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Video: rbb|24 | 19.02.2024 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Pleul

Regen, Regen, Regen

Dieser Winter könnte der nasseste seit Beginn der Aufzeichnungen in der Region werden

Glückwünsche an all jene, die in Regenjacken und Gummistiefel investiert haben. Denn da es förmlich ohne Unterlass regnet, werden sie häufig im Einsatz sein. Was das Wetter mit der Natur macht und warum es um Rekorde geht, erläutert Meteorologe Frederik Raff.

rbb|24: Hallo Herr Raff, dass es in diesem Winter unablässig regnet, ist nicht nur ein Gefühl, oder?

Frederik Raff: Nein, das ist definitiv nicht nur ein Gefühl. Wir befinden uns schon seit einigen Wochen in einer unbeständigen, milden, wechselhaften und nassen Witterungsperiode. Entsprechend ist es wirklich sehr sehr nass. Und es wird auch in den kommenden Tagen eher wechselhaft weitergehen. Zum Wochenende hin könnte es auch mal längere Zeit trocken sein. Aber schon zu Beginn der neuen Woche wird es aller Voraussicht nach wieder vermehrt Niederschläge geben.

Zur Person

Frederik Raff

Wie viele Sonnenstunden kriegen wir in der laufenden Woche?

Wir werden vorerst eher homöopathische Dosen an Sonnenschein abbekommen. Montag und Dienstag sind überwiegend dicht bewölkt, am Mittwoch könnte es am Nachmittag eventuell zwei Sonnenstunden geben. Bevor der Donnerstag dann auch wieder überwiegend grau vonstattengeht. Aber ab Freitag wird es über das ganze Wochenende nicht nur weitgehend trocken bleiben, sondern da wird sich voraussichtlich ein Wechselspiel aus Sonne und Wolken einstellen. Da könnte es an den jeweiligen Tagen drei bis fünf Stunden Sonne geben. Aber jetzt müssen wir erst Mal durchhalten.

Welche Regenmengen sind hier in der Region in diesem Winter bislang gefallen im Vergleich zum Durchschnitt?

Hier müssen wir etwas schätzen, weil unsere Messtationen etwas variieren zu denen des DWD. Aber im aktuellen Klimamittel von 1991-2021 – also im gefühlten Wetter der letzten 30 Jahre – sind 130 Liter Niederschlag pro Quadratmeter mit meteorologischen Winter – also Dezember, Januar und Februar – hier in der Region normal. Jetzt liegen wir für diesen Winter schon bei 210 Litern. Es ist also deutlich zu nass. Und der Februar hat noch zehn Tage - da wird also auch noch was hinzukommen.

In der DWD-Statistik wird der Winter 1947/48 als der bisher nasseste Winter in Berlin und Brandenburg geführt. Da sind gemittelt über alle Stationen in der Region 209 Liter pro Quadratmeter gefallen. Wir sind also ab jetzt im Bereich von Rekordniederschlägen. Der aktuelle wird also aller Wahrscheinlichkeit nach der niederschlagsreichste Winter in Berlin und Brandenburg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Kommt jetzt der Frühling in Berlin und Brandenburg?

Das ist ja bestimmt gut für die Bodenfeuchte und auch das Grundwasser, das ja in den vergangenen Jahren viel zu niedrig war. Hat das viele Wasser ausschließlich positive Effekte?

Auf die Trockenheit in den Böden bezogen hat es erst einmal einen positiven Effekt. Denn der Wasserspeicher in den oberen und mittleren Bodenschichten ist definitiv aufgefüllt. Bis etwa 1,80 Meter dürfte da im Boden jetzt nichts mehr trocken sein.

Was den Grundwasserspiegel betrifft, müsste man genauere Daten bei den jeweiligen Behörden abfragen. Aber er wird sich natürlich durch das viele Wasser sicherlich regenerieren.

Für die Pflanzenwelt, die bei dieser extrem milden Witterung jetzt so langsam aus den Startlöchern kommt, und deren Wurzelwerk ist Staunässe allerdings nicht ganz so gut. Bäume und Sträucher, die etwas tiefer wurzeln, haben da nicht so viele Probleme. Aber bei Wiesen und Weiden, die jetzt unter Wasser stehen, stehen die Wurzeln der Gräser aktuell im Wasser und für sie ist es nicht optimal.

Wenn es im nächsten Sommer wieder eine Dürreperiode gibt, dann ist es aber fast egal, wie voll der Grundwasserspiegel oder die Bodendurchfeuchtung im Winter ist. Bei einem langen, trockenen Szenario reicht es dann nicht. Das haben wir ja auch im vergangenen Jahr erlebt. Irgendwann ist das Bodenwasser aufgebraucht. Aber aktuell sieht es nach jetzigem Stand in Sachen Wasserverfügbarkeit für den Frühling ziemlich gut aus.

Können die Bauern denn, wenn es noch eine Weile so feucht bleibt und sich das Wasser auf den Feldern staut, überhaupt ihre Saat ausbringen?

Sie könnten es schwer haben. Es hängt natürlich punktuell von der Bodenbeschaffenheit ab. In Berlin und Brandenburg ist der Boden häufig sehr sandig – da läuft das Wasser ganz gut durch. Aber dort, wo der Boden lehmhaltiger ist, steht der Acker unter Wasser.

Gibt es eigentlich Gründe für diesen nassen Winter oder sind solche Schwankungen normal?

Normal ist das definitiv nicht, wenn wir schon jetzt auf Rekordniveau in Sachen nassester Winter sind. Es ist eine außergewöhnliche Situation. Das ist das, was den Klimawandel ausmacht: Er zeigt beide Seiten. Es kann längere trockene Phasen geben in Zukunft – das haben wir ja mit den Dürresommern der vergangenen Jahre auch schon gespürt – und es kann länger anhaltende sehr nasse Phasen geben, wie wir sie aktuell erleben. Studien haben gezeigt, dass die Winter in Mitteleuropa eher niederschlagsreicher werden. Das wird natürlich schwanken. Es wird auch mal einen trockenen Winter in Zukunft geben. Aber es werden eher die Extreme sichtbar werden.

Mit El Nino hängt das übrigens hier bei uns eher weniger zusammen, denn der Pazifik ist einfach zu weit weg. Unsere Wetterküche ist der Atlantik bei den typischen Westwetterlagen, wie wir sie auch aktuell hatten. Der Atlantik ist nach wie vor sehr warm und zusätzlich erleben wir ja eine insgesamt sehr warme Phase – dieser Februar könnte auch der wärmste Februar in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Warme Luft kann mehr Feuchte aufnehmen als kalte Luft – und die muss sich als Niederschlag auch zum Boden bewegen. Das erleben wir gerade.

 

Wenn es jetzt kälter wäre, würde der ganze Regen ja als Schnee runterkommen. Der wiederum würde dann ja im Frühjahr für die typischen Frühjahrshochwasser-Phänomene sorgen. Bleiben die damit in diesem Jahr aus?

Ja. Wenn man einen Blick auf die aktuellen Schneehöhen wirft, sieht man, dass auch im Bergland – außer in hohen Lagen im Alpenraum – nicht viel Schnee liegt. Für uns ist das Erzgebirge oder das Zittauer Gebirge interessant, weil die Elbe daraus gespeist wird und die Spree da ihr Wasser herbekommt. Und da liegt null Schnee. Wenn es warm bleibt, kommt da dann im Frühling nichts, weil es den normalen Schneespeicher nicht gibt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.02.2024, 13:00 Uhr

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