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Audio: Antenne Brandenburg | 04.08.2022 | Magdalena Dercz | Quelle: dpa/P. Pleul

Trockenheit in Deutschland und Polen

Wasserstand der Oder nur wenige Zentimeter über historischem Extremwert

Sowohl in Polen als auch in Deutschland liegen die Wasserstände der Oder fast so tief wie in den Trockenjahren 2015 und 2018. Darüber, wie mit der wiederkehrenden Dürre umgegangen werden soll, haben die Länder jedoch unterschiedliche Auffassungen.

Rund 13 Zentimeter liegt der Wasserpegel der Oder bei Frankfurt am Donnerstag über dem dort jemals gemessenen Niedrigwasser-Wert von 77 Zentimeter aus dem Jahr 2015. Zu Beginn der Woche war der Fluss diesem Extremwert mit einem Wasserstand von 81 Zentimeter bereits äußerst nah, wie die Pegeldaten des Landesamts für Umwelt zeigen.

"Extremes Wasserdefizit"

Niedrigwasser in der Oder gefährdet Unteres Odertal und Fisch-Bestände

Niedrige Pegelstände in der Oder legen derzeit große Sandbänke frei. Der Wassermangel erreicht den Nationalpark Unteres Odertal. Dessen Leiter spricht von historischen Extremen und einer Gefahr für die Lebensräume.

"Lokale Niederschläge spüren wir kaum"

Aktuell sagen die Prognosen im Pegelportal des Landesamts für Umwelt für die nächsten Tage einen steigenden Wasserstand voraus. Cornelia Lauschke, Hydrologien am Wasser- und Schifffahrtsamt, will jedoch nicht ausschließen, dass in diesem Jahr neue Extremwerte erreicht werden. "Ich habe gesehen, dass es im obersten Einflussgebiet in Polen geregnet hat. Aber wenn es immer nur lokal regnet, spüren wir das kaum." Solange sich die Situation in den polnischen und tschechischen Einflussgebieten von Oder und Neiße nicht ändere, könnten die Wasserstände in Brandenburg weiter fallen.

In Polen sorgt sich Grzegorz Walijewski, Hydrologe am Polnischen Institut für Meteorologie und Wasserwirtschaft, ebenfalls über die ausbleibenden Niederschläge in diesem Jahr. Regenfälle über mehrere Tage seien nicht in Sicht. "Die hohen Temperaturen verursachen hingegen Verdunstungen, die das Flusswasser noch weniger werden lassen", sagt Walijewski.

Trockenheit verändert langfristig Auenwald

Schiffe können auf der Oder bereits seit Wochen nicht mehr fahren. Momentan könne nicht einmal die Fahrrinne ermittelt werden, da der Wasserstand auch für die Messschiffe der Behörde zu niedrig sei, sagt Lauschke. Die Hydrologin schätzt die Tiefe der Fahrrinne bei Frankfurt noch auf etwa einen halben Meter.

Anhaltende Dürre

Fischer warnen vor Folgen des Wassermangels - Einschränkungen im Spreewald drohen

Es regnet zu selten - und das wenige Wasser wird kaum in der Region gehalten. Austrocknende Gewässer werden so zum Problem für Fische, die nun wie auf einem Präsentierteller für Raubvögel liegen.

Den Wassermangel der Oder bekommt nicht nur die Binnenschifffahrt zu spüren. Auch Industriebetriebe und Landwirte im Osten Brandenburgs und der angrenzenden Woiwodschaft Lebus sind betroffen. In Polen fehlt zudem in manchen Brunnen, die noch Haushalte mit Wasser versorgen, das Wasser. Negative Auswirkungen fürchtet Dirk Treichel, Leiter des Nationalparks Unteres Odertal, unter anderem für die Auen-Wälder in den Uferbereichen. Sie sind auf das Wasser angewiesen. Wenn niedrige Wasserstände häufiger werden, würden sich die typischen Arten zurückziehen. "Arten, die mit Trockenheit klarkommen, werden sich dann dort ausbreiten", sagt Treichel.

Polen will weitere Staustufen bauen

Extrem niedrige Wasserstände führte die Oder bereits 2015 und 2018. Im weiteren Verlauf des Klimawandels sollen Dürreperioden im Sommer zunehmen. Polen will den drohenden Wassermangel mit einem Infrastrukturprogramm mildern. Mit 22 Milliarden Zloty, umgerechnet rund 4,5 Milliarden Euro, will das Infrastrukturministerium verstärkt Niederschlagswasser auffangen. "Mit diesen Mitteln soll vor allem der Bau von Rückhaltebecken für Niederschlagswasser, sogenannte Retentionsbehälter, finanziert werden"sagt Mariusz Przybylski von der Wasserbehörde "Polnische Gewässer".

Er hält auch den Bau weiterer Staustufen in der Oder für eine sinnvolle Maßnahme. "Der Ausbau von Staustufen wird helfen, Wasser im Fluss zu behalten", so Przybylski. Umweltschützer aus Deutschland sehen das anders. Flussregulierungen wie diese zerstörten die Ökosysteme des Flusses. Das sei nicht mehr zeitgemäß, findet Sascha Maier, Gewässerreferent beim Bund für Umwelt- und Naturschutz. Auch die auf polnischer Seite geplanten Vertiefung der Fahrrinne lehnen Umweltschützer in Deutschland wie auch das Land Brandenburg ab.

Derzeit gibt es keine andere Wahl, als Wasser zu sparen. Wie lange die angespannte Lage andauere, sei vollkommen offen. "Ich kenne keine positiven Prognosen", sagt Cornelia Lauschke, vom Wasser- und Schifffahrtsamt.

Mit Material von Magdalena Dercz

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.08.2022, 16:42 Uhr

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