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Audio: rbb24 Inforadio | 25.02.2023 | Herbe | Quelle: imago images/MIS

Spitzenspiel am Sonntag

Warum Union bereit ist, erstmals die Bayern zu schlagen

Union Berlin hat noch nie gegen den FC Bayern München gewonnen. Im Spitzenspiel am Sonntag könnte es nun aber endlich so weit sein. Dafür gibt es zumindest zahlreiche gute Gründe. Von Till Oppermann

Aissa Laidouni hat keine Angst vor den Bayern. Warum auch? Seit der Tunesier im Januar zum 1. FC Union gewechselt ist, hat er kein Spiel verloren. Während in München Diskussionen um den Trainer und die Eskapaden einiger Stars die Schlagzeilen dominieren, haben sich die Unioner angeschlichen. Union ist Dritter in der Bundesliga - nur das Torverhältnis trennt die Eisernen noch von Tabellenführer Bayern München.

Bayern-Boss Oliver Kahn nimmt Laidouni und seine Kollegen als Konkurrenten um die Meisterschaft ernst. So ernst, dass er seine Mannschaft in dieser Woche nochmal daran erinnerte, für welchen Verein sie spielen: "Jetzt müssen die Spieler zeigen, dass sie Bayern München sind", so Kahn. Laidouni kontert: "Wir haben viel Qualität." Das habe man gegen Leipzig gesehen.

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Effiziente Maschine

In der Tat: In Leipzig drehten die Unioner einen Rückstand und präsentierten dabei einige ihrer größten Stärken. Leipzig ging zwar in Führung, aber verlor am Ende - ebenso erging es 2023 bereits Hoffenheim, Mainz und Wolfsburg gegen Union. Für den 2:1-Sieg gegen die Sachsen reichten der Mannschaft von Urs Fischer sechs Torschüsse. Union brauchte für seine 43 Punkte nur 235 Abschlüsse - 171 weniger als die Bayern für dieselbe Punktzahl. Keine Bundesliga-Mannschaft arbeitet in dieser Hinsicht effizienter als die gut geölte Union-Maschine.

Auch ohne Chancen erfolgreich

Wenig Spektakel, kaum Torchancen - für viele Beobachter ist das kein meisterlicher Fußball. Das 0:0 gegen Schlusslicht Schalke am vergangenen Wochenende lieferte dann allen, die seit Saisonbeginn darauf warten, wann Union endlich einbricht, weitere Argumente für ihre Zweifel an der Qualität der Mannschaft von Urs Fischer. Immerhin gelang es ihr nicht einmal gegen den schwächsten Gegner in der Liga, Chancen zu kreieren.

Dass Union manchmal aber gar keine Chancen braucht, um Tore zu schießen, bewies die erste Halbzeit gegen Ajax Amsterdam unter der Woche. Aus höchstens anderthalb ernstzunehmenden Angriffen wurde eine 2:0-Führung. Danach konterten die Köpenicker über den schnellen Sheraldo Becker. Schon die kleinsten Räume hinter der gegnerischen Abwehr reichen dem Angreifer, um gefährlich zu sein.

Upamecanos rote Karte als Musterszene

Wenn die Bayern zu knacken sind, dann mit viel Tiefe im Angriffsspiel. Die Aufregerszene des vergangenen Spieltags lieferte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann perfektes Anschauungsmaterial, was droht, wenn seine Spieler gegen Union nicht mitarbeiten.

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Nach einem Ballverlust von Thomas Müller an der gegnerischen Sechzehnerkante stand der Rekordmeister perfekt gestaffelt, um ins Gegenpressing zu gehen. Aber anstatt Druck auf den Ball auszuüben, sahen vier Bayern dabei zu, wie Gladbach mit zwei Kurzpässen den langen Ball von Rami Bensebaini vorbereitete. In der Zwischenzeit konnte der flinke Angreifer Alassane Plea durchstarten und entwischte Dayot Upamecano. Es folgte der Platzverweis für den Bayern-Verteidiger.

Nagelsmann fürchtet Köpenicker Tempo

Ob die rote Karte berechtigt war oder nicht, bestimmte in den Tagen danach die Diskussionen rund um die Liga. Dass stattdessen nicht Bayerns zaghaftes Gegenpressing nach dem Ballverlust im Mittelpunkt stand, spielt Urs Fischer in die Karten. Denn der 1. FC Union ist in genau solchen Situationen besonders gefährlich. Fischers Mannschaft geht unerbittlich auf zweite Bälle, spielt gerne lange Pässe aus der Innenverteidigung und sucht über den schnellen Angreifer Sheraldo Becker die Tiefe hinter der gegnerischen Abwehrkette. Genau hier sieht auch Bayern-Trainer Julian Nagelsmann die Gefahr für sein Team: "Wir dürfen keine Fehler im Ballbesitz machen, damit ihr Speed nicht auf den Platz kommt."

Funktionierende Mannschaft

Zumal Union durch einige kluge Verpflichtungen im Winter noch mehr Tempo auf den Platz bringen kann. Jerome Roussillon und Josip Juranovic verstärken die Außenbahnen mit ihren Dribblings und Tiefenläufen und zeigten gegen Ajax, dass sie, auch wenn das eigene Kombinationsspiel mal nicht funktioniert, mit Einzelaktionen offensive Nadelstiche setzen können.

Juranovic weiß, wem er die Absicherung seiner Offensiv-Ausflüge zu verdanken hat: "Hier gibt es keine individuellen Superstars. Wir funktionieren zusammen als Ganzes." Sobald einer der Schienenspieler nach vorne stürmt, schließt einer der Mittelfeldspieler die Lücke. "Union bringt ihren Fußball immer auf den Platz: Tief verteidigen, viel ist auf Konter ausgelegt, und mit ihrer Körperlichkeit, die zweiten Bälle immer wieder scharf zu machen", warnt Nagelsmann. Bei den Eisernen weiß jeder Spieler zu jeder Zeit, welche Räume auf dem Feld besetzt sein müssen.

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Gute Organisation gegen Ausnahmekönner

Was der Mannschaft an Kreativität und Passgenauigkeit in Ballbesitz fehlt, macht sie im Spielverlauf mit ihrer einzigartigen Organisation wett. Diese haben alle Spieler im Kader verinnerlicht, weshalb auch Auswechslungen oder Rotation keinen Bruch in Unions Spiel verursachen. Bis dato hat die Mannschaft nur 16 Großchancen zugelassen. Kommt dann doch mal jemand frei zum Abschluss wartet mit Frederik Rönnow der sicherste Torwart der Liga. Kein Keeper wehrt einen höheren Anteil der Schüsse auf sein Tor ab.

Natürlich stellt der FC Bayern individuell die beste Mannschaft in Deutschland, aber so strukturiert wie Union ist die Nagelsmann-Elf deshalb noch lange nicht. Kein Wunder, dass Kahn versucht hat, die Spieler bei ihrer Sportlerehre packen. Gegen Union sind die Münchner Individualisten darauf angewiesen, ihre Klasse auszuspielen. Andernfalls werden sie es schwer haben, die perfekt gestaffelten Berliner zu überwinden. Bisher hat Union noch nie gegen den FC Bayern gewonnen. Aber die Chancen standen noch nie so gut wie am Sonntag.

Sendung: rbb24, 25.02.2023, 18 Uhr

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