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Quelle: rbb / Sophia bernert

An der Tanke in Brandenburg

"Ich fühle mich hier wohl"

Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Angermünder, der sich für die Dörfer in der Uckermark einsetzt.

rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "An der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.

Mir geht's noch gut. Noch - könnte schlimmer sein. Wenn die Wirtschaft sich verschlechtert, geht's mir nicht mehr so gut. Das ist eine Befürchtung, die ich habe. Warum? Wenn ich sehe, wie unsere Regierung arbeitet, kriegt man Angst.

Er bietet einen Zigarillo aus einer unberührten Schachtel an und steckt sich selbst einen an. Zunächst wirkt er zurückhaltend. Er habe doch "eigentlich gar nichts zu sagen".

Zum Beispiel die Grünen. Wenn ich sehe, was sie in der Bundesregierung veranstalten, auch die SPD, FDP natürlich miteingeschlossen. Dann sehe ich, dass die Wirtschaft immer mehr nach unten geht, sage ich mal. Und wenn ich die ganze Energie-Geschichte sehe, was sie machen wollen - Atomkraftwerke abschalten, die für mich wichtig sind. Die Windenergie, die erneuerbaren Energien, sind keine zuverlässigen Energien. Wir kaufen teure Energie dazu, was auch Atomstrom ist. Und wir brauchen nun mal Strom in der Wirtschaft. Und das macht mir Angst.

Die Gasrechnung wird teurer, die Energiekosten werden immer teurer. Also die Nebenkosten allgemein. Wenn man einkauft, merkt man auch, dass man weniger im Korb hat. Man zahlt viel mehr Geld. Ja, also das ist das Problem.

Er wirkt trotzdem sehr entspannt und zuversichtlich und spricht auch so.

Ich komme aus Angermünde und arbeite hier in Prenzlau. Ich lebe sehr gern in Brandenburg, weil wir auch viele Seen und Wälder haben. Die Infrastruktur stimmt noch bei uns. Gut, wenn ich mal einen großen Einkauf machen will, dann fahre ich nach Berlin. Es ist nun mal so: Wir bekommen nicht mehr alles in der Uckermark, so wie wir es haben möchten. Aber doch, ich fühle mich hier wohl.

Wir waren bei meiner Tochter in Dresden, sie studiert Medizin, ist Ärztin. Die wissen nicht, ob sie übernommen wird, wenn sie fertig ist mit ihrer Facharztausbildung. Das dürfte doch heutzutage kein Thema sein.
Wir haben Ärztemangel überall. Da müssten die sich eigentlich keine Sorgen machen um ihren Arbeitsplatz. Natürlich - da müsste es eine andere Strukturierung geben. Zum Beispiel denke ich mal, dass wir auch viele Ärzte hier auf dem Land brauchen. Speziell merken wir, wir haben kaum noch Zahnärzte, wir haben Allgemeinärzte, die altern alle und keine Nachkommen sind mehr da. Das ist eigentlich traurig, dass das so in unserer Gesellschaft überhaupt stattfindet.

Ich würde mir wünschen, dass die Leute einen sicheren Arbeitsplatz haben, dass wir sichere Energiepreise haben, und dass die Regierung auch was für die Bevölkerung tut. Das ist wichtig. Von dieser Regierung fühle ich mich überhaupt nicht vertreten.

Ich selber bin in der LBG, das ist die ländliche Bürgergemeinschaft in Angermünde. Wir kämpfen für den ländlichen Raum, damit wir nicht von den Städten total vergessen werden. Also die Dörfer - dass die Dörfer auch erhalten bleiben in ihrer Struktur, das ist mir wichtig.

Zum Beispiel, dass die Gemeindehäuser erhalten bleiben, dass sie, dass wir Jugendarbeit machen können. Das sind Hauptthemen. Und - das sind jetzt kleinere Themen - dass wir unsere Dorffeste noch machen können aufbauen können. Windenergie - dass wir dieses Windgeld bekommen. Das ist ganz wichtig, weil uns das ja auch zusteht. Das sind eigentlich unsere Hauptthemen.

Man merkt ihm an, wie gerne er über seinen Heimatort spricht.

Auf dem Land lebe ich jetzt seit 35 Jahren. Ja, ich komme aus Angermünde, sprich aus Kerkow. Da hat sich nicht viel verändert. Wir sind ein kleines Dorf, da haben wir jetzt den Spielplatz neu gestaltet. Die Infrastruktur haut noch halbwegs hin, und wenn wir einkaufen müssen, fahren wir eben nach Angermünde.

Ich arbeite bei uns in Angemünde auch im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss und sehe, dass wir was bewegen wollen. Und dass die Stadt auch teilweise mitspielt, um diese Bewegung mitzuführen. Und das macht mich zuversichtlich.

Die Kommunalpolitik ist eine andere als die Bundespolitik, und das freut mich. Das ist direkter, ortsbezogener. Da merkt man diesen großen Unterschied der einzelnen Fraktionen nicht, sprich CDU, FDP, SPD und wir als LBG. Also wir haben schon Ziele: im Prinzip, dass es Angermünde gut geht.

Es passiert sehr viel im Land. Also, ich denke mal, wir sollten auch einen Regierungswechsel haben. Die SPD ist für mich nicht die richtige Partei an der Führung. Ich war damals mal ein bekennender CDU-Wähler, aber der bin ich jetzt leider auch nicht mehr durch den Friedrich Merz, den ich an der Spitze auch nicht so gut finde. Wen ich mir an der Spitze wünschen würde?

Hier macht er eine längere Pause.

Ich denke mir ... ich würde mir ... ist schwierig. Kann ich nicht beantworten.

Also beim Bauern-Protest, muss ich sagen, war ich dagegen, dass die Bauern demonstrieren. Diese Diesel-Förderung ist die geringste Förderung, die die Bauern bekommen, und darauf könnten sie eigentlich auch verzichten. Oder man müsste sagen: Pass mal auf, kleine Betriebe bis 50 oder 100 Hektar haben Anspruch auf diese Diesel-Prämie. Was so 200 bis 1000 Hektar sind, da sollte man schon darauf achten, dass die keine Förderung mehr bekommen. Die haben genug Gewinne. Ökologischer Landbau und Landwirtschaft müsste gefördert werden in meinen Augen. Das ist ganz ganz wichtig.

Also AfD - wenn man sich das Wahlprogramm anschaut, spricht es die Bevölkerung an. Ich selber würde die AfD aber nicht wählen, muss ich dazu sagen. Also das ist mir zu unsicher, sage ich mal so. Man hat ein unsicheres Gefühl, weil auch teilweise rechte Gruppierungen mit vorhanden sind und deswegen denke ich mal: Nee, würde ich für mich nicht in Anspruch nehmen.

Dieses "Geheimtreffen" in Potsdam, das hat mich kalt gelassen. Also es hat mich nicht geschockt, weil ich hab den Eindruck, eine Partei tut der anderen zurzeit nichts Gutes. Die haben alle Dreck am Stecken, denke ich mal. Das ist ein Kuhhandel, was anderes passiert da oben nicht.

Das Gespräch führte Jonas Wintermantel, rbb|24

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