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Video: rbb|24 | 30.09.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Quelle: dpa/B. Pedersen

#Wiegehtesuns | Die Friseurmeisterin

"Der Mindestlohn ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein"

Zum 1. Oktober steigt erneut der Mindestlohn. Friseursalon-Betreiberin Anja Sieminiak bringt das mitten in der Energiekrise in einen Zweispalt: Gerne möchte sie ihren Mitarbeiter:innen mehr zahlen, doch für ihr Geschäft bedeuten die Ausgaben eine zusätzliche Belastung.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Anja Sieminiak ist Friseurmeisterin aus Leidenschaft. In Strausberg betreibt sie ihren eigenen Friseur- und Kosmetiksalon "La Belle Poule". Insgesamt hat sie vier Mitarbeiter:innen.

Quelle: Friseurin Anja Sieminiak aus Strausberg (Bild: rbb)

Die Erhöhung des Mindestlohns ist gut für meine Mitarbeiter. Aber es hebt ja nicht das auf, was auf der Inflation auf der anderen Seite passiert. Im Prinzip ist das lächerlich - ein Tropfen auf den heißen Stein. Die [Mitarbeiter:innen, Anm.d.Red.] haben im Endeffekt gar nichts davon, so wie die Entwicklung ist. Ganz im Gegenteil: Im schlimmsten Fall kommen sie noch in die neue Versteuerung und haben dann sogar weniger als vorher.

Ich bin der Meinung, dass die Mitarbeiter, die arbeiten gehen und fleißig sind und zuverlässig sind, sogar viel mehr verdienen müssen, wenn's technisch möglich ist. Wenn's gehen würde, würde ich meinen Mitarbeitern sofort 25 oder 30 Euro die Stunde zahlen. Das würde schon gehen, aber die Frage ist natürlich, ob der Endverbraucher für seinen Haarschnitt dann 400 oder 500 Euro bezahlen würde.

12 Euro Mindestlohn ab 1. Oktober

"Viel hat man davon auch nicht, weil man auch mehr Ausgaben hat"

Zum 1. Oktober steigt der gesetzliche Mindestlohn um 1,55 Euro auf zwölf Euro. Mehr als jeder dritte Beschäftigte in Brandenburg soll davon profitieren. Für viele Betriebe bedeutet die Erhöhung eine zusätzliche Belastung.

Es ist ja nicht nur der Mindestlohn mit seinen Nebenkosten, die dazu kommen. Daraus folgend ist ja bei der Lohnerhöhung, dass zum Beispiel die Berufsgenossenschaft angehoben wird. Wir haben ja Umsatz dadurch [wenn wir die Kosten erhöhen, Anm.d.Red.]. Das heißt also, auch mein Anteil Berufsgenossenschaft wird erhöht.

Die Umlage wird im Handwerk circa mal 3,8 gerechnet. Wir sind jetzt bei einer Erhöhung von 1,52 Euro pro Stunde. Dann sind wir also bei circa sechs Euro in der Stunde - mit Abgaben, Berufsgenossenschaft, Versicherung und alles was bezahlt werden muss. Und das heißt für mich, dass neu kalkuliert werden muss. Letzten Endes muss der Endverbraucher die Kosten irgendwie auferlegt kriegen.

29-Euro-Ticket, Masken-Regeln und neuer Mindestlohn

Das ändert sich im Oktober

Berlin - aber nicht Brandenburg - bietet den 9-Euro-Ticket-Nachfolger mit 20 Euro Aufschlag. Außerdem: Es gibt nun 520-Euro-Jobs, Neues für die Führerscheinprüfung und das Analoge wird teurer. Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen im Oktober.

Die Kosten gehen ja auch weiter. Energie wird reingeschoben, Gasgrundkosten werden teurer. Die Lieferanten sind alle schon teilweise teurer zum 1. September. Also das ist eine Spirale, die sich hochdreht.

Natürlich ist man bisschen frustriert, dass man nicht mehr dagegen machen kann. Dass einfach bestimmte Konzerne oder so jetzt unser Leben gerade im Griff haben. Man würde schon gerne auch die Geringverdiener weiter als Kunden behalten. Das ist aber nicht möglich, weil irgendwelche Konzerne nicht genug kriegen können. Es muss einfach anders gedeckelt werden, bin ich der Meinung: entweder an der Einkommenssteuer, an der Mehrwertsteuer - da werden alle gleichberechtigt dann. Es kann nicht sein, dass immer nur einzelne Bereiche verdienen an allen.

Landesmindestlohn erhöht

Berlin zahlt nun 13 Euro Stundenlohn

Ich werde jetzt nicht die Preise anheben und meinen Kunden sagen, sie sollen ein Handtuch mitbringen, dürfen hier nur noch bei 19 Grad sitzen. Das wird nicht passieren. Wenn's nicht mehr geht, muss man darüber nachdenken, ob es Konsequenzen gibt.

Natürlich gibt es bestimmte Grundgedanken. Also man kann ja mit der Öffnungszeit spielen. Es gibt hundert Pläne in meinem Kopf, aber die werden erst nach vorne geholt, wenn es wirklich Schadensbegrenzung sein soll.

Die Frage ist, wie weit tragen die Kunden das mit - beim Einkaufen, beim Friseur, Kosmetik. Und dann kann man auch erst reagieren.

Das Gespräch führte Marie Stumpf.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 30.09.2022, 19:30 Uhr

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