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Quelle: dpa/Dominic Chiu

Geflüchtete und Helfer ein Jahr nach Kriegsbeginn

"Vor einem Jahr habe ich mein bisheriges Leben verloren"

Vor genau einem Jahr begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Tausende Geflüchtete sind seitdem nach Südbrandenburg gekommen - und geblieben. Gleichzeitig organisierten sich freiwillige Helfer. Sie unterstützen noch bis heute.

Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 startete Russlands Präsident Vladimir Putin seinen Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine. Millionen von Menschen traten daraufhin die Flucht an. Über Brandenburg kamen Zehntausende Ukrainer nach Deutschland, einige von ihnen über das eigens eingerichtete "Drehkreuz" Cottbus - Tausende blieben in Südbrandenburg.

Seit einem Jahr verfolgen sie den Krieg in ihrem Heimatland aus der Ferne. Gleichzeitig versuchen die Geflüchteten, auch in Südbrandenburg ein einigermaßen normales Leben zu führen. Unterdessen haben sich in der Region Helferstrukturen gebildet. Bis heute gibt es Hilfslieferungen in die Kriegsgebiete. Wie geht es den Geflüchteten und den Helfern nach einem Jahr Krieg? Zwei Beispiele:

Die Geflüchteten

Walddrehna ist ein kleiner Ort in der Nähe von Luckau im Landkreis Dahme-Spreewald. Rund 20 Geflüchtete aus der Ukraine sind nach ihrer Flucht hier geblieben. In einem Wohnblock leben Olena und Valeria.

Der Jahrestag sei ein tragischer Tag für sie, sagt Olena. "Wir leben jetzt zwar hier, aber unser Herz hängt an unserem Land, mit meinen Verwandten und meinen Freunden", erklärt sie. Olena kommt aus Donezk in der Ostukraine. Als sie vor einem Jahr die Flucht antritt, denkt sie noch, es werde vielleicht drei Monate dauern. "Jetzt hoffen wir, dass der Krieg im Sommer aufhört oder vielleicht schon im Frühling."

Valeria ist erst 17 Jahre alt. Sie kann kaum glauben, dass der Krieg nun schon ein Jahr dauert. "Vor einem Jahr habe ich mein bisheriges Leben verloren", sagt sie. Viele Freunde und Familienmitglieder seien geflohen. Sie habe sie seitdem nicht mehr sehen können, geschweige denn umarmen.

 

Ukrainer auf den Arbeitsmarkt

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Fast ein Jahr ist es her, dass russische Truppen in die Ukraine marschierten. Seitdem sind fast 40.000 Menschen allein nach Brandenburg geflohen. Nur ein Teil hat dort schon Arbeit gefunden. Integration dauert. Doch die Chancen stehen gut. Von Aline Lepsch

Dennoch hat sie Pläne für die Zeit nach dem Krieg. So wie viele ihrer gleichaltrigen Bekannten wolle sie in Deutschland oder in anderen Ländern studieren, Europa kennenlernen. Anschließend, versichert sie, will sie zurück in die Ukraine, um das Land wieder mit aufzubauen.

In diesem Jahr hätte Valeria ihren Schulabschluss gemacht. Manchmal träumt sie davon, wie ihre Abschlussfeier ausgesehen hätte, wie sie und ihre Freunde in schicker Kleidung gefeiert hätten.

Auch ein Jahr nach Kriegsbeginn bleiben diese Vorstellungen vorerst nur weit entfernte Träume.

Prognose deutlich übertroffen

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Auch das Land Brandenburg hat im vergangenen Jahr eine außergewöhnlich hohe Zahl an Flüchtlingen registriert - rund ein Drittel mehr als beispielsweise 2015. Dank millionenschwerer Hilfspakete sieht sich das Land aber weiterhin vorbereitet.

Die Helfer

An einem anderen Ort, in Domsdorf (Landkreis Elbe-Elster), wirkt die Situation unterdessen wie ein normaler Familienabend. "Was willst du heute essen?" oder "Hast du Hausaufgaben?" fragt Thomas Kautzner. Doch sein Gesprächpartner ist nicht sein Sohn. Vitali ist noch nicht lange in Deutschland.

Thomas Kautzner ist seit dem letzten April regelmäßig in die Ukraine gefahren. Der IT-Experte sammelt in Deutschland Spenden, manchmal kauft er auch Lebensmittel oder Verbrauchsgüter. Die Spenden bringt er dann in ukrainische Dörfer - und nach eigenen Angaben auch an die Front. "Im Konvoi fahren wir in Frontgebiete, in die sonst kein Mensch kommt", erzählt er. Er hat mit "United Hands" sogar eine eigene Hilfsorganisation mitgegründet.

Auf einer dieser Touren lernt er die Krankenschwester Irina Diadenko kennen - und verliebt sich. Mit ihrem Sohn Vitali leben die drei nun in Domsdorf.

Er sei sehr glücklich, dass er nun ukrainischen Menschen helfen könne, sagt Kautzner. Dafür hat er sogar seinen Job gekündigt und lebt nun überwiegend von Ersparnissen. "Dass man in der schlimmen Zeit dann auch noch sein persönliches Glück gefunden hat", mache ihn glücklich. Ebenso, "dass unser Sohn Vitali jetzt auf eine neue Schule gehen kann".

Der Krieg ist dennoch täglich Thema in der Familie, sagt Irina. "Wir würden den Menschen und Soldaten gerne helfen, denn nur zusammen können wir diesen Krieg beenden", sagt sie.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.02.2023, 15:40 Uhr

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