SPD-Bundesparteitag - Wie die Brandenburger Genossen aus der Krise kommen wollen

Fr 08.12.23 | 17:56 Uhr | Von Christoph Hölscher
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Archivbild: Klara Geywitz (SPD), Bundesbauministerin spricht bei einer Außenveranstaltung. (Quelle: dpa/Woitas)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 08.12.2023 | A. König | Bild: dpa/Woitas

Haushaltskrise, Koalitionsstreit und schlechte Umfragewerte – die SPD kämpft gerade mit vielen Problemen. Der dreitätige Bundesparteitag in Berlin soll die Trendwende bringen. Was erwarten die Delegierten aus Brandenburg? Von Christoph Hölscher

Gerade mal 14 Prozent der Deutschen würden der SPD laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend noch ihre Stimme geben. Für Dietlind Biesterfeld, Delegierte aus Blankenfelde-Mahlow (Landkreis Teltow-Fläming), kein Grund, an ihrer Partei zu verzweifeln.

Biesterfeld ist zwar "nicht begeistert" von den aktuellen Umfrageergebnissen, hofft aber auf ein "positives Signal", das vom Bundesparteitag ausgeht. Etwa durch die Forderung, die Schuldenbremse zu lockern und damit zu einer Lösung der Haushaltskrise beizutragen. Ihre Begründung: Sie wolle ihren Kindern "kein Land hinterlassen, wo die Brücken bröckeln und die Bahnen nicht mehr fahren". Das sei auch eine Frage der "Generationengerechtigkeit", findet die 55-Jährige.

Parteivorstand fordert: Schuldenbremse lockern

Der Parteivorstand hat eine Forderung zur Lockerung der Schuldenbremse aufgestellt, über die der Parteitag im Laufe des Wochenendes abstimmen soll. Die Jusos fordern sogar die Abschaffung der Schuldenbremse. Beides könnte die Bundesregierung allerdings nur mit Zustimmung der Koalitionspartner umsetzen - die FDP will aber an der Schuldenbremse in der jetzigen Form festhalten. Möglicherweise also ein Signal des SPD-Parteitags, das das Regieren in der Ampel noch schwieriger machen würde?

Rückendeckung für Kanzler Scholz

Biesterfeld gehört der kleinen Parteitagsdelegation aus Brandenburg an – gerade mal 11 der insgesamt 600 Delegierten kommen aus dem märkischen Landesverband. Die meisten können die geringe öffentliche Zustimmung für "ihren" SPD-Kanzler Scholz nicht nachvollziehen. Dietlind Biesterfeld möchte daran gerne etwas ändern und dem Kanzler "den Rücken stärken".

Sonja Eichwede, Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg an der Havel, sieht Scholz als "starken Kanzler", der in "einer Dreierkonstellation auch viel vermitteln" müsse. Die aktuelle finanzielle Situation sei schon "eine Herausforderung", aber sie ist überzeugt: "Wir werden das im Bundestag gut hinkriegen." Auch in der Ampel werde man sich einigen, ist sich Eichwede sicher.

Bauministerin Geywitz rät zur Gelassenheit

Klara Geywitz, SPD-Bundesbauministerin aus Potsdam, rät vor dem Parteitag zur Gelassenheit: "Umfragen sind Umfragen". Auch vor der letzten Bundestagswahl 2021 seien diese für die SPD schlecht gewesen und dennoch hätten die Partei und Olaf Scholz diese gewonnen. Doch ob Gelassenheit und die "richtigen" Parteitagsbeschlüsse genügen, um auch dieses Mal eine Trendumkehr zu bewirken? Am Samstag wird Scholz die Gelegenheit haben, mit seiner Parteitagsrede für Zuversicht bei seinen Genossen zu sorgen.

Unentschiedene Haltung in der Migrationspolitik

Ein weiterer Themenschwerpunkt auf den Bundesparteitag wird die Migrationspolitik sein. Die Bundesregierung hatte erst in den letzten Wochen Maßnahmen zur Beschränkung der Zuwanderung beschlossen – etwa Grenzkontrollen, Kürzung von sozialen Leistungen für Asylbewerber oder beschleunigte Abschiebungen. Im Leitantrag des SPD-Vorstandes für den Bundesparteitag werden diese Verschärfungen jedoch kritisiert. Kritik des SPD-Parteitags an der SPD-geführten Bundesregierung - ein guter Weg, um aus dem Umfragetief zu kommen? Dietlind Biesterfeld gibt sich diplomatisch: Man brauche ausländische Arbeitskräfte und wolle politische Verfolgten auch weiterhin Asyl geben. Allerdings müssten ausreisepflichtige Zuwanderer eben auch abgeschoben werden können.

Auch in der Migrationspolitik könnten die Beschlüsse des Parteitags das Regieren in der Ampelkoalition schwieriger machen, wenn sie die Kompromisse von SPD, FDP und Grünen wieder in Frage stellen.

Rückenwind für die Landtagswahl 2024?

Einen Widerspruch zwischen den bundespolitischen Zielen und den Bedürfnissen der SPD im Land Brandenburg sieht keine der Delegierten: Vor allem Geschlossenheit sei in dieser schwierigen Situation wichtig. Und: Wenn es der Partei im Bund gut gehe, helfe das auch den Genossen in Brandenburg. Die könnten angesichts der Landtagswahlen im kommenden Jahr Rückenwind aus Berlin gut gebrauchen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 8.12.2023, 19 Uhr

Beitrag von Christoph Hölscher

11 Kommentare

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  1. 11.

    Und heute bekommt eine deutsche Regierung noch nicht einmal den Haushalt für 2024 hin...Nur weil es so erregend ist sich an die Macht zu klammern, anstatt Demokratie walten zu lassen, mit allen Konsequenzen.

  2. 10.

    Sie bauen schon wieder Strohmänner auf, um sich dann daran abzuarbeiten. Niemand und wirklich absolut niemand fordert eine Abschaffung des Sozialstaats, erst recht keine vollständige. Was heute aber als Sozialstaat von der SPD definiert wird, ist vollkommen überzogen, abgehoben und nicht finanzierbar. Kein Wunder dass dann ständig irgendwo das Geld für wichtige Investitionen fehlt. Ihr Argument des Umbaus der Industrie greift genau so ins Leere. Bis vor Kurzem standen die nötigen Technologien gar nicht zur Verfügung, um das auch nur annähernd wirtschaftlich und sinnvoll zu gestalten. Selbst heute fehlt es an Massenspeichern. Daher wurden bereits unzählige Milliarden nach oben umverteilt, ohne eine n nennenswerte Wirkung zu zeigen. Und hätte man die Steuergelder sinnvoll eingesetzt, gäbe es heute keinen Investitionsstau. Man hat sich über Geschenke stattdessen lieber Wählerstimmen gekauft.

  3. 9.

    Was soll denn rechtskonservativ sein? Sie werfen da mangels Argumenten einfach mal mit sinnfreien Begriffen um sich. Und im Grunde bin ich nicht mal konservativ sondern sozial-liberal eingestellt, dies aber in einem liberalen Sinn. Der Sozialstaat hat Deutschlands Wirtschaft stark gemacht u d den sozialen Frieden gesichert. Was die heutige SPD betreibt ist aber alles andere als sozial, weil es sowohl Selbstverantwortung. Leistung, als auch soziale Gerechtigkeit konterkariert. Damit zerstören sie den Sozialstaat zwangsläufig. Wenn Sie schon von der Geschichte anfangen: Die SPD war eine klassische Arbeiterpartei, keine Kommunisten. Im Fokus standen die Rechte der Arbeiter, die Chancengleichheit und damit die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs sowie die Absicherung bei Arbeitsunfähigkeit. Was niemals Programm war, war eine Vollversorgung für Alle, insbesondere für Arbeitsfähige. Ziel war immer, Menschen schnellstmöglich wieder in auskömmliche Arbeit zu bekommen. Und heute?

  4. 8.

    Ihre Rekordeinnahmen reichen hinten und vorne nicht um jahrzehntelange Versäumnisse in Energiewende, Wirtschaftstransformationen, Infrastruktur, ÖPNV, Bildung und Pandemien sowie imperialen Ansprüchen entgegenzusteuern, auch wenn der Ruf nach der „Schwäbischen Hausfrau“ erstmal populär wirkt.
    Übrigens auch die komplette Abschaffung des Sozialstaates ist dabei keine nachhaltige tragfähige Lösung.

  5. 7.

    Die SPD hat fertig. Genossen wie Helmut Schmidt, Willy Brandt und Herbert Wehner hätten heutige Funktionäre noch nicht einmal Kassierer in der Taubenzüchtergruppe SCHNELLER ADLER werden lassen. Die Funktionäre leben völlig losgelöst von der Realität der Arbeiter und Angestellten. Das haben diese kapiert und wenden sich deshalb den Parteien zu, die ihre Probleme verstehen oder ausnutzen. Da kann Olaf noch so lange reden. Die Arbeiter und Angestellten haben ein sehr gut ausgeprägtes Erinnerungsvermögen.

  6. 6.

    "Das nennt man Staatswesen, denn der Staat kann nur mit unserem Geld durch Einnahmen und Ausgaben wirtschaften."
    Das würde ich sofort unterschreiben wenn sie das Wort "Vernünftig" eingebaut hätten.
    Fakt ist das wir Rekordeinnahmen haben aber auch diese noch immer nicht ausreichen um solide damit zu wirtschaften.
    Wieviel sollen denn die Steuerzahler noch abgeben damit Politiker damit klarkommen?

  7. 5.

    Sie und @Matze haben einfach nur rechtskonservative Ansichten. Das ist in einer Demokratie auch ok. Das hat nur leider überhaupt nichts mit irgendeiner wissenschaftlichen Analyse der ältesten Partei Deutschlands zu tun und erst recht nichts mit deren Werten die sie lebt, vertritt und praktiziert.

  8. 4.

    Die SPD, Linken und Grünen betreiben eine kaltherzige empathielose Politik gegenüber denjenigen, die sehr viel einzahlen. Jeden Tag. Und eines ist ganz sicher. Wie Ungerechtigkeit sich verstärken kann: Durch Umverteilung mittels „Sachbearbeiternetzwerke“. Und immer teurer wird das auch noch: Kindergrundsicherung, die gar nicht bei den Kindern, sondern der neuen Behörde ankommt.

  9. 3.

    Matze hat das schon sehr richtig analysiert. Die SPD hat sich als Arbeiterpartei selbst ins Abseits geschossen. Nur einen Punkt sehe ich anders: Hartz IV war die einzig richtige Entscheidung und ist Schröder hoch anzurechnen. Dann kam aber das, was in der SPD immer passiert, sie arbeiten gegen die eigenen Entscheidungen an, statt sie im Detail zu verbessern. Sie glaubten nun, mit dem "Bürgergeld" alles wieder hinbiegen zu können; und verloren noch weiter. Lernkurve = Null, denn nun versuchen sie das mit noch weiteren Geschenken wieder hinzubiegen und merken gar nicht, dass sie sich immer weiter von ihrer ursprünglichen Wählerschaft entfernen. Diese links-außen-SPD braucht keiner, der jeden Monat schuftet und Steuern zahlt. Und nein, Verteilung ist nicht Staatsaufgabe sondern das Fördern von Gerechtigkeit. Was die Linken heute als Gerechtigkeit definieren, ist das Überlasten derjenigen, die das alles finanzieren müssen und damit höchst ungerecht und respektlos.

  10. 2.

    „ Rückblickend hat die SPD nur verteilt bzw. genommen.“
    Das nennt man Staatswesen, denn der Staat kann nur mit unserem Geld durch Einnahmen und Ausgaben wirtschaften.
    „ Dann kam Hartz IV und dann das Bürgergeld, was beides nicht zum Arbeiten animiert.“
    Das würde mich wundern, denn auf diesem Einkommensniveau kann man weder eine Zukunft aufbauen noch ein vernünftiges Leben führen.
    „ Die Flüchtlingspolitik und das Gekuschel mit den Grünen löst auch keine Probleme.“
    Ist Angela Merkel eine Grüne oder Sozialdemokratin?
    „ Und nun will man an die Schuldenbremse, die ja nicht grundlos besteht.“
    Ja, weil dies überhaupt der einzige Weg ist, die Zukunft dieses Landes zu sichern. Luft und Liebe reichen da nicht.

  11. 1.

    Die SPD ist insgesamt derzeit nicht wählbar. Der Zustand der Bundes- SPD färbt natürlich ab. Vom Parteivorstand gehen keinerlei vernünftige Impulse aus. Rückblickend hat die SPD nur verteilt bzw. genommen. Unter Schröder wurde die BAV mit Sozialabgaben belegt. Dann kam Hartz IV und dann das Bürgergeld, was beides nicht zum Arbeiten animiert. Die Flüchtlingspolitik und das Gekuschel mit den Grünen löst auch keine Probleme. Und nun will man an die Schuldenbremse, die ja nicht grundlos besteht.

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