gemeinde.

Nicht alle Katholiken im Erzbistum finden das gut. Karlheinz Freiwald aus Neuendorf im Landkreis Oberhavel beispielsweise wollte, dass die Kathedrale so bleibt, wie er sie kannte und oft besuchte, wenn er in Berlin war: "Wir müssen uns damit abfinden, klar, aber es ist traurig. Das ist einmalig, diese Kathedrale. Und ich fand die Idee gut vom Architekten: in der Mitte das Freie. Unten liegen die Bischöfe. Und die feiern mit."

Der Dompropst des Erzbistums Tobias Przytarski ist dagegen vom neuen Gesamtkonzept überzeugt: "Diese zentrale Idee, dass der Altar in der Mitte steht und alle sich um ihm herum versammeln - die Gläubigen genauso wie der Bischof und die Priester, die sich eben um einen Altar versammeln - ich glaube, dass ist eine großartige Idee, die wir hier umsetzen. Ich glaube, das wird auch jeden überzeugen, der hier reinkommt."

Ein einladender Ort soll es werden

Dem Umbau der Bischofskirche des Erzbistums ging ein langer Entscheidungsprozess voraus. Der Diözesanrat, der über 370.000 Laien im Erzbistum Berlin vertritt, sprach sich eindeutig dafür aus. Auch der Denkmalschutz gab nach einigem Hin und Her grünes Licht. Und so werden jetzt nicht nur die dringenden Sanierungsmaßnahmen an Dach und Elektrik vorgenommen. Die Kirche wird von innen anders aussehen. Die Innenausstattung wird reduziert – Klarheit und Schlichtheit sind das Prinzip. Böden und Wände sollen in hellen, freundlichen Tönen gestaltet werden – ein einladender Ort soll es werden.

Im Herbst 2024 soll die Hedwigs-Kathedrale wieder öffnen. Schon am Mittwochabend aber wird der neue Altar eingeweiht – genau 250 Jahre nach der ursprünglichen Kirchweihe von St. Hedwig. Bei der Altarweihe können nur geladene Gäste in der noch geschlossenen Kirche dabei sein. Für Interessierte zeigt das Erzbistum die Altarweihe ab 18 Uhr in einem Livestream [youtube.com].

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.11.2023, 07:48 Uhr

Beitrag von Ursula Vosshenrich und Carmen Gräf

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