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Audio: rbb24 Inforadio | 17.04.2023 | Jakob Rüger | Quelle: imago images/Matthias Koch

Pro & Contra

Darum ist Pal Dardai (nicht) die ideale Lösung für Hertha BSC

Pal Dardai wird bereits zum dritten Mal Trainer von Hertha BSC. Er übernimmt das Team in einer brisanten Situation und auf dem letzten Tabellenplatz. Jonas Bürgener und Patrick Richter analysieren, warum Dardai der Richtige ist - oder eben nicht.

Das spricht für Dardai

Er kennt den Klub

Wohl kaum ein anderer steht für den von der Vereinsführung zuletzt so oft proklamierten "Berliner Weg" wie Pal Dardai. Der Ungar wird bereits zum dritten Mal Trainer bei den Blau-Weißen, kommt als Coach bislang auf 203 Spiele. Noch öfter stand er für Hertha auf dem Feld: Zwischen 1997 und 2011 trug Dardai 373 Mal das blau-weiße Trikot mit der Fahne auf der Brust.

In die Philosophie der Vereinsführung um Präsident Kay Bernstein, bei Hertha auf Protagonisten zu setzen, die im Verein gewachsen sind und den Klub gut kennen, passt Dardai also perfekt hinein.

Dritte Amtszeit

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Die Fans lieben ihn

"Durch euch fließt blaues Blut – Danke, Pal und Fabian", stand auf einem großen Spruchband in der Ostkurve als Pal Dardai und sein langjähriger Kapitän Fabian Lustenberger im Sommer 2019 bei Hertha verabschiedet wurden. Auch in den Spielen zuvor hatten die Fans auf Plakaten mit Schriftzügen wie "Dardai – einer von uns" ihren Rückhalt und ihre Dankbarkeit für den langjährigen Trainer und Spieler ausgedrückt.

Die Hertha-Fans kennen und schätzen den neuen, alten Coach seit vielen Jahren. Das könnte ein Vorteil im Abstiegskampf werden. Denn das letzte, was Hertha in der derzeitigen Situation noch braucht, ist Unruhe auf den Rängen. Nicht zuletzt Ex-Trainer Sandro Schwarz lobte den blau-weißen Anhang in einem emotionalen Abschiedsbrief [twitter.com] für den Rückhalt und die Unterstützung.

In den letzten sechs Spielen wird es auch auf die Hertha-Fans und ihre Einstellung gegenüber der Mannschaft ankommen, wenn es darum geht, doch noch in der Bundesliga zu bleiben. Pal Dardai könnte ein Faktor sein, die Anhänger auch weiter hinter sich zu wissen.

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Die Punkteausbeute stimmte

Immer wieder wurden Pal Dardai und seine Mannschaft in der Vergangenheit für ihren vermeintlich unattraktiven und defensiven Fußball kritisiert. Durch die Trennung im Sommer 2019 erhoffte sich die damalige Vereinsführung um Manager Michael Preetz und Präsident Werner Gegenbauer neue Impulse und eine attraktivere Hertha. Das trat bekanntlich nicht ein: Der Klub versank phasenweise im Chaos und kämpft nun die dritte Saison in Serie um den Klassenerhalt.

Das war während der ersten Amtszeit von Pal Dardai anders: Trotz oder vielleicht gerade wegen des vermeintlich pragmatischen Fußballs etablierte der Ungar Hertha stabil in der Bundesliga, punktete kontinuierlich und hielt den Verein aus der Abstiegsregion. Die großen Sorgen bei den Berlinern traten erst nach der ersten Trennung von Dardai zu Tage.

Bei seiner Rückkehr 2021 rettete er Hertha spektakulär vor dem Abstieg. Zu dem Zeitpunkt, als er in der Saison darauf entlassen wurde, stand Hertha mit einem Schnitt von mehr als einem Punkt pro Spiel zumindest auf Platz 14. Auch deshalb ist es gut möglich, dass Dardai den Klub und seine Mannschaft ein weiteres Mal beruhigt, stabilisiert und in den verbleibenden sechs Spielen doch noch aus dem Tabellenkeller führt.

Das spricht gegen Dardai

Neustart ist keine Dauerschleife

Mit der neuerlichen Rückholaktion von Pal Dardai verfällt Hertha BSC in alte Muster. Sicher bringt der Rekordspieler der alten Dame kurzfristig den größtmöglichen Identifikationsfaktor mit sich. Nur ist diese Entscheidung wieder einmal nicht langfristig gedacht. Es gibt Gründe, warum Dardai bei Hertha BSC zwei Mal gehen musste. Seine Arbeit war kurzfristig zwar teilweise erfolgreich, sein Spielstil dagegen vollkommen unflexibel und perspektivlos.

Mit Sandro Schwarz wurde die Möglichkeit verpasst, notfalls auch in der zweiten Liga, einen Hertha-Spielstil aufzubauen, der erfrischend mutig und mit den richtigen Transfers langfristig auch erfolgreich ist. So wie sich beispielsweise Mainz 05 unter Bo Svensson entwickelt hat. Dagegen schickt Hertha für sechs Spieltage einen Trainer in den Abstiegskampf, der ohne starke Defensivspieler einen Defensivfußball spielen lassen wird und bringt sich Richtung Sommer wieder in eine Zwickmühle. Machen sie mit Dardai weiter, der langfristig keine Entwicklung bringt oder kommt es wieder zu einem holprigen Neustart mit einem neuen Trainer, der vor allem Ungewissheit mit sich bringt.

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Probleme mit der Vereinsführung vorprogrammiert

Der "kleine" Pal Dardai, wie er sich selbst in einer Pressekonferenz einmal genannt hat, ist mit seinen lockeren Sprüchen zwar durchaus sympathisch, allerdings weniger klein als er vorgibt. Hinter der entspannten Art verbirgt er eine starke Persönlichkeit, die auch sehr klar reagiert, wenn er sich auf den Schlips getreten fühlt. Sollte es intern zu Meinungsverschiedenheiten kommen, ist er keine Person, die zurücksteckt.

Präsident Kay Bernstein ist aktuell der öffentlich starke Mann bei Hertha. Und dass Pal Dardai kein großer Fan von ihm ist, hat er schon im Wahlkampf um die Nachfolge von Präsident Werner Gegenbauer deutlich gemacht. Dort hat er mit einem Video öffentlichkeitswirksam den ärgsten Gegenkandidaten, Frank Steffel, unterstützt und für seine Wahl geworben. Das könnte wieder zu dem führen, was Hertha seit Jahren zu bekämpfen versucht: Kleinkriege innerhalb des Vereins.

Diese Mannschaft schafft nicht einmal Dardai

Die Zeit unter Pal Dardai bei Hertha war so ziemlich das Gegenteil zu der unter Sandro Schwarz. Der am Wochenende entlassene Hertha-Trainer versuchte in der gesamten Saison attraktiven Fußball spielen zu lassen, scheiterte allerdings zu oft an der Ausbeute. Engagierten Auftritten folgten zudem zu oft leblose Vorstellungen der Mannschaft. Pal Dardai dagegen versuchte es nie mit einem attraktiven Spielansatz. Seine Spielweise kam immer über eine kompakte Defensive und wurde von einzelnen Glanzmomenten in der Offensive veredelt. Das Problem dabei: Beides fehlt im aktuellen Hertha-Kader häufig.

In seinen vergangenen beiden Amtszeiten hatte Dardai qualitativ bessere Spieler zur Verfügung. Damals standen noch etablierte Defensivspieler wie Fabian Lustenberger, Niklas Stark und Dedryck Boyata im Kader. Aktuell versuchen sich Filip Uremovic, Marc Oliver Kempf und Agustin Rogel an der Abwehrarbeit, denen sowohl die individuelle Klasse als auch die Form fehlt. Auch offensiv konnte Dardai in seinen vergangenen Amtszeiten mit einer ganz anderen Qualität arbeiten, damals standen ihm noch Spieler wie Olympiasieger Matheus Cunha, Jhon Cordoba und Champions-League-Sieger Salomon Kalou zur Verfügung. Selbst wenn es Pal Dardai schaffen sollte, annähernd das Beste aus dem aktuellen Kader herauszuholen, könnte das zu wenig sein, um die Klasse zu halten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.04.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Jonas Bürgener & Patrick Richter

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