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Quelle: imago/Eibner

Der Absacker

Wenn Saunen zum Symbol der Hoffnung werden

Die R-Werte steigen, im Westen Deutschlands machen die ersten Landkreise dicht - und Berlin geht den bisher größten Lockerungsschritt. Das Timing in der Hauptstadt ist einmal mehr interessant. Von Sarah Mühlberger

Am Arbeitsplatz meiner Freundin S. geht es heiß her, zumindest wenn nicht gerade Corona ist. Die Pandemie aber ist für ihren Arbeitgeber, einen Berliner Saunenbetreiber, zunehmend schwierig, die erhoffte Lockerung bleibt bislang aus. Es ist ein bisschen wie früher in der Sportstunde, wenn einer sich die Mannschaft zusammenwählt: Nach und nach werden alle aufgerufen, und je weniger am Ende stehen bleiben, desto demütigender ... vielleicht kennen Sie das Gefühl?

Wenn der Senat in den vergangenen Wochen in Pressekonferenzen über weitere Corona-Lockerungen informierte, dann schrieben S. und ich uns währenddessen, ich versprach, mich zu melden, falls es gute Nachrichten gibt. Aber immer wieder hieß es am Ende: Nein, der Ofen bleibt aus (wofür es gute Gründe gibt).

Nach der heutigen Runde Lockerungen ist in Berlin nun fast alles wieder erlaubt. Fast. Der Senat hat zum Thema "Verbote" nur noch einen Satz formuliert, den habe ich S. vorhin geschickt:

"Tanzlustbarkeiten, Tanzveranstaltungen und Ähnliches, Saunen, Dampfbäder und Ähnliches, die Erbringung sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt sind untersagt."

Das ist natürlich besonders fies: Nicht mitspielen dürfen, und jetzt auch noch offiziell mit den Bordellen in der gefühlten Schmuddelecke stehen. Ich versuche es mal mit einem etwas positiveren Bild: Die Saunen sind in der Corona-Zeit der Regenbogen nach dem Gewitter. Wenn sie wieder aufmachen, dann liegt das Schlimmste hinter uns.

Aktuell

Bußgeld für Maskenverweigerer kommt

Berlin schafft Kontaktbeschränkungen ab

   

1. Was vom Tag bleibt

Von Samstag an fallen in Berlin die Kontaktbeschränkungen - Sie können dann ihre 15 Kegelfreundinnen in der Kneipe treffen und sie dürfen/müssen auch wieder mit der ganzen Verwandtschaft ihren Geburtstag feiern.

Der Zeitpunkt dieser großen Lockerung fühlte sich ein bisschen unglücklich an, nachdem kurz zuvor ein großer Corona-Ausbruch in einem Wohnblock in Friedrichshain bekannt geworden war, und nachdem heute die ersten westdeutschen Landkreise Lockdowns verhängten [tagesschau.de].

Aber erstens kennen wir ja hier in Berlin (wo Flughäfen, wenn überhaupt, gern dann eröffnen, wenn sie am wenigsten gebraucht werden) das Konzept "schlechtes Timing" ganz gut. Und zweitens führt das Robert Koch-Institut zumindest die steigenden R-Werte auf lokale Ausbrüche zurück (darunter den in Neukölln) und nicht auf eine breitflächige ansteigende Ausbreitung des Coronavirus.

Und drittens hat Berlin nicht nur gelockert, sondern auch verschärft: Wer an Orten, an denen Maskenpflicht gilt, keine trägt, muss künftig mit einem Bußgeld "zwischen 50 und 500 Euro" rechnen.

Und Innensenator Andreas Geisel sieht zwar trotz der illegalen Park-Partys mit mehreren Hundert Teilnehmern, wie in der Hasenheide vor einigen Tagen keine größeren Probleme, er fordert aber härtere Strafen für diejenigen, die festgenommen werden, um ein Exempel zu statuieren. Irgendwann in diesem Sommer werden wir wissen, welche Folgen dieser Mix aus Strafen und Lockerungen haben wird.

Morgen ist erst einmal letzter Schultag, dann gibt es Zeugnisse - und wenn Ihnen heute nach etwas Inspiration ist, dann schauen Sie sich doch gern unser Video über geflüchtete Schüler an, die fünf Jahre nach der Ankunft in Deutschland ein Einser-Abi hingelegt haben, und lassen sich beeindrucken.

2. Abschalten.

Ich finde ja, dass sich bei kaum etwas so gut abschalten lässt wie beim Schwimmen. Und da es zuletzt im Absacker hier und da um Brandenburg-Lobhudeleien ging und nicht wenige Brandenburger Absacker-Leser anschließend besorgt waren ob des erwarteten Ansturms der Berliner, möchte ich Sie heute weg von den Brandenburger Seen locken, mit einem auf den ersten Blick wenig originellen Tipp: Gehen Sie doch mal wieder ins Freibad! Erstens: Die Berliner Bäder haben es dringend nötig. Ich habe gerade nachgeguckt: Obwohl wir mitten in einer kleinen Hitzewelle sind und die Tickets streng limitiert, gibt es in vielen Sommerbädern noch Karten für die nächsten Tage.

Möglicherweise haben Sie Bedenken. Wenn ich privat vom Freibad-Besuch schwärme, dann sind die Top 3 Gegenargumente meistens: Zu voll. Man kann nicht richtig schwimmen. Die Stimmung ist gereizt.

Bei einem Freibad-Besuch in Corona-Zeiten stimmt nichts von all dem. Es ist idyllisch leer, auf der Wiese und im Becken. Sie müssen keine Sorge haben, dass Ihnen als Schwimmer jemand auf den Kopf springt und mit etwas Glück müssen Sie nicht einmal ausweichen oder überholen. Die allgemeine Stimmung ist wahnsinnig entspannt. Okay, wenn Sie am liebsten warm duschen, müssen Sie damit vielleicht bis zu Hause warten. Aber dafür gibt es Pommes ohne Pommesschlange!

Corona put the "Frei" in Freibad. Hier zu sehen: Columbiabad Neukölln. | Quelle: imago images/Andreas Gora

Wer ich bin

Mit elf Jahren hat sie das erste und einzige Interview ihres Lebens gegeben: Sarah Mühlberger ist im Berliner Südwesten Tür an Tür mit Kaufhauserpresser "Dagobert" aufgewachsen. Damals hat sie beschlossen, Fragen lieber selbst zu stellen. Seit ihrer Rückkehr von einem mehrjährigen Bayern-Aufenthalt sind die Antworten ihrer Interviewpartner für sie auch wieder leichter zu verstehen.

3. Und, wie geht's?

Morgen gehen in Berlin und Brandenburg die Sommerferien los - und das dürfte vielen Eltern Erleichterung bringen. So beschreibt Absacker-Leserin Leonie, Mutter von drei Kindern (8, 7 und fast 2 Jahre alt), ihren aktuellen Alltag so:

Für uns vier war die Zeit des Lockdowns nicht leicht in einer kleinen Wohnung ohne Garten oder großem Park in der Nähe. Wir haben regelrecht gefeiert, als die Spielplätze wieder öffneten! Das und die teilweise Öffnung der Schulen bedeutete uns sehr viel.

Homeschooling mit Kindern in Klasse 3 und 1 ist eine Herausforderung, besonders wenn dabei ein Kleinkind herumtobt und gerade dann, wenn die Geschwister Fragen haben, Aufmerksamkeit braucht. Nun sind die Schulen wieder offen, die Erstklässler gehen einen Tag in der Woche für drei Stunden zur Schule (in der Zeit waschen sie 4x die Hände!), die Drittklässler drei mal je 90 Minuten. Insgesamt also nicht die Welt...und entlastet die Eltern nur minimal, der Großteil der Schularbeiten müssen weiterhin zu Hause erledigt werden.

Vor kurzem war in Deutschland Hausunterricht noch eine mittelschwere Straftat und nun sollen wir "nicht-studierte" Eltern wichtigen Unterrichtsstoff vermitteln, zB. die schriftliche Subtraktion und Division - na, können Sie das noch auf Anhieb? Viele Eltern merken zur Zeit, warum sie nicht den Beruf des Lehrers ergriffen haben! Wir hoffen und beten, dass nach den Sommerferien die Schule wieder einigermaßen normal stattfindet. Denn auch ich möchte meinen Kindern von der ewig-schimpfenden-und-mit-der-Schule-nervenden-Mama eine Pause gönnen.

Leonie hofft übrigens, dass die Bibliothek in ihrer Nähe bald wieder öffnet - momentan fehlt es da noch an Personal. Was vermissen Sie am meisten? Schreiben Sie uns: absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld...

Ich habe neulich schon meine Kollegen mit der wilden These behelligt, dass es in diesem Jahr deutlich mehr Mini-Fliegen als sonst gibt. Das ist natürlich nicht ganz der korrekte biologische Begriff. Ich meine diese kleinen Kerle, die an Fruchtfliegen erinnern, die aber einfach so draußen rumschwirren. Man verschluckt sie beim Joggen, sie sammeln sich auf bunten T-Shirts. Jedenfalls: Ich freue mich über sachdienliche Hinweise, wenn das zufällig ihr Spezialgebiet ist.

Bis bald!

Sarah Mühlberger

Beitrag von Sarah Mühlberger

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