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Video: rbb|24 | 25.11.2021 | Material: rbb spezial | Quelle: rbb

Fragen & Antworten von Dr. Julia Fischer

Was Sie über die Corona-Impfung von Kindern ab fünf Jahren wissen sollten

Die Arzneimittelbehörde EMA hat das Biontech/Pfizer-Präparat für die Impfung von Kindern ab fünf Jahren empfohlen. Die Medizinerin Dr. Julia Fischer sieht darin einen wichtigen Schritt vor allem zum Schutz immungeschwächter Kinder. Und sie hat weitere Antworten.

rbb|24: Frau Dr. Fischer, warum sollten Kinder geimpft werden, wenn doch viele bei einer Erkrankung noch nicht einmal Symptome zeigen?

Julia Fischer:
Es ist richtig, dass Kinder ohne Vorerkrankungen nur sehr selten schwer erkranken, aber das Risiko ist nicht null. Außerdem können auch bei Kindern Komplikationen wie die Multi-Entzündungserkrankung "PIMS" oder Long Covid auftreten. Wenn sich die Risiken für alle potenziellen negativen Folgen einer Coronainfektion durch eine sichere Impfung noch weiter reduzieren ließen, wäre das wünschenswert. Immer vorausgesetzt natürlich, dass der Nutzen der Impfung die Risiken tatsächlich überwiegt - und dazu wird sich die Ständige Impfkommission in wenigen Wochen äußern.

Corona-Impfstoff

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In Europa kommt wohl bald der erste Corona-Impfstoff für Kinder auf den Markt. Die Arzneimittelbehörde EMA hat das Präparat von Biontech für Kinder von fünf bis elf Jahren freigegeben. Die Dosis für diese Altersgruppe soll aber geringer sein.

Ist der Impfstoff der gleiche wie bei Erwachsenen und welche Dosis wird verwendet?

Die Empfehlung für eine Impfung auch von Kindern ab fünf Jahren erging für den Biontech-Impfstoff, einen mRNA-Impfstoff. Hier wird der genetische Bauplan in eine Hülle aus Fetten, sogenannte Nanopartikel, eingepackt. Diese mRNA ist also nun bei der Impfung für Kinder die gleiche wie im Erwachsenenimpfstoff.

Damit der Impfstoff vor der Impfung länger haltbar, also lagerbar, ist, wird nun eine etwas andere Pufferlösung verwendet. Und für die Impfung von Kindern wurde die Dosis angepasst: Sie beträgt nun ein Drittel der Wirkungssubstanz für Erwachsene. Kinder erhalten also zehn Mikrogramm.

Auf welcher Datenbasis hat die Europäische Arzneimittelagentur den Impfstoff nun für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zugelassen?

In zwei Studien von Biontech/Pfizer bekamen insgesamt rund 3.000 Kinder den Impfstoff. Ergebnis: Die Kinder entwickelten vergleichbare Antikörperspiegel wie Über-Zwölf-Jährige, obwohl die Dosis nur ein Drittel beträgt. Während im Beobachtungszeitraum 16 Kinder in der Placebogruppe an Covid-19 erkrankten, waren es unter den Geimpften nur drei. Daraus ergibt sich eine Wirksamkeit des Impfstoffs von über 90 Prozent. Und der Impfstoff erwies sich als gut verträglich: Beobachtet wurden nur milde Reaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.

Da in mehreren Ländern bereits Kinder zwischen fünf und elf geimpft werden (in den USA waren es schon über zweieinhalb Millionen), wird zeitnah mit weiteren Daten auch zu potenziellen seltenen Nebenwirkungen gerechnet. Anhand derer wird dann auch die deutsche Stiko entscheiden, ob sie den Impfstoff empfiehlt. Bis zu dieser Stiko-Empfehlung können Kinder nach sorgfältiger individueller Risiko-Nutzen-Abwägung geimpft werden.

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Inwieweit beeinflusst die Impfung die Ausbildung des Immunsystems von Kindern?

Eine Impfung trainiert das Immunsystem des Kindes darin, Antikörper gegen das Coronavirus zu bilden. Die Impfung und diese Immunantwort hat für die Entwicklung des Immunsystems keinen Nachteil. Im Gegenteil: Durch Impfungen kann das Immunsystem das Kind vor Krankheit schützen.

Woher weiß man, dass es bei einer Impfung keine Langzeitfolgen gibt?

In der Regel treten Impfnebenwirkungen zeitnah nach der Impfung auf, nicht nach Jahren. Der Impfstoff bleibt nur maximal ein bis zwei Tage im Körper.

Manchmal werden Nebenwirkungen von Impfungen später entdeckt, weil sie so selten sind. Es müssen erst sehr viele Menschen geimpft werden, damit solche Nebenwirkungen feststellbar sind und auffallen - meist dauert dieser Prozess. Die Corona-Impfstoffe aber wurden bereits milliardenfach verabreicht, mit neuen, noch unbekannten Folgen bei Erwachsenen ist darum kaum zu rechnen. Aber für die gleiche Sicherheit bei Kindern braucht es aktuell noch mehr Daten, die weiterhin bereits jetzt täglich gesammelt werden, etwa in den USA.

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Wann werden die Impfungen nun tatsächlich möglich sein - bereits jetzt nach der Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde EMA? Wie findet man einen Arzt, der schon vor der noch ausstehenden Empfehlung der deutschen Ständigen Impfkommission impft?

Ab dem Zeitpunkt der EMA-Empfehlung dürfen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland offiziell impfen, wenn sie das im individuellen Fall für sinnvoll halten. Ab dem 20. Dezember sollen den Bundesländern 2,4 Millionen Impfdosen für Kinder bereitgestellt werden. Wer Schwierigkeiten hat, eine Ärztin/einen Arzt zu finden, kann auf der Seite u12schutz.de nachschauen.

Schadet die Impfung Kindern mit Asthma?

Für Jugendliche mit Asthma - bislang ab zwölf Jahre - empfiehlt die Stiko die Impfung bereits jetzt, weil diese Kinder vermutlich ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-Verlauf haben. Deswegen ist es gut möglich, dass die Impfung zeitnah auch für asthmakranke Kinder zwischen fünf und elf Jahren empfohlen wird.

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Sollten chronisch kranke Kinder auch geimpft werden?

Viele chronisch kranke Kinder haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid19-Verlauf. Sie können schon seit längerem geimpft werden, wenn Ärzt:innen es nach individueller Risiko-Nutzen-Bewertung für sinnvoll erachten. Es ist gut möglich, dass die Stiko die Impfung für chronisch kranke Kinder als erstes empfehlen wird. Die Impfentscheidung muss natürlich immer individuell mit der Ärztin oder mit dem Arzt getroffen werden.

Sollten Mütter in der Stillzeit geimpft werden, obwohl das Kind da bereits mehrere Impfungen bekommt?

Wenn eine stillende Frau sich impfen lässt, produziert sie Antikörper und das Kind erhält diese passiv über die Muttermilch. Das Immunsystem des Kindes selbst produziert keine Antikörper. Deswegen sind keine Impfreaktionen zu erwarten und Kinder können jederzeit gegen andere Krankheiten geimpft werden. Die Impfung in der Stillzeit ist ausdrücklich empfohlen.

Sendung: rbb spezial, 25.11.2021, 20:15 Uhr

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