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Audio: Antenne Brandenburg | 25.08.2022 | Eva Kirchner-Rätsch | Quelle: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Pflegekosten steigen

Wenn das Heim unbezahlbar wird

Ab September wird das Pflegepersonal nach Tarif bezahlt. Das wurde lange gefordert, doch wegen der höheren Löhne erhöhen manche Pflegeheime ihre Preise. Für viele Pflegebedürftige sind die Mehrkosten zu hoch - und nur mit Sozialhilfe zu stemmen.

Roland Weiß ist immer noch aufgebracht und schockiert. Er hat vor vier Wochen durch einen Brief vom Pflegeheim seiner Mutter erfahren, dass die Kosten für das Heim spürbar steigen werden. "Sie hat vorher knapp über 1.400 Euro Eigenanteil bezahlt, aber der neue Anteil würde um 500 Euro gesteigert", sagt er dem rbb. Die Mutter des 68-Jährigen lebt seit vier Jahren in einem Pflegeheim der Alloheim-Gruppe in Frankfurt (Oder).

Genau wie Roland Weiß geht es vielen Menschen in Deutschland. Pflegeheime erhöhen ihre Preise, weil sie ab September mehr Geld für das Pflegepersonal ausgeben müssen, so die Begründung. Denn ab September werden Pflegekräfte nach Tarif bezahlt, was lange gefordert wurde. Auf rbb-Nachfrage bestätigt ein Sprecher der Alloheim-Seniorenresidenz schriftlich, dass die Mehrkosten für Weiß' Mutter ausschließlich aus den gestiegenen Kosten entstehen würden.

Die Kosten steigen, die Zuschüsse bleiben gleich

Die höheren Löhne sind eine Antwort auf den Pflegekräftemangel, über den in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert wurde. Der Bundestag verabschiedete deswegen 2021 das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), wonach Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden müssen. Nach Einschätzungen des Berliner Senats werden die Kosten in Einrichtungen, die bisher keine Tariflöhne bezahlten, um etwa 20 Prozent steigen. Dazu steigt im September der Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 auf 17,10 Euro pro Stunde.

Die Kosten steigen, doch die Zuschüsse der Pflegekassen bleiben gleich. Sie sind festgeschrieben und werden weiterhin je nach Pflegegrad zwischen 125 und 2.000 Euro pro Monat liegen. Nicht genug, um die angekündigten Preiserhöhungen auszugleichen. Eine durchschnittliche Rente in Brandenburg lag im Jahr 2020 laut dem Statistikamt Berlin-Brandenburg bei etwa 1.400 Euro brutto.

Steigende Energiekosten

Bundeskanzler Scholz kündigt weitere Entlastungen für Bedürftige an

Die Bundesregierung will weitere Menschen von den massiv steigenden Energiekosten entlasten. Von dem neuen Entlastungspaket sollen vor allem einkommensschwache Haushalte, Rentnerinnen und Rentner profitieren.

Sozialministerin fordert Reform der Pflegeversicherung

Die Brandenburger Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) fordert deswegen eine Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene, damit "die Pflegebedürftigen nur bis zu einem bestimmten Sockelbeitrag mitherangezogen werden. Weitere Kostensteigerung sind von der Pflegeversicherung zu übernehmen", sagte Nonnemacher dem rbb.

Sobald keine schnelle Hilfe kommt, bleibt vielen Betroffenen nur der Gang zum Sozialamt. Damit bezahlen Steuerzahler indirekt die Tarifanpassungen in der Pflege. "Das ist wieder eine Umverteilung, die Kosten für Sozialhilfe steigen seit Jahren, und das merkt sozusagen der Staat mit seinem Hilfssystem dann auch wieder", so die Brandenburger Sozialministerin.

Wohngeld oder Hilfe zur Pflege

Dass das Hilfesystem stark nachgefragt ist, das spüren auch die Mitarbeiter im Pflegestutzpunkt in Frankfurt (Oder). Reichen Rente oder Erspartes nicht mehr, kommen Pflegebedürftige oder ihre Angehörige zum Sozialamt. "Entweder gibt es da Wohngeld für Heimbewohner oder Hilfe zur Pflege, die man als Unterstützung beantragen kann", sagte die Mitarbeiterin Aileen Naumann dem rbb.

Weil manche Heime bereits gute Löhne bezahlt haben und andere nicht, werden die Preiserhöhungen in den Heimen weit auseinander liegen, wie Naumann erklärte. Für manche wird es also teurer als für andere.

Roland Weiß hofft nun, dass die Zuschüsse der Pflegekassen erhöht werden oder zumindest an künftige Preissteigerungen angepasst werden. Denn er fürchtet weitere Preiserhöhungen im Pflegeheim seiner Mutter: "Angekündigt ist, dass nächstes Jahr eine weitere Steigerung erfolgen wird", so Weiß. Diese sei wegen der steigenden Energie- und Lebensmittelkosten auch keine Überraschung.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.08.2022, 14:30 Uhr

Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch

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