Regen, Regen, Regen - Dieser Winter könnte der nasseste seit Beginn der Aufzeichnungen in der Region werden

Mo 19.02.24 | 14:37 Uhr
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Symbolbild:Zwei Kinder gehen in Regensachen und Gummistiefeln durch das brandenburgischen Sieversdorf (Oder-Spree).(Quelle:picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Pleul)
Video: rbb|24 | 19.02.2024 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Pleul

Glückwünsche an all jene, die in Regenjacken und Gummistiefel investiert haben. Denn da es förmlich ohne Unterlass regnet, werden sie häufig im Einsatz sein. Was das Wetter mit der Natur macht und warum es um Rekorde geht, erläutert Meteorologe Frederik Raff.

rbb|24: Hallo Herr Raff, dass es in diesem Winter unablässig regnet, ist nicht nur ein Gefühl, oder?

Frederik Raff: Nein, das ist definitiv nicht nur ein Gefühl. Wir befinden uns schon seit einigen Wochen in einer unbeständigen, milden, wechselhaften und nassen Witterungsperiode. Entsprechend ist es wirklich sehr sehr nass. Und es wird auch in den kommenden Tagen eher wechselhaft weitergehen. Zum Wochenende hin könnte es auch mal längere Zeit trocken sein. Aber schon zu Beginn der neuen Woche wird es aller Voraussicht nach wieder vermehrt Niederschläge geben.

Zur Person

ARD-Wetterexperte - Frederik Raff

Frederik Raff (37) ist Diplom-Meteorologe beim Wetterkompetenzzentrum der ARD.

Wie viele Sonnenstunden kriegen wir in der laufenden Woche?

Wir werden vorerst eher homöopathische Dosen an Sonnenschein abbekommen. Montag und Dienstag sind überwiegend dicht bewölkt, am Mittwoch könnte es am Nachmittag eventuell zwei Sonnenstunden geben. Bevor der Donnerstag dann auch wieder überwiegend grau vonstattengeht. Aber ab Freitag wird es über das ganze Wochenende nicht nur weitgehend trocken bleiben, sondern da wird sich voraussichtlich ein Wechselspiel aus Sonne und Wolken einstellen. Da könnte es an den jeweiligen Tagen drei bis fünf Stunden Sonne geben. Aber jetzt müssen wir erst Mal durchhalten.

Welche Regenmengen sind hier in der Region in diesem Winter bislang gefallen im Vergleich zum Durchschnitt?

Hier müssen wir etwas schätzen, weil unsere Messtationen etwas variieren zu denen des DWD. Aber im aktuellen Klimamittel von 1991-2021 – also im gefühlten Wetter der letzten 30 Jahre – sind 130 Liter Niederschlag pro Quadratmeter mit meteorologischen Winter – also Dezember, Januar und Februar – hier in der Region normal. Jetzt liegen wir für diesen Winter schon bei 210 Litern. Es ist also deutlich zu nass. Und der Februar hat noch zehn Tage - da wird also auch noch was hinzukommen.

In der DWD-Statistik wird der Winter 1947/48 als der bisher nasseste Winter in Berlin und Brandenburg geführt. Da sind gemittelt über alle Stationen in der Region 209 Liter pro Quadratmeter gefallen. Wir sind also ab jetzt im Bereich von Rekordniederschlägen. Der aktuelle wird also aller Wahrscheinlichkeit nach der niederschlagsreichste Winter in Berlin und Brandenburg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Das ist ja bestimmt gut für die Bodenfeuchte und auch das Grundwasser, das ja in den vergangenen Jahren viel zu niedrig war. Hat das viele Wasser ausschließlich positive Effekte?

Auf die Trockenheit in den Böden bezogen hat es erst einmal einen positiven Effekt. Denn der Wasserspeicher in den oberen und mittleren Bodenschichten ist definitiv aufgefüllt. Bis etwa 1,80 Meter dürfte da im Boden jetzt nichts mehr trocken sein.

Was den Grundwasserspiegel betrifft, müsste man genauere Daten bei den jeweiligen Behörden abfragen. Aber er wird sich natürlich durch das viele Wasser sicherlich regenerieren.

Für die Pflanzenwelt, die bei dieser extrem milden Witterung jetzt so langsam aus den Startlöchern kommt, und deren Wurzelwerk ist Staunässe allerdings nicht ganz so gut. Bäume und Sträucher, die etwas tiefer wurzeln, haben da nicht so viele Probleme. Aber bei Wiesen und Weiden, die jetzt unter Wasser stehen, stehen die Wurzeln der Gräser aktuell im Wasser und für sie ist es nicht optimal.

Wenn es im nächsten Sommer wieder eine Dürreperiode gibt, dann ist es aber fast egal, wie voll der Grundwasserspiegel oder die Bodendurchfeuchtung im Winter ist. Bei einem langen, trockenen Szenario reicht es dann nicht. Das haben wir ja auch im vergangenen Jahr erlebt. Irgendwann ist das Bodenwasser aufgebraucht. Aber aktuell sieht es nach jetzigem Stand in Sachen Wasserverfügbarkeit für den Frühling ziemlich gut aus.

Können die Bauern denn, wenn es noch eine Weile so feucht bleibt und sich das Wasser auf den Feldern staut, überhaupt ihre Saat ausbringen?

Sie könnten es schwer haben. Es hängt natürlich punktuell von der Bodenbeschaffenheit ab. In Berlin und Brandenburg ist der Boden häufig sehr sandig – da läuft das Wasser ganz gut durch. Aber dort, wo der Boden lehmhaltiger ist, steht der Acker unter Wasser.

Gibt es eigentlich Gründe für diesen nassen Winter oder sind solche Schwankungen normal?

Normal ist das definitiv nicht, wenn wir schon jetzt auf Rekordniveau in Sachen nassester Winter sind. Es ist eine außergewöhnliche Situation. Das ist das, was den Klimawandel ausmacht: Er zeigt beide Seiten. Es kann längere trockene Phasen geben in Zukunft – das haben wir ja mit den Dürresommern der vergangenen Jahre auch schon gespürt – und es kann länger anhaltende sehr nasse Phasen geben, wie wir sie aktuell erleben. Studien haben gezeigt, dass die Winter in Mitteleuropa eher niederschlagsreicher werden. Das wird natürlich schwanken. Es wird auch mal einen trockenen Winter in Zukunft geben. Aber es werden eher die Extreme sichtbar werden.

Mit El Nino hängt das übrigens hier bei uns eher weniger zusammen, denn der Pazifik ist einfach zu weit weg. Unsere Wetterküche ist der Atlantik bei den typischen Westwetterlagen, wie wir sie auch aktuell hatten. Der Atlantik ist nach wie vor sehr warm und zusätzlich erleben wir ja eine insgesamt sehr warme Phase – dieser Februar könnte auch der wärmste Februar in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Warme Luft kann mehr Feuchte aufnehmen als kalte Luft – und die muss sich als Niederschlag auch zum Boden bewegen. Das erleben wir gerade.

Der aktuelle wird aller Wahrscheinlichkeit nach der niederschlagreichste Winter in Berlin und Brandenburg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen

Frederik Raff, ARD-Wetterexperte

 

Wenn es jetzt kälter wäre, würde der ganze Regen ja als Schnee runterkommen. Der wiederum würde dann ja im Frühjahr für die typischen Frühjahrshochwasser-Phänomene sorgen. Bleiben die damit in diesem Jahr aus?

Ja. Wenn man einen Blick auf die aktuellen Schneehöhen wirft, sieht man, dass auch im Bergland – außer in hohen Lagen im Alpenraum – nicht viel Schnee liegt. Für uns ist das Erzgebirge oder das Zittauer Gebirge interessant, weil die Elbe daraus gespeist wird und die Spree da ihr Wasser herbekommt. Und da liegt null Schnee. Wenn es warm bleibt, kommt da dann im Frühling nichts, weil es den normalen Schneespeicher nicht gibt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.02.2024, 13:00 Uhr

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38 Kommentare

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  1. 38.

    PS Wasserspeicher: Wenn den Landwirten die Ernte vertrocknet und/oder das Getreide nicht richtig wächst, ist dann wieder großes Klagen wegen Missernte angesagt!

  2. 37.

    Keine Ahnung, wie es aktuell aussieht. In den vergangenen 2 Jahren sahs schlecht aus. Einfach mal googeln.

  3. 36.

    Was ist mit Reisanbau? In der Po-Ebene wird seit 1475 Reis angebaut.

  4. 35.

    Na das erklären Sie mal unseren Landwirten. Renaturierung ist doch wie ein "rotes Tuch" für die - not in my backyard ;-)

  5. 34.

    Ja - völlig richtig !!!
    Unsere Flüsse brauchen wieder mehr Raum und die Altarme der Flüsse müssen wieder, an das Flusssystem angeschlossen werden.
    Feuchtwiesen/Feuchtgebiete/Moore müssen wieder vernässt werden, usw. , auch wegkommen von den trockenen Monokulturen, Viele Grüße.

  6. 33.

    Gutes Stichwort: Renaturierung von Flüssen. Uferbereiche als Überschwemmungsgebiete in Form von Feuchtwiesen, Ihnen ihre alten Flussbetten wiedergeben und sie mäandern lassen. Nur leider lässt sich Fehler der Vergangenheit, alle Flüsse für die Schifffahrt zu begradigen, kaum rückgängig machen - vielleicht nur bei den für die Schifffahrt unbedeutenden.

  7. 32.

    Auch richtig!

    Hoffentlich war das nicht der letzte regenreiche Winter.

  8. 31.

    Spannend wird auch sein : Wie lange(bzw. wie schnell) braucht das Wasser von Brandenburg zum Meer ???
    Es kann noch soviel regnen, wenn man das Wasser nicht in der Landschaft hält - bringt das überhaupt gar nichts !!!

  9. 30.

    Was kann es denn bitte derzeit besseres geben? Das sind doch großartige Nachrichten.
    Es soll ruhig bis April, Mai weiter viel regnen. Und auch der Sommer muss nicht dauerhaft trocken sein.

    Spannend wird sein, ob bzw inwiefern die Wälder sich durch den Regen erholen.

  10. 29.

    Ich würde das aber eher umgekehrt sehen, keine Förderung mehr, kein künstliches Absenken mehr =höherer Grundwasser Spiegel.

  11. 28.

    Genug Dächer und Flächen zum Auffangen von Niederschlag, wäre in Berlin ja vorhanden - Ich selbst, mache das erfolgreich, mit Schuppen/Garagen/Werkstatt/Hausdach.
    Auffangen und Wiederverwenden von Regenwasser.
    In Deutschland möchten aber die Gesellschaft und auch die Bauern überhaupt Nix investieren.

  12. 27.

    Haben Sie meine Ortsangabe gelesen? Ich schrieb nicht über den Landkreis Barnim, sondern über Berlin-Lichtenberg. Alt-Lichtenberg, also der Bereich nördlich der Frankfurter Allee, liegt auf einem Höhenzug, dem eigentlichen Barnim.
    Am südlichen Ende dieses Höhenzuges liegt das Berliner Urstromtal - genau der Verlauf der B5, im Stadtgebiet Alt-Friedrichsfelde, Frankfurter und Karl-Marx-Allee.

  13. 26.

    Na, ist doch prima. Jetzt muss das Wasser nur noch in der Schwammstqdt Berlin gespeichert werden.

  14. 25.

    "Die Ernte im Sommer letzen Jahres war ja auch nicht gerade beglückend."
    Die Erträge in der Landwirtschaft waren schon immer extrem wetterabhängig und das wird sich voraussichtlich auch nicht ändern. Gerade aber deshalb wäre ein vernünftiges Wassermanagement notwendig. Wenn man die Äcker vernünftig meliorieren würde, hätten wir jetzt auch keine Staunässe.
    Ihres Aussage zu den Ernteerträgen ist so pauschal aber auch nicht richtig: "Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2022 fiel die Kartoffelernte 2023 um 15.500 Tonnen größer aus. Der Ertrag pro Hektar stieg um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um neun Prozent im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt." Oder: "Die Getreideernte – ohne Körnermais und Corn-Cob-Mix – beträgt 2023 nach vorläufigen Zahlen rund 38 Millionen Tonnen. Damit ist die Erntemenge rund 4 Prozent geringer als im Vorjahr und rund 2 Prozent geringer als im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2022."

  15. 24.

    Es ist bekannt, dass der Grundwasserspiegel in Berlin von den Wasserentnahmen beim Braunkohlentagebau in der Lausitz beeinflusst ist. Wird keine Kohle mehr gefördert und somit der Grundwasserspiegel künstlich gesenkt, sinkt auch der Grundwasserspiegel in Berlin und umgekehrt.

  16. 22.

    Oh, ein, der Weissagung Ermächtigter. Lasset Euer Wissen auf die Unwissenden hernieder und gebt uns Erleuchtung ob Eurer Weitsicht und unserer Unwissensdunkelheit.

  17. 21.

    Da sind sie aber schlecht informiert. Gerade in Bernau stehen derzeit einige Keller wegen ansteigenden Grundwasser unter Wasser und müssen abgepumpt werden. Die FFW hat grad gut zu tun.

  18. 19.

    Hmm, also wenn das Eis Weltweit geschmolzen ist steigt der Ozean um 66 Meter - Berlin liegt aktuell 34 Meter über den Meerespiege… -> Dann sind wir alle Fischfutter!

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