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Video: rbb24 Spät | 19.09.2022 | Uwe Wichert | Quelle: dpa-Zentralbild

Drastisch gestiegene Energiekosten

Unis wollen Präsenzbetrieb auch im Winter fortsetzen

Die Kosten für Heizung und Strom werden auch die Hochschulen dramatisch treffen: Die TU Berlin etwa rechnet für dieses Jahr mit doppelt soviel Ausgaben - und 2023 mit bis zu fünfmal soviel. Die Studierenden sollen trotzdem nicht wieder ins Homeoffice.

Die Berliner Hochschulen und die Senatsverwaltung für Wissenschaft wollen den Präsenzbetrieb auch im Winter fortsetzen, trotz drastisch steigender Energiekosten. Das erklärten mehrere Hochschulvertreter sowie die Wissenschaftsstaatssekretärin am Montag bei einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. "Eine Generation, die zu Hause studiert und friert, können wir uns nicht leisten", sagte die Staatssekretärin Armaghan Naghipour.

Das Homeoffice spare keine Energie, diese werde dann zuhause verbraucht, sagte Andreas Wanke, Leiter der Stabsstelle für Nachhaltigkeit und Energie an der FU Berlin. "Wir können im Gegenteil eher sicher sein, dass diejenigen, die in der Uni sind, zu Hause den Thermostat abdrehen", sagte Wanke.

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TU rechnet mit fünfmal höheren Energiekosten

Das Land Berlin hat alle öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, zehn Prozent an Energie zu sparen, die Bundesregierung geht über diese Forderungen in manchen Punkten noch hinaus. Das soll dazu beitragen, die Folgen der Preissteigerungen wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine abzumildern. Das Einsparziel selbst bezeichneten mehrere Hochschulvertreter am Montag prinzipiell als erreichbar. Die bekanntesten Maßnahmen: Das Senken der Raum- und Wassertemperaturen.

Wegen der zu erwartenden Preissteigerungen aber stehen die Hochschulen vor enormen finanziellen Problemen, denn sie fallen bisher nicht unter die geplante Energiekostenrücklage der Bundesregierung. Die TU Berlin rechnet nach Angaben ihrer Präsidentin Geraldine Rauch mit bis zu fünfmal so hohen Kosten für Strom, Gas und Fernwärme im kommenden Jahr. Bisher hätten diese Kosten bei 24 Millionen Euro gelegen. "Für 2023 rechnen wir mit 90 bis 140 Millionen Euro". Man sei momentan im Blindflug, was den Haushalt im nächsten Jahr angehe, sagte Rauch dem rbb. Auf die Frage, wie die Hochschule diese wesentlich höheren Kosten bezahlen wolle, antwortete Rauch: "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich habe keine Ahnung."

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Auch die Freie Universität Berlin kann die Mehrkosten noch nicht beziffern. Universitätspräsident Günter Ziegler geht aber von einem zweistelligen Millionenbetrag aus. Genau abschätzen ließe sich das derzeit aber noch nicht. Man sei im Gespräch mit dem Land Berlin, wie die massiven steigenden Energiekosten abgedeckt werden könnten, sagte Ziegler am Montag dem rbb. "Es ist völlig klar, dass wir diese zusätzlichen Energiekosten nicht aus den regulären Budgets der Universität und der Hochschulen tragen können."

Die Berliner Wissenschaftsverwaltung teilte dem rbb am Abend mit, man arbeite an einer Lösung. Zuvor hatte Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) die Bundesregierung aufgefordert, die Hochschulen mit in das geplante Entlastungspaket aufzunehmen. "Wir dürfen keinesfalls riskieren, dass die Hochschulen aus Not und gegen ihren eigenen Willen zu Mitteln greifen, die der wichtigen Präsenzlehre schaden, für die wir uns gemeinsam - Land und Hochschulen - nach fünf Online-Semestern so sehr einsetzen. Das Energieproblem würde ansonsten auf die 200.000 Studierenden in Berlin abgewälzt", sagte Gote dem rbb.

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Die müssen sich zum Jahresende hin wohl auf eingeschränkte Öffnungszeiten einstellen, viele andere Möglichkeiten habe die Uni nicht, spürbar Energie einzusparen, sagte die TU-Präsidentin am Montag. Ohne Einschränkungen für den Betrieb werde es nichts gehen, da dürfe man sich nichts vormachen. Bedeutet: Vom 16. Dezember bis einschließlich 2. Januar sollen die TU-Gebäude geschlossen werden, das zumindest planen die Verantwortlichen laut einer E-Mail, die Studierende am Montag erhielten - in dieser Zeit gibt es also doch Homeoffice.

Auch das nächtliche Schließen der Gebäude zwischen 22 und 5 Uhr wird gerade diskutiert. "Beides ist hochkritisch, weil man sehen muss, dass gerade Studierende häufig bis spät in die Nacht irgendwo gemeinschaftlich sitzen und jetzt, gerade nachdem Corona überwunden ist, sich wieder zusammenfinden, um gemeinsam zu lernen. Insofern sind wir auch da noch am Prüfen, was geht", sagte Rauch dem rbb.

Man werde nicht alle Gebäude offen halten können, das sei unrealistisch. Das Audimax zum Beispiel wird wegen seiner ineffizienten Lüftungsanlage definitiv bis auf Weiteres geschlossen, die Veranstaltungen werden auf andere Räume verteilt. Die TU etwa arbeitet nach Rauchs Angaben gerade eine 35 Punkte lange Liste zum Energiesparen ab. "Es wird vielleicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, aber dafür sind es halt viele Tröpfchen, trotz allem", sagte Rauch.

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Die Freie Universität plant 2022 zum ersten Mal seit Jahren keine Schließung über Weihnachten, allerdings nur weil der Personalrat geklagt und ein Gericht diesem Recht gegeben hatte. Durch die Schließungen in den vergangenen Jahren hat die Universität nach Angaben von Präsident Ziegler jedes Jahr rund eine halbe Million Euro eingespart.

Die Bundesländer Berlin, Thüringen und Brandenburg überlassen die Entscheidung, ob sie zum Jahreswechsel schließen möchten, den einzelnen Hochschulen. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller sagte vor kurzem, dass die Sicherstellung von Präsenzunterricht und Präsenzlehre auch aus der Sicht der Bundesnetzagentur oberste Priorität genieße und Schulen, Hochschulen und Universitäten als "geschützte Kunden" im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes auf jeden Fall mit Energie versorgt würden.

Mehrere Studierende bezeichneten ein längeres Schließen der Hochschule im Gespräch mit dem rbb am Montag als unfair. Den Einzelnen zuhause heizen zu lassen sei ineffizienter, als mehrere Studierende in gemeinsamen Räumen zu unterrichten - das Problem werde nur verlagert.

Sendung: rbb24 Spät, 19.09.2022, 21:45 Uhr

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