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Quelle: dpa/M. Balk

Nächtlicher Zoo-Besuch

Satiriker Böhmermann checkt per Luca-App aus Berlin in Osnabrück ein

Die Luca-App soll Kontaktketten der Corona-Pandemie offenlegen. Doch neben datenschutz-rechtlichen Bedenken zeigt sich nun ein neues Problem: Der Satiriker Böhmermann hat die App ausgetrickst, indem er nachts von Berlin aus den Osnabrücker Zoo besuchte.

Der Moderator und Satiriker Jan Böhmermann hat in der Nacht zu Mittwoch über die Luca-App von Berlin aus im Osnabrücker Zoo eingecheckt, um so die Schwächen der App aufzuzeigen. Etliche weitere Nutzer folgten offenbar seinem Beispiel.

In der Nacht twitterte der Satiriker: "Digitalisierung macht's möglich: Ich habe mich soeben um 0:40 Uhr über diesen QR Code mit der LucaApp als 'Michi Beck' von Berlin aus im Zoo Osnabrück eingecheckt und verbringe jetzt eine Nacht virtuell in Gedanken bei Elefantenbaby Yaro." Zum Einloggen genügte ein Foto, das den QR-Code vor dem Zoo zeigt.

Mehr als 100 Menschen nachts im Zoo

Wenig später folgte dann ein weiterer Tweet: "Ladet Euch die LucaApp herunter, scannt diesen QR-Code, denkt Euch einen Namen aus, checkt Euch ein und verbringt doch mal eine Nacht im Zoo Osnabrück!!!!" [sic].

Tatsächlich zeigt eine wenig später von Böhmermann veröffentlichte Grafik, dass sich zwischen 4 und 8 Uhr morgens mehr als 100 Menschen im Osnabrücker Zoo aufgehalten haben sollen. Auch diese User hatten den abfotografierten QR-Code offenbar über ihre Luca-App abgescannt.

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Böhmermann legt nach

Am Mittwochmorgen legte Böhmermann dann noch einmal nach. Von Potsdam-Babelsberg aus checkte er in einem Modehaus in Bohmte (Niedersachsen) ein. "Ich stöbere jetzt ein wenig bei den Blusen und Jeans. Die App funktioniert tadellos und ist ihr Geld absolut wert!", twitterte der Moderator zu einem Foto, das wieder einen QR-Code zur Luca-App zeigt.

Auf Twitter gab es bereits Nachahmer der Aktion. So lud etwa der Berliner Autor Enno Lenze zu einem privaten Treffen ein [twitter.com] und postete dafür einen QR-Code, über den sich User mit der Luca-App einloggen konnten. Screenshots zeigen: Tausende kamen seinem Aufruf nach.

 

Brandenburg nutzt Luca-App bereits - Berlin hat Vertrag unterschrieben

Die Luca-App wird als Nachfolger für die Corona-Warn-App gehandelt. Sie soll eine digitale Nachverfolgung von Kontaktpersonen bestätigter Corona-Fälle per Smartphone im direkten Austausch mit dem zuständigen Gesundheitsamt möglich machen. Ziel ist es, Kontakte lückenlos zu dokumentieren und fehleranfällige und möglicherweise unvollständige Papier-Kontaktlisten zu ersetzen.

Eine bundeseinheitliche Regelung für den Gebrauch der App gibt es zwar bislang nicht, in einigen Bundesländern ist das System aber bereits in Gebrauch. So können in Brandenburg bereits die ersten Gesundheitsämter mit der Luca-App arbeiten. Auch Berlin möchte die Anwendung einführen, doch es gibt noch datenschutzrechtliche Fragen, die noch nicht abschließend geklärt sind.

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Datenschützer haben Bedenken

So hatte die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) in einer Stellungnahme vor einigen Tagen erklärt, dass die von Luca gesammelten Daten an einer zentralen Stelle gespeichert würden. Deswegen wolle man mit dem Betreiber der App erörtern, inwieweit eine dezentrale Speicherung möglich sei. Zudem müsse über die Entschlüsselung der Daten noch einmal nachgedacht werden. Die Einhaltung grundlegender Sicherheitsprinzipien müsse nachgewiesen werden.

Auf rbb|24-Anfrage teilte die Brandenburger Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge mit, dass sie das brandenburgische Gesundheitsministerium um weitere Informationen über seine Planungen zum Einsatz der Luca App in Brandenburg gebeten habe, nachdem das Ministerium über einen entsprechenden Vertrag informiert hatte. "Eine konkrete Einbindung der Landesbeauftragten in diese Planungen hat zuvor nicht stattgefunden. Die Prüfung der uns inzwischen vom Ministerium übersandten Informationen dauert derzeit noch an", heißt es weiter.

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Betreiber äußern sich zu Aktion

Das Böhmermann-Beispiel demonstriert nun, dass die App keine Falschangaben verhindert. Nutzer können sich an Orten eintragen, an denen sie gar nicht sind und falsche Kontaktdaten hinterlegen. So, wie zuletzt auch falsche Zettel in der Gastronomie ausgefüllt werden konnten.

Auf Nachfrage von rbb|24 teilte der Betreiber der App zu der Böhmermann-Aktion mit: "Herr Böhmermann hat in seiner App einen falschen Namen angegeben, was unter anderem je nach Land mit einem Ordnungsgeld versehen ist. Dies ist aber natürlich möglich, da ja kein Personalausweis überprüft wird", so der Geschäftsführer Patrick Hennig. Man habe sich explizit dagegen entschieden, die GPS-Daten des Smartphones beim Check-In zu überprüfen – nur so konnte Böhmermann überhaupt von Berlin aus in Osnabrück einchecken. Bewerten wolle er die Aktion nicht, erklärte Hennig.

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