Hohe Gaspreise in Brandenburg - Und plötzlich 1.515 Euro Heizkosten

So 18.09.22 | 07:38 Uhr | Von Marcus Latton
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Geldbörse mit Geldscheinen auf Heizung, Symbolfoto steigende Heizkosten. (Foto: picture alliance / CHROMORANGE)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 16.09.2022 | Carsten Krippahl | Bild: picture alliance / CHROMORANGE

Immer mehr Menschen in Brandenburg kommen aufgrund der hohen Gaspreise in Existenznöte. Verbraucherschützer empfehlen: Kunden sollten von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und den Anbieter wechseln. Von Marcus Latton

Manchmal ist es nur ein Brief in der Post, der einem die Luft zum Atmen abschnürt. So geschah es auch im Fall von Nicole Kienzle. Mit ihrem Mann und ihrer Mutter wohnt sie in einem Haus in Schenkenberg im Landkreis Potsdam-Mittelmark. In dem Umschlag, der vor kurzem in ihrem Briefkasten lag, befand sich die Hiobsbotschaft: Ihre monatliche Gasrechnung steigt ab 1. November von 143 Euro auf 1.515 Euro.

"Das ist das, was mein Mann im Monat verdient", sagt Kienzle. "Das ist existenziell, ich wache nachts schweißgebadet auf, weil einen das nicht in Ruhe lässt." Dabei hatte die Familie erst vor kurzem mehrere Tausend Euro in eine neue, effizientere Gasheizung investiert, um Heizkosten zu sparen - ein Vorhaben, das durch die Gaspreiserhöhungen zunichte gemacht wurde.

Gasanbieterwechsel lohnt sich – meistens

So wie Nicole Kienzle blicken gerade viele Gaskunden auf ihre Rechnung. Saftige Erhöhungen des Gaspreises, die das monatliche Einkommen auf ein Minimum reduzieren, sind für sie existenzbedrohend. Kienzles bisheriger Gasanbieter Mitgas Mitteldeutsche Gasversorgung versorgt in Berlin und Brandenburg knapp 20.000 Kunden.

Viele wollen nun ihren Gasanbieter wechseln. Während in Berlin die Gasag als Grundversorger für die Stadtbewohner als Anbieter offensteht, hängt es in Brandenburg davon ab, in welchem Landkreis man wohnt. In Kienzles Landkreis Potsdam-Mittelmark zum Beispiel ist die Energie Mark Brandenburg (EMB) der Grundversorger. Der hat ihr einen Gas-Vertrag mit 700 Euro pro Monat angeboten. "Auch das ist noch viel Geld", sagt Kienzle.

Sonderkündigungsrecht nutzen

Verbraucherschützer weisen darauf hin: Bei Preiserhöhungen beim Gas bietet sich die Möglichkeit des Sonderkündigungsrechts, bei dem die Kündigungsfrist beim Anbieter auf vier Wochen verkürzt wird und schneller in einen günstigeren Tarif gewechselt werden kann. "Es ist natürlich im Moment schwierig, einen anderen Anbieter zu finden", sagt Stefanie Kahnert von der Verbraucherzentrale Brandenburg. "Da muss der Verbraucher dann individuell schauen, ob es eine Möglichkeit beim Grundversorger vor Ort gibt oder eine Alternative."

Auch wenn Nicole Kienzle in Schenkenberg den Vertrag mit Mitgas gekündigt hat und das Angebot von EMB immerhin um mehr als die Hälfte günstiger ist: Hart getroffen wäre ihre Familie auch in diesem Fall. "Wir wollen doch keinen Luxus, sondern einfach nur vernünftig leben. Wo sollen wir denn noch sparen?", sagt sie.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 16.9.2022, 19.30 Uhr

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Beitrag von Marcus Latton

46 Kommentare

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  1. 45.

    Nun kann sich doch wohl nicht jeder Stadtmieter irgendwo in der Pampa so ein Autarkes Haus bauen.

  2. 44.

    Ich glaube Sie kennen die Preise nicht. Eine PV Anlage (10 KW mit Speicher) ca. 30.000.€. Neue Gasheizung ca. 1oooo €. Habe beides dieses Jahr in verschiedenen Objekten realisiert. Ihrer Antwort merkt man den gegenwärtig grünen Mainstream an. EE ist ein Allheilmittel aber bei den Randbedingungen habe ich keine Ahnung aber trotzdem werde ich mich dazu äußern. Übrigens muss man 10000€ oder 30000 auch erst einmal haben.

  3. 43.

    @RBB: Ist "zu Nichte machen" etwa neue Rechtschreibung 3.0? Hab ich da etwas nicht mitbekommen? :-)) Was hat die Nichte da zu suchen? Bitte korrigieren Sie den Fehler, dankeschön!

  4. 42.

    Es wird Zeit dass der Staat eingreift und zwar mit einer Deckelung der Energiepreise wie sie in Frankreich im nächsten Jahr in Kraft treten sollen.
    Oder will hier etwa irgend jemand behaupten das Frankreich ein von Kommunisten regiertes Land ist?

  5. 40.

    Deutschland hat eigentlich alles im eigenen Land um sich mit Energie zu versorgen. Aber aus ideologischen Gründen wird es nicht gefördert. Da ist es anscheinend besser sauberen Atomstrom aus France, Kohlestrom aus Polen, Frackinggas aus Übersee und Öl aus den nahen Osten einzuführen. Das dies aber für die Durchschnittsbevölkerung auf Dauer bei den Steuer/Abgabelasten nicht bezahlbar ist dürfte dem Bürger so langsam bewußt werden.

  6. 39.

    Was macht man eigentlich, wenn das ganze über den Vermieter läuft? Ich habe zum Beispiel keine Ahnung, mit wem sie einen Vertrag haben. Nutzen Fernwärme in einem Neubau. Ich vermute daher Vattenfall? Unser Vermieter hat lediglich angeboten, den Abschlag zu erhöhen. Über die Höhe soll man aber selbst entscheiden.

  7. 38.

    Sehe ich anders. Wenn wir nichts unternehmen würden, wäre Putin bald vor unserer Haustür. Immer nur an sich selber denken ist sehr egoistisch.

  8. 36.

    Ehrlich sein und zugeben das eine falsche Entscheidung getroffen wurde. Stand vor über einem Jahr ( nix Ukraine) vor der Wahl neue Gasheizung oder PV Anlage. Preislich kein Unterschied. Allerdings musste ich deutlich höhere Strom und Gasabschläge zahlen und freue mich nun auf die Erstattung.
    Wer meint die neue Regierung ist verantwortlich hat die Marktwirtschaft nicht verstanden.

  9. 35.

    Nur ist immer die aktuelle Regierung verantwortlich.

    Der Fehler war, dass sich Deutschland in der Frage Ukraine nicht neutral verhalten hat.

    Deutschland muss nicht immer vorpreschen. Aktuell schaden die Sanktionen uns viel mehr als Russland

  10. 34.

    Unsinn. Die Sanktionen treffen uns viel härter als die russische Wirtschaft.

    Wenn wir weder Öl noch Gas aus Russland beziehen, verkürzt das den Krieg nicht.

    Erstmal muss das eigene Volk abgesichert sein und erst dann kommt die Ukraine.

  11. 33.

    Und die Leute haben jahrelang von diesem Billiganbieter profitiert. Da haben Sie nichts gesagt? Die Menschen haben auch auf Empfehlungen von Experten immer nach dem günstigsten Anbieter gesucht und entsprechend immer gewechselt. Wenn nun diese Verträge bzw. Konditionen auslaufen, dann ist das Geschrei groß. Billigtarife sind derzeit unrentabel für Anbieter. Da bleibt der Wechsel zum Grundversorger. Den haben einige gemieden, weil Geiz ist geil.

  12. 32.

    Sie können die Marktlage sowie die Kalkulation der Anbieter deuten?

    Wie kommen Sie auf die Idee, dass die Preise nicht der Marktlage entsprechen?

    Wenn einem Kunden der Anbieter zu teuer ist, besteht die Möglichkeit des Wechsels.

  13. 31.

    Also hier war in den 70er Jahren Schluss mit Stadtgas.
    Das was gebäudetechnisch noch übrig ist, wird nun aufwändig wieder nutzbar gemacht. Für Wohn- oder Gewerbezwecke oder einfach nur um die Umweltgefährdung zu beseitigen. Da stehen keine Anlagen mehr.
    Alles gut so, das ist beim besten Willen keine saubere Geschichte für die heutige Zeit, mitten in der Stadt.
    Kohle sinnvoll direkt verbrennen, um woanders Gas einzusparen ist in der jetzigen Lage der bessere Weg.
    Ob man langfristig Kohle zu Gas wieder aktiviert, glaub ich nicht aber glauben heißt nicht wissen. Ist ja alles fossil und das hilft uns eigentlich nicht weiter.

  14. 30.

    Kleine Einmalzahlungen nützen kaum.
    Jetzt werden die Folgen der Politik der letzten Legislaturperioden noch deutlich sichtbarer:
    Niedrige Löhne, niedrige Renten. Hohe Sozial- und Steuerabgaben.
    Extrem ungleiche Wohlstandsverteilung.
    Extrem ungleiche Vermögensverteilung.
    Hier müssen grundsätzliche Änderungen erfolgen.
    Kapitalgesellschaften, Großaktionäre müssen endlich ordentlich Steuern zahlen.
    Die Steuervermeidung und Steuerhinterziehung von Konzernen muss endlich unterbunden werden.

  15. 29.

    Wollen Sie sich nicht etwas länger mit Begriffen wie „sinnvoller Energiemix“ beschäftigen und auch damit, ob dies strategisch bedeutend ist? Und preiswertes Gas, als ein Baustein, war so falsch nicht.... für Ihren Geldbeutel.
    Es zeigt sich nun, wer wie mit neuen Situationen umgehen kann und wer es „drauf“ hat: z.B. bei Zufallsgewinnen...gleich beim Bürger belassen statt ... ungerechte bürokratische Umverteilung z.B?

  16. 28.

    Da das nicht aufzuhalten scheint sollten vorausschauende Menschen für die Zukunft planen.
    Mit der Energiewende wurde, u.a. wegen des Kohlelobbyismus 20 Jahre zu spät bzw. in unzureichendem Umfang begonnen. Auf das Staatswesen sollte man sich nicht verlassen. Wer jetzt Jahrzehnte in alle Richtungen vorausdenkt verlässt sich nicht zur sehr auf digitale Elektronik. Der investiert in ein (Niedrigenergie-)Haus außerhalb der Ballungsgebiete mit der Sicherungsklasse RC4; hat eine Wasseraufbereitungsanlage und erzeugt möglichst Wärme und Strom überwiegend aus regenerativen Energien. Autark sein, das ist der wahrscheinlich beste Weg für langmöglichste Erhaltung des Wohlstandes in Europa. Die Superreichen leben weiterhin im Luxus auf riesigen künstlichen Inseln.

  17. 27.

    Das dass keiner kapiert. Der Markt funktioniert überhaupt nicht mehr. Alle Sonderanbieter müssen über kurz oder lang teuerer als der Grundversorger werden.
    Was hier nur langfristig hilft, ist die Intervention des Staates, die Aussetzung des Energiemarkts und die übergangsweise Festsetzung der Preise.
    Andere kapitalistische Länder machen das längst, nur Deutschland betet weiter den Marktliberalismus an, bis zum bitteren Ende.

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