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Quelle: dpa/Marko König

Der Absacker

HERGOTT, SEIN SIE GEFÄLIGST SACHLCH UND DIFFRENZIRT!1!

Leserinnen und Leser sollen Journalisten kritisieren, verbessern und widersprechen. Natürlich. Unbedingt. Aber muss es mit so viel Großbuchstaben, Fehlern und verbalen Sturmgeschützen sein? Ein Hoffen auf sprachliches Abrüsten von Haluka Maier-Borst

Wenn Sie diesen Satz hier lesen, sind Sie nicht doof. Sondern Sie haben meinen Respekt, Chapeau. Denn obwohl Rechtschreibung, Ausrufezeichen und Großbuchstaben der Überschrift nicht einladend wirken, haben Sie sich die Mühe gemacht hier draufzuklicken und weiterzulesen. Danke. Und verzeihen Sie bitte das kleine Sozialexperiment. Aber der brüllende Ton der Überschrift ist das, was uns bei rbb|24 oft entgegenschlägt.

"Fakenews", "Ampel Auf Rot !!! Wollt Ihr uns alle für dumm verkaufen?" und "Toll rbb, ihr fördert Verschwörungstheorien" sind nur einige der Sätze, die ich als Reaktion auf Artikel lesen durfte. Und das ist noch der harmlosere Rest, nachdem die Kolleginnen und Kollegen vom Social-Media-Dienst das Schlimmste gefiltert haben. Oder wie sie es sagen "Ich bin mal Kommentare schrubben."

Natürlich darf und soll jeder und jede mich kritisieren, verbessern oder einfach nur doof finden dürfen. Ich verstehe auch, dass Corona uns alle fordert und die Nerven blank liegen. Aber könnte man(n) nicht insgesamt eine Spur ruhiger und konstruktiver reden. Oder schmeißen diese Leute auch den Hackepeter kreischend gegen die Fleischereitheke, wenn er zu sehr gepfeffert war? Ist das gutes Benehmen, wenn man das Pils dem Kellner hinterherwirft, wenn es schal war? Eben.

1. Was vom Tag bleibt

Wo wir gerade beim Pils sind, gute Nachrichten für alle, die das Bier im Glas lassen und nicht der Bedienung hinterherschleudern. Ab morgen entfällt die Sperrstunde für Kneipen und Restaurants. Damit geht es wieder einen Schritt mehr in Richtung Berliner Normalität. Trotzdem bleiben natürlich viele Gäste wohl weiterhin vorsichtig und wollen zum Beispiel lieber draußen sitzen. Dort scheint ja nach bisherigem Erkenntnisstand die Ansteckungsgefahr geringer zu sein. Entsprechend überlegt man in den Berliner Bezirken auch, mehr Kulturveranstaltungen nun als Open Air Varianten zu ermöglichen.

Wichtiger als jedes Pils und jedes Open Air Konzert dürfte aber für Eltern in Berlin und Brandenburg folgende Nachricht sein: Kitas kehren zurück zum Regelbetrieb, in Berlin am 22. Juni, in Brandenburg am 15. Juni.

2. Abschalten.

Das Thema "Black Lives Matter" beschäftigt mich und meinen Freundeskreis nach wie vor. Das ist wohl ein gutes Zeichen. Weil dieses Mal nicht nur ein Anteil nehmender Beitrag auf ein soziales Netzwerk gepackt wird und dann das Leben wieder weitergeht. Wir diskutieren viel und versuchen uns ein bisschen mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Wer das auch will, bei Bento vom Spiegel gibt es zum Beispiel drei Leseempfehlungen und einige Serien- und Filmempfehlungen hat Mitvergnügen zusammengestellt.

Ansonsten ist für mich aber zur musikalischen Untermalung der letzten Woche das neue Album des Rap-Duos "Run The Jewels" geworden. Wieso? Das können Sie entweder zum Beispiel hier nachlesen [sueddeutsche.de] oder selbst für umme herausfinden. Denn das Duo hat das Album kostenlos zum Download eingestellt [runthejewels.com]. Die beiden Künstler bitten lediglich um Spenden. Auch wenn also Rap sonst nichts für Sie ist, hören Sie doch mal rein.

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding - und mehr oder weniger fest. Denn nach einer Reise in die Schweiz war er zunächst für zwei Wochen in Heimquarantäne. Und jetzt hält er sich natürlich auch an das Kontaktverbot. Jeden Abend genehmigen er und seine Kollegen sich einen Absacker und gönnen sich eine kleine Pause von der Nachrichtenlage.

3. Und, wie geht's?

Heute schreibt uns Martin, der sich anscheinend ein bisschen darüber ärgert, manchmal etwas zu umsichtig und freundlich zu sein. Zumindest im Vergleich zu anderen Menschen.

Ich bin wie jeden Tag am Wochenende zu meinen Eltern gefahren. Von Nauen nach Neustadt und zurück, natürlich wieder mit der Odec. Mein Trekkingrad ist auch immer dabei, da der ÖPNV keine Verbindung nach Bückwitz für die letzten Kilometer mehr hergibt.

Zwei Stunden lang wurde ich aber auf der Rückfahrt am Bahnsteig vertröstet und immer wieder gebeten den nächsten Zug zu nehmen. Ich natürlich freundlich wie immer, alles kein Ding. Beim dritten Zug musste ich aber mit, weil ich später am Abend meine Schicht hatte. Nach drei Minuten Diskussion mit dem Zugbegleiter durfte ich schließlich mit. Im nächsten Moment kam eine ca. 25-jährige Frau und stellte ihr E-Bike ohne Diskussion einfach quer in den Gang. Sie war auch nicht ansprechbar, denn sie hatte sich mit Kopfhörern und Sonnenbrille einfach abgeschirmt von der Außenwelt.

Worüber haben Sie sich geärgert? Wo würden Sie sich mehr Rücksicht wünschen? Schreiben Sie uns gerne an absacker@rbb-online.de. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht.

4. Ein weites Feld...

Sei es nun im ersten Teil des Absackers oben oder auch in der Zuschrift von Martin, bislang ging es viel um das rüpelige Verhalten einzelner Menschen. Und die nehmen damit eigentlich schon viel zu viel Platz hier ein. Darum hätte ich eine kleine Bitte an Sie, die stille Mehrheit der Mitlesenden.

Ich weiß, manche Diskussion im Netz ist anstrengend und nicht gerade angenehm im Ton. Aber könnten Sie vielleicht hin und wieder, sagen wir mal alle zehn Artikel, trotzdem ihr Wort erheben und einfach kühl und sachlich darunter kommentieren? Sie können gerne sagen, dass ich oder wer auch immer falsch liegt, wenn das Ihre Meinung ist. Wie gesagt, es geht mir nur um das Gesprächsklima und dass den lauten Brüllern mehr kühle, bedachte Meinungen gegenüberstehen.

Ich schreibe im Gegenzug nächstes Mal dann auch ganz ohne Ausrufezeichen und versuche weiterhin kühl und einigermaßen clever auf die Leserzuschriften zu antworten. Auch auf die mit den vielen Ausrufezeichen.

Danke, sagt schonmal

Haluka Maier-Borst

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