Ermittler legen Bericht vor
Kurz vor Weihnachten hatte der Terror Berlin heimgesucht: Ein islamistischer Attentäter tötete mit einem LKW auf dem Breitscheidplatz zwölf Menschen. Monate später sind viele Fragen geklärt, aber einige auch noch offen.
Anis Amri, der Terrorist vom Berliner Breitscheidplatz, war nach den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft ein Einzeltäter. "Es haben sich bisher keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass weitere in Deutschland ansässige Personen in die Tatvorbereitung oder die Tatausführung eingebunden waren", heißt es in einer Erklärung zum Stand der Ermittlungen, die Generalbundesanwalt Peter Frank am Mittwoch bekannt gab.
Der Tunesier Amri war am 19. Dezember mit einem LKW auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast und hatte insgesamt zwölf Menschen getötet. Er wurde wenige Tage später auf der Flucht in Italien erschossen.
Wie der Islamist nach dem Attentat aus Berlin fliehen konnte, sei weiter offen, erklärte die Bundesanwaltschaft weiter. Kurz nach dem Anschlag sei er am selben Abend dreimal von Videokameras in Berlin gefilmt worden. Auf den Bildern sei er mit einem Rucksack zu sehen. Zudem habe er die Schuhe gewechselt, was darauf schließen lasse, dass er nach dem Anschlag noch einmal in seiner Wohnung war.
Das nächste Mal sei der Tunesier erst am 21. Dezember in einem Bus von Emmerich nach Kleve in Nordrhein-Westfalen beobachtet worden. Laut Mitteilung konnten die Ermittler rekonstruieren, dass er sich an dem Tag neu einkleidete. Er habe bei einem Textilhändler in Kranenburg nahe der niederländischen Grenze Boxershorts, Socken, Jogginghose und Schal gekauft. Wie Amri von Berlin nach Emmerich kam, sei weiter unklar.
Vor der Tat hatte Amri den späteren Anschlagsort nach Erkenntnissen der Ermittler mehrfach ausgespäht. Ende November war er mehrfach im Bereich Budapester Straße und Breitscheidplatz zu Fuß unterwegs. Seinen Treueschwur auf den Anführer des sogenannten Islamischen Staates/IS nahm der Tunesier bereits am 31. Oktober oder 1. November auf, so die Bundesanwälte.
Spätestens ab dem 10. November hatte Amri Kontakt zu einem Mitglied des IS im Ausland. Kurze Zeit später änderte sich auch sein "Surfverhalten", wie die Ermittler weiter berichten. Hatten sich zuvor im Internetverlauf seines zurückgelassenen Mobiltelefons vor allem pornografische Inhalte gefunden, besuchte Amri ab Mitte November solche Seiten nicht mehr. Ab Anfang Dezember 2016 rief er dann fast nur noch islamistisch-jihadistische Inhalte im Internet auf.
Den polnischen Lkw-Fahrer Lukasz U. tötete Amri den Angaben zufolge im Fahrerhaus mit einem Kopfschuss. Zuvor habe es keine Gegenwehr des LKW-Fahrers gegeben, erklärte die Bundesanwaltschaft. Die Untersuchungen des Tat-Lasters seien abgeschlossen. "Er wird zeitnah an die polnischen Strafverfolgungsbehörden übergeben."
Dem toxikologischen Gutachten der italienischen Behörden zufolge hatte Amri weder kurz vor seinem Tod noch in den Tagen zuvor Betäubungsmittel oder bewusstseinsverändernde Mittel zu sich genommen.
Allerdings zeigten Rückstände in seinen Haaren, dass Amri in der Vergangenheit mehrfach in geringeren Mengen Cannabisprodukte und häufiger in größeren Mengen Kokain konsumiert habe.
Sendung: 12.04.2017, Inforadio, 18:40 Uhr
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