Senat streicht Zulage für neue Lehrer - GEW warnt vor massiven Einbußen für ältere Quereinsteiger

Mo 12.09.22 | 16:38 Uhr
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Federmäppchen und Unterrichtsmaterialien liegen auf den Schulbänken in einem leeren Klassenraum in einer Grundschule. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Bild: dpa/Monika Skolimowska

Lange Zeit hatten neue Lehrkräfte in Berlin keine Chance auf eine Verbeamtung, stattdessen wurde mit einer Zulage gelockt. Die wird nun gestrichen - das kann für ältere Quereinsteiger massive Einbußen bedeuten, kritisiert die Gewerkschaft GEW.

Ältere Quereinsteigende, die ihr Referendariat erst im kommenden Jahr abschließen, müssen mit deutlichen Einbußen bei ihrem Einstiegsgehalt rechnen. Der Grund: Weil nun auch Berlin Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet, fällt ab dem 1. Januar 2023 die bisher gewährte Zulage von 1.600 Euro für neu angestellte Lehrkräfte weg.

Nach Angaben der Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) trifft der Wegfall diejenigen, die aus gesundheitlichen oder aus Altersgründen nicht verbeamtet werden können. Für eine Verbeamtung muss unter anderem eine "gesundheitliche Eignung" nachgewiesen werden. Im Frühjahr waren Pläne bekannt worden, die Altersgrenze für eine Verbeamtung für Lehrer befristet auf 52 Jahre anzuheben. Grundsätzlich können aber auch Quereinsteiger verbeamtet werden, wenn sie das zweite Staatsexamen haben.

Zulage sollte Wettbewerbsnachteil ausgleichen

Der GEW-Vorsitzende Tom Erdmann sprach von mehreren hundert älteren Quereinsteigenden, die zur Zeit noch in ihrem dreijährigen Vorbereitungsdienst stecken und ihre Vollbefähigung als Lehrerin oder Lehrer erst im kommenden Jahr oder später erlangen werden. Diese hätten bislang mit einem Gehalt von 5.800 Euro gerechnet, müssten nun aber mit rund 4.200 Euro einsteigen, so Erdmann.

Erdmann bezeichnet diese Entwicklung als "hochdramatisch". Gerade in Zeiten des akuten Lehrkräftemangels stoße der Senat damit vor allem Quereinsteigende vor den Kopf. In Berlin fehlen nach Angaben von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) für dieses Schuljahr rund 875 Lehrkräfte.

Noch beim sogenannten "Berlin-Tag" im Mai habe der Senat mit der 1.600-Euro-Zulage auch um Quereinsteigende geworben, kritisiert der GEW-Vorsitzende, obwohl schon damals klar gewesen sei, dass sie ab Januar 2023 wegfallen werde.

GEW: Besonders ältere Quereinsteiger betroffen

Martin Klesmann, Sprecher von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse, begründet die Streichung der Zulage mit dem Systemwechsel Berlins zurück zur Verbeamtung von Lehrkräften. Die Tarifgemeinschaft der Länder habe das höhere Einstiegsgehalt von rund 5.800 Euro für neuangestellte Lehrerinnen und Lehrer nur geduldet, weil Berlin bislang als einziges Bundesland eben nicht verbeamtet hatte. Seit 2009 habe die Hauptstadt die Zulage ausnahmsweise zahlen dürfen, um die Wettbewerbsnachteile gegenüber den anderen Ländern zu kompensieren.

Es sei immer klar gewesen, so Klesmann, dass diese Ausnahme beendet werden müsse, wenn Berlin selbst zur Verbeamtung zurückkehrt. Darauf werde ab jetzt auch in allen Publikationen und Veröffentlichungen der Senatsbildungsverwaltung hingewiesen.

Allen Lehrkräften, die bisher mit der Zulage eingestellt worden sind, drohen nach Senatsangaben keinerlei Einbußen oder Rückstufungen.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, im Frühjahr sei die Altersgrenze zur Verbeamtung von Lehrern in Berlin auf 52 Jahre angehoben worden. Das was so nicht korrekt, es wurden lediglich entsprechende Pläne bekannt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.09.2022, 19:30 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    Ich bin selber einer der besagten Quereinsteiger in Ausbildung und finde die Formulierung Einstiegsgehalt sehr problematisch. Um es ganz konkret zu sagen: Wenn man mit seiner Ausbildung (also dem Nachstudieren von zwei Fächern und dem erfolgreichen Bestehen des 18-monatigen Referendariats) fertig ist und so etwas wie ein zweites Staats-Examen in der Tasche hat, bekommt man das Gehalt E13 Stufe 5...so wie alle anderen voll ausgebildeten Lehrer auch. Das entspricht ungefähr den 5800 Euro. Bis dahin hat man als Quereinsteiger aber ca. 4,5 Jahre gearbeitet und berufsbegleitend sehr viele Prüfungen bestehen müssen. In dieser Zeit hat man eine E12 oder E11 als Lohngruppe bekommen, je nach Anerkennung der Vorerfahrung. Bei mir waren das ca. 3500 Euro brutto am Anfang...das war das Einstiegsgehalt. Die E13 Stufe 5 sind dann das "normale" Gehalt als "Voll-Lehrer"...bei einem Facharzt würde man auch nicht "Einstiegsgehalt" sagen, wenn er nach der Facharztprüfung eine neue Lohngruppe bekommt.

  2. 24.

    Ob Sie nun die Gehaltshöhe gerechtfertigt finden oder nicht ist komplett egal.

    Wenn man aber mal eben das Gehalt um 28% kürzt, während alle anderen sich wegen Verlusten durch die kalte Progression beim Inflationsausgleich aufregen, dann zeigen Sie mir einen Angestellten, der das unwidersprochen hinnimmt, nur weil es noch Leute gibt, die in einer komplett anderen Branche für einen Mindestlohn arbeiten müssen.

    Mehr Lehrer wird man so nicht anwerben. Quereinsteiger schon gar nicht. Und wenn die Schulen dann wegen Personalmangel geschlossen bleiben, dann fragen wir nochmal, wie viel Ihnen und anderen der Lehrerberuf mit seinen 60 Wochenstunden unter Stress wert ist.

  3. 23.

    E12 klingt vollkommen normal für Akademiker. Woher kommen dann wirklich diese Summen oben für Einstiegsgehälter und wieviel Personen betrifft das dann überhaupt noch?

  4. 22.

    Derjenige, der die Lockangebote gemacht hat, soll doch nun sagen was es gebracht hat. Und die Konsequenzen ziehen.
    Ihr persönliches Beispiel ist lebensnah. Das Mehrarbeit, hingehaltene Referendare, keine Beförderungen trotz Arbeit der nächst höheren Gehaltsklasse abverlangt wird usw. sind nur ein ganz kleiner Hinweis auf mieses Verhalten nach Kassenlage. Und jetzt die Überraschung: Was würde passieren, wenn die Arbeitsbedingungen von Achtung und Respekt geprägt sind und Berliner Abschlüsse in der Wirtschaft begehrt sein würden?

  5. 21.

    Ich bin Quereinsteiger in Berlin an einem OSZ und in der Berufsausbildung tätig. Ich habe selbst eine Ausbildung in dem Bereich und ein abgeschlossenes Ingenieurstudium (Bachelor und Master). Zudem und das ist wahrscheinlich das wirklich wichtige, Berufserfahrung in dem Gebiet. Ehrlich gesagt ist mir nicht klar woher die oben genannten Summen kommen. Ich bin mit E12 eingestellt (Stufe 1 Brutto ca. 3700€ ) worden und weit weg von 5800€ brutto. Ich denke es geht hier um berufsbegleitende Lehramtsanwärter mit Lehramtsstudium, diese haben tatsächlich ein solches Lockangebot erhalten um sie nach Berlin zu holen. Normalerweise erhalten Lehramtsstudenten für die Zeit des Referendariats eine Lehrer-Verbeamtung auf Widerruf. Das ist bei den berufsbegleitenden Lehrern mit Lehramtsstudium und allen anderen berufsbegleitenden Quereinsteigern aber nicht der Fall.

  6. 20.

    Hallo,


    leider ist dem so.
    Berlin ist am tiefen Rutsch nach unten.
    Die Bildung wird nicht groß geschrieben und sehr vieles ist Blendwerk.

    Leider...

  7. 18.

    Klar, würden viele das machen. Jetzt müssen aber ältere und chronisch kranke Lehrer genauso viel leisten, wie verbeamtete und bekommen dafür 1600€ weniger und das ist ungerecht. Vor allem wurden viele Lehrer unter anderen Bedingungen angeworben.

  8. 17.

    Dann können die doch sofort anfangen.

    Man muss nur eins bedenken: die Progression beim Gehalt ist begrenzt. Was da als Einstiegsgehalt von 5800 Euro propagiert wurde, war auch das Maximum, denn darüber gab es keine Gehaltsstufe. Das ist nicht schlecht, bei weitem nicht. Aber die Gehaltssteigerungen, die andere aus der Wirtschaft oder normalen Beamtenlaufbahnen kennen, gibt es in Berlin nicht. Und die möglichen Beförderungsposten auf die nächste Gehaltsebene sind begrenzt. Schulleitung wäre so eine Möglichkeit, die sind aber noch unbeliebter bei Bewerbern als der Lehrerberuf.

  9. 16.

    Keine Angst, ich rede nicht von mir. Aber ich kenne genug, denen es so geht oder ging - sei es, weil sie nicht in einer großen Firma in Berlin oder "Speckgürtel" sind, sei es, weil es eine eher kleine Firma mit stark wechselnden Umsätzen ist.

  10. 15.

    4200€ sind aber auch wirklich „dramatisch“.

  11. 14.

    Mal sehen, wie viele ältere Referendare mit einer solchen Demütigung nicht klarkommen und jetzt abbrechen, schließlich wurden sie unter anderen Bedingungen angeworben.

  12. 13.

    …furchtbar dekadente Antwort, die zugleich auch zeigt, dass der Abstand zum „Normalo“ verloren gegangen ist…

  13. 12.

    Witzigerweise zahlen ja auch verbeamtete Lehrer*innen Steuern.
    Ich persönlich habe auch nie gehört, dass Lehrer*innen wegen zu schlechter Bezahlung gejammert haben oder den Job deswegen nicht machen würden... Ich schätze, dass viele einen geringeren Lohn in Kauf nehmen würden, wenn die Rahmenbedingungen (kleinere Klassen, besser digitale Ausstattung, etc.) stimmen würden.

  14. 11.

    Wird Zeit, das die Quereinsteigergehälter endlich wieder auf ein vernünftiges Maß herunter gefahren werden. Unfair gegenüber Altgedienten Lehrern, unpassend für einen Großteil unfähiger Quereinsteiger.

  15. 10.

    Es fällt immer wieder Leuten schwer, geltendes Recht zur Kenntnis zu nehmen. Auch und gerade der GEW fällt das schwer. Und immer wieder signalisieren Funktionäre ihrer, dass es bspw. sehr egal ist, ob ganz Berlin aus der Tarifgemeinschaft fliegt.
    Mein Standpunkt, gerade Lehrer sollten Vorbildfunktionen zeigen.

    Und im letzten Absatz lese ich, es wird zugesichert, der hohe Zusatz bleibt für die, die es haben.

  16. 9.

    Oh, da haben sie aber einfach nur das falsche Fach studiert oder keine guten Gehaltsverhandlungen geführt. Auch Ostdeutschland hat für Fachkräfte mittlerweile gute Löhne und nicht nur zum Mindeststundenlohn. Was sind sie denn?

  17. 8.

    Wow! Vielleicht sollte man das einfach mal breiter kommunizieren. Bei solchen Traumgehältern sollten sich doch eigentlich genug Berufseinsteiger finden. So wie immer gejammert wurde, dachte ich Lehrer verdienen schlecht. Aber von so einem Gehalt können die meisten mit abgeschlossenem Studium nur träumen. Und das als Einstiegsgehalt. Wow. Da kommt man echt ins Grübeln....

  18. 7.

    Korrekt. Meine Frau wurde vor 4 Jahren angeworben und musste erstmal ein Jahr warten, ehe ihre Ausbildung angefangen hatte, weil man nicht genug Ausbildungsplätze für Quereinsteiger in Berlin hatte. So wird sie erst zum Jahreswechsel fertig und fühlt sich da schon etwas verarscht. Unter ihren Quereinsteiger-Kollegen wollen die wenigsten die Verbeamtung. Wer aus der privaten Wirtschaft kommt, sieht anders als vom Senat immer wieder selbstbetrügerisch dargestellt nicht in der Verbeamtung das große Ziel der Arbeit als Lehrer. Da ist dann eher eine Sammelklage gegen eine solche Entscheidung im Gespräch, oder der Wechsel in ein anderes Bundesland. Als Brandenburger muss man nicht nach Berlin, wenn es nur noch gegen Verbeamtung das bessere Gehalt gibt ...

  19. 6.

    Bin seit 20 Jahren hier in Berlin Lehrer. Kann Eltern, die gerne für ihre Kinder eine gute Bildung haben möchten, eigentlich nur raten, Berlin zu verlassen.

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