Erste Sitzung der Bezirksverordnetenversammlungen - In vielen Bezirken verschiebt sich die Macht

Mi 26.10.16 | 13:11 Uhr
Der Alexanderplatz mit Fernsehturm in Berlin-Mitte (Quelle: imago/PEMAX)
Bild: imago/PEMAX

In den Bezirken wird das neue Farbspektrum der Berliner Politik sichtbar: Herbe Verluste für die SPD und gleich sieben Stadtratsposten für die AfD. Nicht alle Bezirke sind bei der konstituierenden Sitzung am Donnerstag schon bereit zur Abstimmung - in manchen wird bis zum Schluss um Mehrheiten gerungen.  

Die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) der Berliner Bezirke treten am Donnerstag zur ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Bisher haben nur Mitte, Reinickendorf, Neukölln, Treptow-Köpenick und Pankow angekündigt, an diesem Tag auch die neuen Bezirksämter mit Bürgermeister und vier Stadträten zu wählen. In den restlichen Bezirken wird entweder noch über mögliche Zählgemeinschaften für die Bürgermeisterwahl, Ressortzuschnitte der Stadträte oder die Postenverteilungen verhandelt - oder die Beschlüsse müssen noch parteiintern abgesegnet werden.

Auf Bezirksebene darf grundsätzlich die stärkste Fraktion den Bürgermeister vorschlagen. Nicht immer stellt am Ende jedoch tatsächlich die stärkste Partei den Rathauschef, denn bei der Wahl können die Parteien sogenannte Zählgemeinschaften bilden und einen gemeinsamen Vorschlag abgeben.

Spandauer SPD ringt noch um Kooperationspartner

Auch wenn nicht überall gewählt wird, steht die Verteilung der zwölf Bürgermeisterposten so gut wie fest. Dabei muss die SPD herbe Verluste hinnehmen. Von ehemals neun werden nur noch fünf Rathäuser von den Sozialdemokraten geführt: Charlottenburg-Wilmersdorf (Reinhard Neumann), Tempelhof-Schöneberg (Angelika Schöttler), Neukölln (Franziska Giffey), Treptow-Köpenick (Oliver Igel) und  Spandau (Helmut Kleebank). Wobei in Spandau noch nicht klar ist, ob Kleebank tatsächlich eine Mehrheit in der BVV findet, denn die Verhandlungen mit der CDU über eine Zählgemeinschaft waren am Dienstag gescheitert. Nun bleibt der SPD faktisch nur ein Vierer-Bündnis mit den Grünen, Linken und der FDP.

Linke: Von Null auf drei Bürgermeisterposten

Nachdem die Linken in der vergangenen Legislaturperiode keinen Bürgermeisterposten erringen konnten, sind es nun gleich drei: Lichtenberg (Evrim Sommer), Pankow (Sören Benn) und Marzahn-Hellersdorf (Dagmar Pohle). Die CDU wird die Chefposten in Steglitz-Zehlendorf (Cerstin Richter-Kotowski) und in Reinickendorf (Frank Balzer) behalten, und die Grünen bekommen mit Stephan von Dassel in Mitte einen zweiten Bürgermeisterposten neben Monika Herrmann in Friedrichshain-Kreuzberg.

AfD benannte ihre Kandidaten kurz vor knapp

Die AfD kann in den Bezirken sieben Stadtratsposten besetzen. Während die Bezirksbürgermeister von der stärksten Fraktion oder von einer sogenannten Zählgemeinschaft bestimmt werden, dürfen die Fraktionen entsprechend ihrer Stärke für einen oder mehrere der vier Stadträte Vorschläge machen. Mittlerweile sind in allen Bezirken die Kandidaten benannt. 

Bei den anderen Parteien sorgte es allerdings für Unmut, dass die AfD ihre Kandidaten so kurzfristig bekannt gibt. Der Pankower Linkspartei-Politiker Sören Benn bezeichnete dieses Vorgehen in der Tageszeitung "neues deutschland" als Respektlosigkeit gegenüber dem demokratischen System. Die Pankower AfD hatte ihren Stadtratskandidaten Nicolas Seifert erst am Montag benannt. Praktisch heiße das, so Benn weiter, dass die Verordneten den AfD-Stadtratsbewerber am Donnerstag eigentlich nicht wählen können. Denn nach dem Bezirksverwaltungsgesetz müssten sie unter anderem erst seine berufliche Eignung prüfen. In Lichtenberg und Neukölln wurden die Kandidaten sogar erst am Mittwoch bekannt gegeben.   

Trotz Vorschlagsrecht der jeweiligen Partei muss jeder Stadtrat von einer Mehrheit in der BVV gewählt werden. Findet ein AfD-Kandidat keine Mehrheit, kann sein Posten grundsätzlich auch unbesetzt bleiben. Seine Aufgaben müssten dann andere Stadträte übernehmen.

Bei den Ressortzuschnitten ist noch Spielraum

Welches Ressort die AfD-Stadträte bekommen, steht noch nicht in allen Bezirken abschließend fest. Verhandelt haben darüber meist die übrigen Parteien, die Anspruch auf einen Stadtratsposten haben,  unter sich. So hat die rot-grüne Zählgemeinschaft in Neukölln in ihre Vereinbarung festgelegt, dass der bisher noch unbekannte AfD Kandidat das Ressort Umwelt und Natur übernehmen soll.

Enttäuschter CDU-Politiker sorgt für Eklat in Treptow-Köpenick

Obwohl in Treptow-Köpenick die Kandidaten eigentlich schon feststehen, könnte es genau hier am Donnerstag richtig spannend werden. Denn nachdem der bisherige Stadtrat Michael Vogel (CDU), von seinen Parteifreunden nicht erneut aufgestellt wurde, erklärte der CDU-Politiker, dass er aus der Fraktion austreten werde. Das würde allerdings bedeuten, dass die CDU mit nunmehr sechs Mitgliedern keinen Anspruch mehr auf einen Stadtratsposten hätte. Davon profitieren würde die Linke, die dann zwei Stadträte benennen könnte. Mit der Lichtenberger Stadträtin Sandra Obermeyer haben die Linken auch schon eine Kandidatin parat.

Um doch noch den Stadtratsposten stellen zu können, wirbt die CDU nun offenbar bei anderen Parteien um deren Verordnete. Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn der Bezirk hat angekündigt, das Bezirksamt gleich in der ersten Sitzung wählen zu wollen.

Drei der fünf Posten müssen besetzt sein

Die Amtszeit der Bezirksämter beginnt, wenn drei der fünf Posten vergeben sind. Zuständig sind die verbeamteten Stadträte, die als Verwaltungschefs unterhalb der Bezirksbürgermeister angesiedelt sind, dann für Baugenehmigungen, Ordnungsämter, Schulgebäude, Jugendtreffs und Parks - aber auch für die Verteilung von Geld an politische Vereine und Initiativen.

Die Bezirke nach der Wahl

Das könnte Sie auch interessieren