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Quelle: dpa/Patrick Pleul

FAQ | Ende der Förderung

Was mit alten Windrädern passiert

Hunderte Windkraftanlagen, die seit 20 Jahren in Brandenburg in Betrieb waren, sollen abgebaut werden, obwohl sie noch Strom produzieren. Wann sie doch noch weiterlaufen können und was aus alten Windrädern wird erklärt Efthymis Angeloudis im rbb|24-Überblick.

Sauber soll sie sein, kostenlos und unerschöpflich. Doch was für Windkraft gilt, trifft nicht immer auf Windkraftanlagen zu. 20 Tonnen Stahl, Kupfer und Beton kommen schließlich auch nicht aus dem Nichts.

429 von ihnen, bei denen die auf 20 Jahre befristete Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ausläuft, sollen nun in Brandenburg stillgelegt werden. Der weitere Betrieb lohnt sich wirtschaftlich nicht mehr, obwohl diese Windräder weiterhin Strom produzieren. Was wird also aus den stählernen Riesen nach dem Rückbau, und was aus den Flächen, auf denen sie stehen?

Warum werden Windkraftanlagen nach 20 Jahren abgebaut?

Zunächst: Nicht alle Windkraftanlagen werden nach 20 Jahren abgebaut. "Eine Windenergieanlage ist technisch in der Lage, deutlich länger als 20 Jahre Strom zu erzeugen", sagt Jürgen Quentin von der Fachagentur Windenergie an Land, die die öffentliche Hand, Unternehmen und Naturschutzverbände berät. "Auf 20 Jahre begrenzt ist jedoch die Vergütung, die ein Anlagenbetreiber für den erzeugten Strom auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erhält. Danach muss sich der Weiterbetrieb über den Stromverkauf an der Börse finanzieren."

Für viele Betreiber ist das gar nicht so leicht, da zusammen mit dem Wegfall der Vergütung auch ganz andere Kosten für den Erhalt der Anlage entstehen. Ein Windrad muss nach 20 Jahren erstmals einer großen Weiterbetriebsprüfung unterzogen werden, die mit hohen Kosten verbunden ist. Auch laufen nach 20 Jahren viele der Pachtverträge aus, die die Betreiber mit den Eigentümern der Fläche unterschrieben haben.

In Deutschland sind jedoch weiterhin 4.430 Anlagen in Betrieb, die allesamt älter als 20 Jahre sind und trotzdem weiter Strom prodzieren. In Brandenburg sind es immerhin 310 Anlagen, die dieses Alter übertreffen.

Wann rentiert sich der Weiterbetrieb einer Windkraftanlage?

Das hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Höhe der Grundstückspacht, den Wartungsverträgen und dem Ersatzteilbedarf. "Alte Anlagen können sich durchaus auch ohne Förderung rechnen. Fallen große Reparaturen an, wird das dann aber auch schwierig", sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin rbb|24.

Ein besonders wichtiger Faktor sind nicht zuletzt die Strompreise, die im August in Deutschland auf ein neues Rekordhoch geklettert sind [tagesschau.de]. Das macht einen Fortbetrieb natürlich lukrativ. 2020 sah das noch völlig anders aus. An der Leipziger Strombörse hatten die Preise kräftig nachgegeben. Im Zuge der Corona-Pandemie hatten sie sich fast halbiert.

Wer nach Auslaufen der Förderung nur noch zwei Cent pro Kilowattstunde bekommt [mdr.de] und mit drei bis fünf Cent Betriebskosten pro Kilowattstunde rechnen muss, für den lohnt sich der Betrieb ohne Netzvergütungszulage nicht. "Um eine Anlage finanzieren zu können, braucht man aber verlässliche Rahmenbedingungen über 20 Jahre", erklärt Quaschning.

Sind die alten Windkraftanlagen weniger effizient als die neuen?

Neue Windkraftanlagen sind meist größer, ernten den Wind in größeren Höhen und können damit deutlich mehr Strom zu niedrigeren Kosten produzieren. Hatten die Anlagen in den neunziger Jahren eine Leistung von 500 bis 800 Kilowatt und im Jahr 2000 um die 1.000 Kilowatt, verfügen neue Anlagen über vier oder sogar sechs Megawatt. Das heißt, mit einer Windkraftanlage kann man heute sechs 20 Jahre alte Windräder ersetzen.

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Was passiert mit den alten Windkraftanlagen?

"Da stellt sich die Frage, lohnt sich der Weiterbetrieb", sagt Jürgen Quentin. "Wenn der Betreiber damit kein Geld verdienen kann, wird er sie stilllegen. Und wenn sie noch in Schuss ist, kann er sich einen Käufer suchen, wenn nicht dann ein Abbruchunternehmen." Alte Windkraftanlagen werden häufig ins Ausland verkauft. Auf Portalen werden ausrangierte Anlagen gehandelt und oft in Osteuropa wieder aufgebaut.

Aber auch Windkraftanlagen die nicht mehr betriebsfähig sind, finden ihre Abnehmer. Windkraftanlagen bestehen auf das Gewicht bezogen aus über 90 Prozent Stahl und anderen Edelmetallen. Der Stahl- und Kupferpreis wird ebenfalls immer teurer, so dass Betreiber die Anlage zu gute Preisen verkaufen können.

Schwieriger wird es beim Recycling der Rotorblätter, die aus Verbundswerkstoff bestehen und nur teilweise in der Zementindustrie verbrannt werden können [energieagentur.nrw].

Was passiert aus den für die Windräder bereitgestellten Flächen?

"Wird die Anlage endgültig stillgelegt, muss sie zurückgebaut werden", sagt Quentin. Und die Rückbauverpflichtung werde durch eine finanzielle Bankbürgschaft abgesichert. Der Landkreis hat Zugriff auf diese Gelder und kann, falls der Betreiber das nicht tut, das Windrad zurückbauen lassen.

Unklar ist, an wie vielen Standorten neue Windräder errichtet werden können. Dies wird als Repowering bezeichnet. Die Windräder von heute sind auch deshalb effektiver, weil sie höher sind und längere Rotorblätter haben. Das kann allerdings dazu führen, dass Abstände zu Wohngebieten größer sein müssen.

Viele Windrad-Standorte kommen daher für einen Austausch durch größere Neuanlagen nicht in Frage. Die Fachagentur Windenergie an Land geht davon aus, dass höchstens 60 Prozent der Anlagen in Deutschland durch leistungsstärkere ersetzt werden können. Wie viele von den 429 alten Anlagen in Brandenburg ersetzt werden können, bleibt abzuwarten. Nach Erkenntnissen der Landesregierung dürften zwei Drittel am selben Standort nicht zu ersetzen sein.

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