Pflegekosten steigen - Wenn das Heim unbezahlbar wird

Do 25.08.22 | 12:45 Uhr
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Symbolbild: Drei ältere Damen gehen am 27.06.2018 über eine Fußgängerampel. (Quelle: dpa/Mohssen Assanimoghaddam)
Audio: Antenne Brandenburg | 25.08.2022 | Eva Kirchner-Rätsch | Bild: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Ab September wird das Pflegepersonal nach Tarif bezahlt. Das wurde lange gefordert, doch wegen der höheren Löhne erhöhen manche Pflegeheime ihre Preise. Für viele Pflegebedürftige sind die Mehrkosten zu hoch - und nur mit Sozialhilfe zu stemmen.

Roland Weiß ist immer noch aufgebracht und schockiert. Er hat vor vier Wochen durch einen Brief vom Pflegeheim seiner Mutter erfahren, dass die Kosten für das Heim spürbar steigen werden. "Sie hat vorher knapp über 1.400 Euro Eigenanteil bezahlt, aber der neue Anteil würde um 500 Euro gesteigert", sagt er dem rbb. Die Mutter des 68-Jährigen lebt seit vier Jahren in einem Pflegeheim der Alloheim-Gruppe in Frankfurt (Oder).

Genau wie Roland Weiß geht es vielen Menschen in Deutschland. Pflegeheime erhöhen ihre Preise, weil sie ab September mehr Geld für das Pflegepersonal ausgeben müssen, so die Begründung. Denn ab September werden Pflegekräfte nach Tarif bezahlt, was lange gefordert wurde. Auf rbb-Nachfrage bestätigt ein Sprecher der Alloheim-Seniorenresidenz schriftlich, dass die Mehrkosten für Weiß' Mutter ausschließlich aus den gestiegenen Kosten entstehen würden.

Die Kosten steigen, die Zuschüsse bleiben gleich

Die höheren Löhne sind eine Antwort auf den Pflegekräftemangel, über den in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert wurde. Der Bundestag verabschiedete deswegen 2021 das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), wonach Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden müssen. Nach Einschätzungen des Berliner Senats werden die Kosten in Einrichtungen, die bisher keine Tariflöhne bezahlten, um etwa 20 Prozent steigen. Dazu steigt im September der Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 auf 17,10 Euro pro Stunde.

Die Kosten steigen, doch die Zuschüsse der Pflegekassen bleiben gleich. Sie sind festgeschrieben und werden weiterhin je nach Pflegegrad zwischen 125 und 2.000 Euro pro Monat liegen. Nicht genug, um die angekündigten Preiserhöhungen auszugleichen. Eine durchschnittliche Rente in Brandenburg lag im Jahr 2020 laut dem Statistikamt Berlin-Brandenburg bei etwa 1.400 Euro brutto.

Sozialministerin fordert Reform der Pflegeversicherung

Die Brandenburger Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) fordert deswegen eine Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene, damit "die Pflegebedürftigen nur bis zu einem bestimmten Sockelbeitrag mitherangezogen werden. Weitere Kostensteigerung sind von der Pflegeversicherung zu übernehmen", sagte Nonnemacher dem rbb.

Sobald keine schnelle Hilfe kommt, bleibt vielen Betroffenen nur der Gang zum Sozialamt. Damit bezahlen Steuerzahler indirekt die Tarifanpassungen in der Pflege. "Das ist wieder eine Umverteilung, die Kosten für Sozialhilfe steigen seit Jahren, und das merkt sozusagen der Staat mit seinem Hilfssystem dann auch wieder", so die Brandenburger Sozialministerin.

Wohngeld oder Hilfe zur Pflege

Dass das Hilfesystem stark nachgefragt ist, das spüren auch die Mitarbeiter im Pflegestutzpunkt in Frankfurt (Oder). Reichen Rente oder Erspartes nicht mehr, kommen Pflegebedürftige oder ihre Angehörige zum Sozialamt. "Entweder gibt es da Wohngeld für Heimbewohner oder Hilfe zur Pflege, die man als Unterstützung beantragen kann", sagte die Mitarbeiterin Aileen Naumann dem rbb.

Weil manche Heime bereits gute Löhne bezahlt haben und andere nicht, werden die Preiserhöhungen in den Heimen weit auseinander liegen, wie Naumann erklärte. Für manche wird es also teurer als für andere.

Roland Weiß hofft nun, dass die Zuschüsse der Pflegekassen erhöht werden oder zumindest an künftige Preissteigerungen angepasst werden. Denn er fürchtet weitere Preiserhöhungen im Pflegeheim seiner Mutter: "Angekündigt ist, dass nächstes Jahr eine weitere Steigerung erfolgen wird", so Weiß. Diese sei wegen der steigenden Energie- und Lebensmittelkosten auch keine Überraschung.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.08.2022, 14:30 Uhr

Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch

40 Kommentare

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  1. 40.

    Was ist das denn für ein Unsinn?
    Wissen Sie, wie man einen Heimplatz kalkuliert? Kennen Sie die Kosten und deren Zusammensetzung?

    Viele Bürger haben nach einer besseren Bezahlung für Pflegekräfte gebrüllt. Jetzt ist sie da und es wird wieder gemeckert.
    Das auch Heimbewohner essen und trinken müssen, saubere Wäsche und Räume benötigen und ein gemütliches Zimmer in einem modernen warmen Haus haben möchten ist Ihnen egal?

    Vielleicht sollten viele Meckerer ihre Angehörigen 24/7 zuhause pflegen. Ach nee, da wird ja wieder über die Kosten der ambulanten Pflege gemeckert. Auch dort müssen immer mehr Patienten zuzahlen.

    Bitte nicht vergessen: Pflege ist eine Teilkaskoversicherung. Für die Umwandlung in eine Vollkaskoversicherung ist auch eine deutliche Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung nötig - und genau das wollen ja viele Bürger nicht.

  2. 38.

    Und durch die ständig steigenden Kosten für Strom, Gas, Lebensmittel, Personal und Dienstleistungen werden die Pflegesätze in der stationären Pflege auch noch kräftig steigen.

    Anders geht's nicht.

  3. 37.

    Der Zuschuss zum Eigenanteil ist gestaffelt. Im ersten Jahr 5% , dann 25% im 2ten Jahr steigt dann weiter um 3ten Jahr als 49% und nach 36 Monaten auf 70 % .

    Meine Mutter bekommt jetzt gerade 5 % . Ihr Eigenanteil beträgt vor der Erhöhung schon 2600 €.

    Ihre monatliche Alters Witwenrente etc ist mit ihrer Krankenversicherung und andern persönlichen Fixkosten aufgebraucht.

  4. 35.

    BWL Justus, bist du es? Die Heime gehören in staatlicher Hand ohne Gewinnabsicht für die Anleger. Sie können sich Anteile an Heime kaufen und damit Rendite von um die 7 Prozent erhalten. Diese Rendite mal rausgerechnet, dann zeigt sich wie günstig eine Pflegeplatz sein kann.

  5. 34.

    Heimkosten werden immer bezahlbar bleiben. Zur Not springt das Sozialamt ein. Davor haben vor allem die Erben Angst

  6. 33.

    Das ist alles rechtens. Natürlich müssen Schenkungen teilweise zurückgezahlt werden.

    Das der Mutter nichts zum Leben bleibt, kann nicht sein. Der Selbstbehalt ist nicht gering.

    Die Heimkosten werden noch viel mehr steigen. Die hohen Preise für Gas, Strom, Lebensmittel und Wäsche müssen zwangsläufig weitergegeben werden.

    Aber niemand muss Angst haben, dass er die Heimkosten nicht zahlen kann. Zur Not springt das Sozialamt an. Nur die Erben motzen dann oft

  7. 32.

    Hoffentlich gehört nicht Ihrem Vater die Hälfte der Wohnung....dann wird es richtig bitter. Von den 5.000 € Schenkung bleiben Ihnen jährlich 10%. Zwar ärgerlich, aber wohl verkraftbarer als alles zurückzahlen.

  8. 31.

    Mir werden jeden Monat etwa 90 Euro für Pflegeversicherung von meinem Gehalt abgezogen. Wo bleibt dieses Geld eigentlich?

  9. 30.

    Danke für die Hinweise, auch dass nur noch Heime mit Einzelzimmern gebaut werden. Verraten Sie, in welchem Pflegeheim Sie tätig sind..

  10. 29.

    das ist in dem Artikel erklärt worum es bei diesen saftigen Erhöhungen geht .. die Heime müssen jetzt für ihre Pfleger den Tariflohn bezahlen, das bedeutet eine unglaubliche Preiserhöhung, teilweise bis zu 1000 € im Monat! für meinen demenzkranken Vater haben wir mit schlappen zwei Monaten Vorankündigung eine Heimkostenerhöhung von 600 € erhalten! Heute war ich beim Sozialamt. ich bin völlig frustriert... die vor acht Jahren getätigte Schenkung von damals jeweils 5000 € an zwei Enkelkinder die sich davon jeweils ein günstiges Auto gekauft haben werden von den jungen Menschen zurückgefordert...!!! meine Mutter hat nichts mehr zum Leben und kann sich jetzt entscheiden zwischen essen oder Heizung oder mit 82 Jahren und an Krücken gehend ihre Wohnung verkaufen weil sie nicht möchte, dass ihre Enkelkinder nach so langen Jahren das Geld zurückzahlen müssen.. unmöglich was hier abgeht

  11. 28.

    Ich bin eine große Verfechterin der Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollkasko. Das hatte eine deutliche Belastung der Beitragszahler aber auch eine Entlastung der Heimbewohner zur Folge

    Oder man senkt die Qualität der Heimversorgung. Weniger Mahlzeiten, weniger saubere Wäsche, Mehrbettzimmer oder Schlafsäle...

    Da wir immer älter werden und es immer weniger Beitragszahler gibt. ist die Vollkasko wohl altrnativlos

  12. 27.

    Das stimmt so leider nicht.

    Aber hier ein Vorschlag: pflegebedürftige Angehörige nicht in Heime abschieben und dann meckern, dass gute Versorgung Geld kostet.

    Einfach mal pflegebedürftige Angehörige selbst versorgen. Und zwar 24/7

    Auch Heime leiden unter immens steigenden Kosten. Dazu kommt noch, dass jede Kostenerhöhung umständlich verhandelt werden muss.

    Vielleicht kann man die Kosten senken wenn es weniger Personal, nur 2 Mahlzeiten täglich und nur 2 x saubere Wäsche monatlich gibt

  13. 26.

    Die Kommunen haben in vielen Fällen den Heimbetrieb eingestellt, da sie sich aus wirtschaftlichen Gründen,selbst der eigenen Vorgaben entziehen wollten. Gleichzeitig jedoch weckt staatliche Hilfe und Unterstützung Begehrlichkeiten. Es fängt schon bei den Baukosten an, die sich nach der Förderung richtet, bei der Ausstattung und endet bei der Windel, es geht nur noch um Profit . Die Pflege ist zu einer Melkkuh geworden,

  14. 25.

    Egal was der Heimplatz kostest - kein normaler Bürger kann den aus eigenen Mitteln der Rente/Pension berappen. Mit der Pflegereform gibt's erst nach 4Jahren Aufenthalt einen ggf. bezahlbaren "Rabatt".
    Also bloß nichts sparen. Gebt alles aus, bevor Ihr ins Heim müsst. Die Kosten trägt die Allgemeinheit (Sozialamt). Ist alles so gewollt.

  15. 24.

    Die Bewohner werden bei Insolvenz nicht umgesiedelt. Der Heimvertrag wird mit Frist gekündigt und Bewohner, Angehörige oder Betreuer müssen neues Heim suchen.

    In vielen neu gebauten Heimen gibt's nur noch Einzelzimmer. Leider wird es in Zukunft üblich sein, dass Heimbewohner zum Sozialfall werden.

    Das wird vielen Erben nicht passen. Ich habe als PDL dauernd Diskussionen mit Angehörigen bezüglich der Kosten.

  16. 23.

    Ich begrüße die Umgestaltung der Pflegeversicherung von Teilkasko auf Vollkaskoversicherung. Das bedeutet aber auch, dass die Beiträge für die Pflegeversicherung massiv steigen werden. Anders geht's nicht.

    Die diätischen Mittel muss Ihre Mutter vom Taschengeld zahlen. Normalerweise übernimmt das Sozialamt diese nicht. Einfach bescheid abwarten.

    Es wird kommen, dass Heime Insolvenz anmelden. Jeder Heimvertrag kann einseitig gekündigt werden und Bewohner, Angehörige oder Betreuer müssen suchen

  17. 22.

    Wir mussten erhöhen, da die Gehälter gestiegen sind, wir endlich 4 Azubis haben, die Wäscherei und das Essen massiv teurer geworden sind.

    Wenn eine Erhöhung kommt, muss diese von der Pflegekasse genehmigt werden. Dann wird sie mit Begründung dem Bewohner zugestellt.

    Wir müssen zum 1.9. nochmal um 500 Eur erhöhen, da Strom um 90% und Gas um 260% teurer geworden ist. Dazu kommt, dass Wäsche binnen 6 Monaten nochmal teurer geworden ist. Ebenso Lebensmittel

  18. 21.

    Kein Heim muss die Kostenkalkulation offenlegen. Ebenso ist kein Heim zur Aufnahme eines bestimmten Bürgers verpflichtet

    Wenn Bewohner eine Kostenerhöhung erhalten, liegt dem die Genehmigung der Pflegekasse zugrunde. Wenn Bewohner dies nicht akzeptieren, können sie umziehen.

    Niemand druckt mit Heimen Geld. Das ist ne Aussage von jemandem, der von Kalkulation oder Heimleitung keine Ahnung hat.

    Sobald Kosten steigen, werden diese weitergegeben. Anders geht's nicht.

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