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Video: Brandenburg Aktuell | 17.03.2022 | Markus Woller | Quelle: dpa/Fabian Sommer

Debatte im Bundestag

Diese Vorschläge für eine allgemeine Impfpflicht gibt es

Eine berufsbezogene Impfpflicht gegen Corona gibt es bereits. Am Donnerstag wird im Bundestag nun auch eine Impfpflicht für alle diskutiert. Es gibt unterschiedliche Modelle, wie diese umgesetzt werden könnte - und Anträge, die sich dagegen aussprechen. Von Kira Pieper

Im Bundestag wird am Donnerstag über ein Gesetz zur allgemeinen Impflicht debattiert. Drei mögliche Gesetzvorschläge liegen vor, es gibt allerdings auch Anträge, die sich gegen die Impflicht aussprechen.

Impfpflicht - was bedeutet das?

Vorweg: Eine Impfpflicht würde nicht bedeuten, dass jemand mit körperlicher Gewalt zu einer Impfung gewzungen wird. Allerdings müssten Personen, die sich impfen lassen können, sich aber nicht impfen lassen, mit Bußgeldern rechnen.

Ist so eine Pflicht erlaubt?

Juristisch wäre eine Impfpflicht in Deutschland durchsetzbar. Denn das Infektionsschutzgesetz (IfSG) bietet die Möglichkeit einer allgemeinen Impfpflicht [gesetze-im-netz.de]. Zweimal ist diese auch schon in der Bundesrepublik durchgesetzt worden: von 1959 bis 1983 bei der Impfpflicht gegen die Pocken, und seit 2020 gilt sie bei der Masern-Impfung für schulpflichtige Kinder und Beschäftigte von Kindertagesstätten und Schulen.

Um eine Impfpflicht gegen Covid-19 gesetzlich zu beschließen, müssen allerdings die verfassungsrechtlichen Positionen abgewogen werden. Im Grundgesetz ist das Recht auf die körperliche Unversehrtheit verankert. Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist nur gerechtfertigt, wenn der Eingriff verhältnismäßig ist.

Impfpflicht und Infektionsschutzgesetz

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Wann ist Verhältnismäßigkeit gegeben?

Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit wäre dann gerechtfertigt, wenn vorausgesetzt werden kann, dass der Eingriff einem legitimen Ziel dient; dass der Eingriff dazu geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen und dass es kein milderes Mittel gibt, dieses Ziel zu erreichen [Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags von 2016, bundestag.de].

Im Fall der Pocken galt dieser Eingriff zum Beispiel als verhältnismäßig, weil die Sterblichkeitsrate bei einer Pockeninfektion bei 30 Prozent lag. Die Pocken-Impfpflicht wurde übrigens 1983 wieder aufgehoben - als die Pocken dank der Impfung weltweit als ausgerottet galten.

Wie könnte eine Impfpflicht aussehen?

Österreich hatte die allgemeine Corona-Impfpflicht Anfang Februar umgesetzt. Anfang März wurde sie allerdings wieder vorläufig ausgesetzt - mit der Begründung, dass mit Blick auf die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus' die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei.

Ungeachtet der Entscheidung der österreichischen Regierung machte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aber kurz darauf deutlich, der Bund wolle am Ziel einer solchen Verpflichtung festhalten. Die Meinung des Kanzlers habe sich "nicht geändert", hatte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner mitgeteilt. "Wir brauchen die allgemeine Impfpflicht, um uns für den Herbst und Winter vorzubereiten."

Bislang liegen drei Gesetzesentwürfe zur Impfpflicht und zwei Anträge dagegen vor. Über die allgemeine Impfpflicht soll voraussichtlich Anfang April im Bundestag entschieden werden.

Beschluss der Bundesregierung

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Entwurf I: Allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren

Zunächst gibt es einen Gesetzentwurf zur allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren. Erarbeitet haben ihn sieben Bundestagsabgeordnete von den Grünen, FDP und SPD [bundestag.de]. Der Entwurf "zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SarsCoV-2" sieht zunächst vor, die Impfkampagne zu erweitern. Heißt: Zunächst sollen Krankenkassen alle Erwachsenen persönlich kontaktieren und über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informieren.

Ab dem 1. Oktober sollen dann alle Erwachsenen ab 18 Jahren mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten in Deutschland eine dreifache Impfung (die ursprüngliche Grundimmunisierung plus einem Booster) oder alternativ eine zweifache Impfung plus eine überstandene Infektion nachweisen können. Ausgenommen sind Menschen, die "permanent oder vorübergehend nicht immunisiert werden können sowie Schwangere in den ersten drei Monaten".

In dem Entwurf steht auch, dass die Krankenkassen über ein spezielles Portal den Impfstatus ihrer Versicherten abfragen und speichern sollen. Sie sollen den Gesundheitsämtern dann auch melden, wenn jemand keinen Impfnachweis erbracht hat. Diesen Menschen soll dann über das Gesundheitsamt ein Impftermin angeboten werden. Wird dieser nicht wahrgenommen, muss der Betroffene mit einem Bußgeld rechnen. Zumindest sofern sie oder er sich nicht innerhalb von vier Wochen doch noch impfen lässt.

Das Gesetz soll zunächst bis 31. Dezember 2023 befristet sein.

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Entwurf II: Pflichtberatung und Impfpflicht ab 50 Jahren

Einige Parlamentarier um den FDP-Abgeordneten und Infektiologen Andrew Ullmann setzen auf eine Kombination von Beratungspflicht ab 18 und Impfpflicht ab 50 [bundestag.de]. Die Altersgrenze wurde gewählt, weil das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ab 50 Jahren deutlich größer ist als bei jüngeren Menschen.

Der Entwurf sieht in einem Stufenmodell vor, dass zunächst alle noch nicht geimpften Über-18-Jährigen ein Beratungsgespräch zum Thema Impfung wahrnehmen sollen. Kann die Impfquote auf diesem Weg nicht so erhöht werden, dass Deutschland gegen eine weitere Infektionswelle gewappnet ist, greift ab 15. September die zweite Stufe. Heißt: Dann gilt eine Impfpflicht für alle ab 50 Jahren.

Schritt zwei soll allerdings erst "unter Vorbehalt einer Bewertung der Situation im Herbst 2022" passieren. Es ist dann also ein weiterer Bundestagsbeschluss nach dem 15. September notwendig. Auch diese Regelung soll zunächst bis 31. Dezember 2023 befristet sein.

Entwurf III: Impfpflicht in drei Stufen

CDU und CSU präsentieren in ihrem Gesetzentwurf eine gestaffelte Impfpflicht. Der Entwurf trägt den Titel: "Impfvorsorgegesetz – Ein guter Schutz für unser Land" [bundestag.de].

Vorgesehen ist ein "Impfmechanismus", der erst greift, wenn sich die Corona-Lage weiter verschärft. Der Mechanismus hat drei Stufen, es erfolgt eine Impfpflicht für unterschiedlich Gruppen: Zunächst sollen alle ab 60 Jahren geimpft werden. Die zweite Stufe betrifft Personen ab 50. Danach werden Beschäftigte der kritischen Infrastruktur genannt sowie Mitarbeiter in Schulen, Kitas und der Polizei. Die Kriterien, ab wann die gestaffelte Impfpflicht greifen soll, sind aber noch unklar.

Zur Umsetzung fordert die Union ein Impfregister.

Die Unionsfraktion spricht in ihrem Antrag nicht von einer Pflicht, sondern von einem "Impfmechanismus", weil sie der Ansicht ist, dass eine Impfpflicht ab 18 Jahren die aktuelle Omikron-Welle nicht mehr eindämmen würde und deswegen stark begründungsbedürftig sei.

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Antrag I: Ja zur Impfung, nein zur Pflicht

In diesem Antrag wird die Impfung zwar ausdrücklich befürwortet, eine allgemeine Impfpflicht aber abgelehnt [bundestag.de]. Denn: Diese sei ein "tiefer Grundrechtseingriff", mit dem sich die aktuelle Infektionswelle ohnehin nicht brechen lasse.

Zudem wird auf die noch nicht abschließend geklärten Fragen der Dauer und des Umfangs des Schutzes durch die Impfung hingewiesen. Und es sei im Vorwege mehrfach versprochen worden, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben werde. Der Bruch dieses Versprechens würde "langfristige Schäden in der Gesellschaft hinterlassen".

Zu den Urhebern dieses Antrags gehören unter anderem FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sowie Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht von den Linken. Es handelt sich nur um einen Antrag, nicht um einen Gesetzentwurf, da die Impfpflicht eh abgelehnt wird.

Antrag II: Klares Nein zur Pflicht

Die AfD-Fraktion positioniert sich gegen eine gesetzliche Impfpflicht [bundestag.de]. Eine Verpflichtung zur Impfung zum Schutz vor einer Infektion mit dem Virus Sars-Cov-2 sei unverhältnismäßig, heißt es in dem Antrag. Deswegen solle die Bundesregierung von den Plänen zur Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht Abstand nehmen.

Zur Begründung heißt es, die Einführung einer generellen Impfpflicht gegen Covid-19 sei verfassungsrechtlich unzulässig, weil damit das Virus nicht ausgerottet werden könne. Zudem bedeute eine Impfpflicht einen Eingriff gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

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Beitrag von Kira Pieper

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