rbb24
  1. rbb|24
  2. Sport
Audio: rbb24 Inforadio | 27.01.2023 | Lars Becker | Quelle: IMAGO/ActionPictures

Hertha vor dem Derby gegen Union

Ein Hauptstadtderby zum richtigen Zeitpunkt?

Bei Hertha herrscht nach dem verkorksten Jahresbeginn Ernüchterung. Nach den Pleiten gegen Bochum und Wolfsburg stehen die Blau-Weißen auf einem Abstiegsplatz. Und ausgerechnet jetzt steht das Hauptstadtderby im Olympiastadion an. Von Lars Becker

Thema der Woche

Das hatten sie sich ganz anders vorgestellt bei Hertha BSC. Statt der erwarteten Reaktion auf die Auftaktpleite in Bochum gab es gegen Wolfsburg "einen Schlag in die Fresse", wie Trainer Sandro Schwarz drastisch formuliert, ein 0:5-Debakel nach einer unterirdischen ersten Halbzeit.

Trotz der unerwarteten Rückschläge geht der Coach aber erstaunlich selbstbewusst in das Stadtderby gegen den 1. FC Union: "Ich finde, es kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt", sagt Schwarz "eine Riesenmöglichkeit, die Stimmungslage zu drehen, für Dich selbst ein anderes Gefühl zu holen, für den Klub, für die Leute, für die Fans. Das wollen wir ausstrahlen. Und auch die Tabellensituation ist uns bewusst."

Sonderausgabe "Hauptstadtderby live"

Der frühere Kapitän und spätere Sportdirektor von Hertha BSC, Arne Friedrich, wird gemeinsam mit dem Ex-Union-Manager Christian Beeck das Hauptstadtderby am Samstag kommentieren. Sie sind Teil der rbb-Vollreportage aus dem Olympiastadion, die als digitales Angebot auf rbb24.de, sportschau.de und in der ARD Audiothek ausgestrahlt wird.

Die Livesendung aus dem Olympiastadion beginnt um 15 Uhr. Sie wird moderiert von Dirk Walsdorff, dem Leiter der rbb-Sportredaktion. Parallel zu den Audiostreams sendet der rbb auch einen Video-Stream der Kommentatorenkamera im Olympiastadion auf rbb24.de und über den Facbook-Kanal des rbb Sport.

Klingt ein wenig wie das berühmte Pfeifen im Walde. Ruhe bewahren, nur keine Aufregung oder gar Panik angesichts der kritischen Situation - das ist die Haltung, die Hertha BSC vor dem brisanten Derby ausstrahlen will: "Es geht darum, die Jungs wieder aufzubauen", betont Manager Fredi Bobic, "die Situation musst Du annehmen, auch positiv voll annehmen. Es ist noch ein langer, langer Weg zu gehen, ein harter Weg, aber wir wissen auch, dass wir am Samstag vieles in eine positive Richtung drehen können. Aber es liegt an uns selbst."

Bobic und Schwarz schwören Mannschaft und Fans auf einen Abstiegskampf bis zum Saisonende ein: "Jedes Spiel wird ein Endspiel sein", bemüht Bobic sogar eine gängige Fußball-Floskel.

Jetzt bloß nicht alles am Ergebnis des Derbys gegen Union festmachen, appelliert Schwarz, auch an die Fans gerichtet, für die das Derby immer eine herausragende Bedeutung besitzt: "Es geht darum, wie du in das Spiel reingehst, dir mit vielen kleinen Siegen ein besseres Gefühl holst, in deinem Zweikampfverhalten, in deiner Laufleistung, in deiner Passqualität, all das von der ersten Sekunde auf den Platz zu bekommen." Übersetzt: Einstellung und Leistung müssen stimmen, das Team muss gegen Union "ein anderes Gesicht zeigen", aber das Derby entscheidet nicht über den Klassenerhalt.

Der Gegner

Enorme 19 (!) Punkte beträgt der Rückstand des Vorletzten Hertha BSC nach der Hinrunde auf den Lokalrivalen und Tabellenzweiten aus Köpenick. Eine Welt! Die Favoritenfrage stellt sich nicht: "Eine Mannschaft, die ihre Abläufe schon lange perfektioniert hat, die in der Arbeit gegen den Ball sehr gut ist, im Offensivspiel sehr gut ist", zollt Schwarz dem Gegner Respekt, betont aber, dass es auch darum gehe, das "Selbstbewusstsein zu haben, dass wir auch Stärken haben, dass wir uns nicht verstecken wollen, dass wir nicht passiv agieren wollen. Und dass wir zeigen wollen, was wir auf dem Schläger haben."

Im Gegensatz zu Hertha BSC haben die Eisernen ihre ersten beiden Partien des neuen Jahres gewonnen, haben dabei jeweils einen Rückstand gedreht, am Mittwoch in Bremen auswärts 2:1 gewonnen. Der 1. FC Union ist eine über Jahre entwickelte, gefestigte, klar strukturierte und funktionierende Einheit, Hertha BSC dagegen ein noch zu oft schnell zu erschütterndes, labiles Gebilde.

Interview | BFV-Präsident vor Berlin-Derby

"Die Hauptstadt braucht zwei Bundesligisten"

Am Samstag steht der Höhepunkt für viele Berliner Fußballfans an: das Hauptstadt-Derby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union. Der Präsident des Berliner Fußball-Verbands, Bernd Schultz, spricht über die besondere Bedeutung der Begegnung.

Zum Angeben

Acht Derbys hat es in der gemeinsamen Bundesligazeit von Hertha BSC und dem 1. FC Union bisher gegeben, sieben in der Liga und eins im DFB-Pokal. Die Bilanz: Nur zwei Siege für Hertha, fünf dagegen für den 1. FC Union sowie ein Unentschieden. Zuletzt waren die Duelle eine einseitige Angelegenheit, Union gewann das Hauptstadtderby viermal in Serie.

In der vergangenen Saison endete die Stadtmeisterschaft aus Sicht von Hertha BSC sogar 0:3, Union triumphierte doppelt in der Liga und im Pokal-Achtelfinale. Diese Dominanz würde Hertha gerne beenden. Der letzte Sieg der Blau-Weißen liegt inzwischen mehr als zwei Jahre zurück. Im Dezember 2020 gewann Hertha mit Trainer Bruno Labbadia im Olympiastadion 3:1.

Die erwartete Aufstellung

Florian Niederlechner könnte seine Premiere im Hertha-Trikot feiern. Der zuletzt noch angeschlagene Winter-Neuzugang aus Augsburg hat in seinem ersten Mannschaftstraining am Mittwoch einen "sehr guten Eindruck hinterlassen", so Trainer Schwarz, und wird "mit Sicherheit im Kader stehen." Je nach Verlauf der weiteren Einheiten könnte der Stürmer gegen Union sogar schon in die Startformation rücken: "Er ist in der Offensive flexibel einsetzbar", nennt Schwarz eine der Stärken des 32-jährigen Routiniers und hebt auch Niederlechners "gutes Anlaufverhalten" beim Pressing hervor.

Personal

Bei Hertha fehlen:

Jonjoe Kenny (Gehirnerschütterung)

Agustín Rogel (Gelbsperre + Knieverletzung)

Chidera Ejuke (Knieverletzung)

Verzichten muss Schwarz auf Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny und Innenverteidiger Agustin Rogel. Kenny, der in der Saison bislang jedes Pflichtspiel bestritten hat, fällt wegen einer leichten Gehirnerschütterung aus. Ersetzen könnten ihn Routinier Peter Pekarik oder Youngster Julian Eitschberger. Rogel muss wegen seiner Gelbsperre passen, wird aber ohnehin wegen einer Knieverletzung mehrere Wochen ausfallen. Für ihn wird Filip Uremovic mit Marc Oliver Kempf die Innenverteidigung bilden. Nah dran an der Startformation sieht Schwarz auch den zuletzt mehrfach eingewechselten Jessic Ngamkam.

So könnte Hertha beginnen: Christensen - Pekarik, Uremovic, Kempf, Plattenhardt - Tousart, Šunjić,- Serdar - Lukebakio, Kanga, Niederlechner

Die Prognose

Hertha BSC wird gegen Union ein anderes Gesicht zeigen als in den beiden vorangegangen Spielen, mit Leidenschaft und Einsatz versuchen, die enttäuschten Fans mit einem Derbysieg zurückzugewinnen. Aber Hertha wird das Spiel nicht gewinnen. Union ist stabiler und als Team besser als der Lokalrivale. Ein Unentschieden wäre für den Außenseiter schon ein - allerdings eher unwahrscheinlicher - Achtungserfolg. Die Siege und Punkte für den Klassenerhalt müssen die Herthaner gegen andere Mannschaften holen.

Sendung: rbb24, 26.01.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Lars Becker

Artikel im mobilen Angebot lesen