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Video: Abendschau | 08.01.2021 | Sabrina Wendling | Gespräch mit Sven Zimmerschied | Quelle: imago images/Jürgen Ritter

Nach massiver Kritik

Senat verschiebt Schulöffnungen in Berlin auf Ende Januar

Ursprünglich sollten bereits ab kommenden Montag Abschlussjahrgänge in Berlin teilweise wieder in die Schulen zurückkehren, in der Woche darauf Grundschüler. Nach geballter Kritik an diesem Vorhaben rudert jetzt der Berliner Senat zurück.

Nach massiver Kritik von Lehrern, Schülern und Eltern verschiebt der Berliner Senat nun doch die geplanten Schulöffnungen. Wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Freitag dem rbb bestätigte, soll es in Berlin keine Präsenzpflicht bis zum 25. Januar geben. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.

Ursprünglich war geplant, dass ab Montag (11. Januar) die abschlussrelevanten Jahrgänge 10 bis 13 in halber Klassen- und Gruppenstärke in die Schulen zurückkehren sollen. Ab dem 18. Januar sollten zudem Grundschüler in Teilen wieder stundenweise Präsenzunterricht erhalten. Auch die Grundschüler sollen jetzt frühstens am 25. Januar in die Klassen zurückkehren. Wie es dort weitergehe, werde am 19. Januar entschieden, wie es in einer Mitteilung der Bildungsverwaltung heißt.

Bei Abschlussklassen können derweil die Schulleitungen in Abstimmung mit den Elternvertretungen und der Schulaufsicht entscheiden, ob ein Wechselunterricht vor Ort in der Schule in kleinen Lerngruppen schon vor dem 25. Januar möglich sein kann, wie die Bildungsverwaltung weiter mitteilte.

Auch in Berufsschulen wird es bis zum 25. Januar keinen Präsenzunterricht geben. Prüfungen und Klausuren können aber in allen Schulformen vor Ort durchgeführt werden, so die Bildungsverwaltung.

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Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat die Verschiebung des Präsenzunterrichts an Berliner Schulen auf Ende Januar gerechtfertigt. Kurz zuvor waren entsprechende Eilanträge von Schulen noch abgelehnt worden.

Sie sagte am Freitag in der rbb-Abendschau, sie habe sich mit den Schulleiter-Verbänden und dem Hygienebeirat beraten. Es seien einzelne zusätzliche kritische Stimmen von Schulleitern gekommen. Das nehme sie sehr ernst.

Scheeres verwies auch auf die aktuelle Infektionslage. Sie erklärte, jede Entscheidung falle immer vorläufig und abhängig von der Infektionslage. Jetzt sei in Berlin auch noch die vermutlich hoch ansteckende Coronavirus-Variante aus Großbritannien nachgewiesen worden.

Zuvor hatte Scheeres die geplante Teilöffnung mit negativen Folgen begründet, wenn vor allem sozial benachteiligte Kinder nicht in die Schule gehen können. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) verteidigte die zunächst getroffene Entscheidung als Ergebnis eines Abwägungsprozesses. Gleichzeitig schränkte er ein, dass eine schnelle komplette Öffnung der Schulen nicht möglich sei. Denn man könne nicht wegdiskutieren, "dass es auch Infektionsketten gibt aus dem Schulgeschehen heraus."

Breiter Widerstand gegen Schulöffnungen

Die Gymnasien in den Bezirken Neukölln und Reinickendorf hatten per Eilantrag gegen die Senatspläne protestiert. Das Infektionsrisiko sei zu hoch, hieß es in Briefen an die Senatorin. Auch die Bildungsgewerkschaft GEW, der Personalrat der Berufsschulen sowie der Verband Bildung und Erziehung und die Schüler- und Elternvertreter lehnten eine Schulöffnung vor Monatsende ab.

Nach rbb-Informationen lag inzwischen auch eine förmliche Beschwerde einer verbeamteten Lehrkraft vor. Seit der Nacht auf Donnerstag lief zudem eine Online-Peition gegen die teilweise Schulöffnung in Berlin. Bis Freitagabend hatten auf Initiative des Vaters Christoph Podewils knapp 40.000 Personen unterschrieben. Der Verfasser forderte unter anderem, so lange auf Präsenzunterricht zu verzichten, bis die Corona-Pandemie unter Kontrolle ist. Den neuen Beschluss des Senats begrüßte Podewils. Er sei erleichtert, so Podewils. Jetzt müssten Schulen und Lehrer mit Technik ausgestattet werden, um einen guten digitalen Unterricht zu ermöglichen.

Opposition kritisiert Verschiebung

Auch im Berliner Abgeordnetenhaus wurde am Donnerstag über die zunächst geplanten Schulöffnungen diskutiert. Die oppositionellen Fraktionen CDU und FDP forderten ebenfalls, mindestens bis Ende Januar auf die Schulöffnungen zu verzichten. Der Vorsitzende der Berliner CDU, Kai Wegner, bezeichnete am Freitag die Umkehr des Senats als "ein Scheitern mit Ansage". Rot-Rot-Grün habe die Notbremse gezogen, aber der Schaden sei bereits angerichtet, so Wegner: "Mit ihrem eigensinnigen Vorpreschen hat die SPD-Bildungssenatorin maximale Verunsicherung ausgelöst. Eltern, Schüler und Lehrer sind die Leidtragenden dieser unverantwortlichen Politik."

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Paul Fresdorf, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion teilte am Samstag mit, Schüler und Eltern bräuchten in dieser Zeit vor allem Verlässlichkeit: "Das Hü und Hott des Berliner Senats hilft dabei nicht weiter". Fresdorf plädiert für eine "gut koordinierte Schülerbeförderung", die in Partnerschaft mit Reisebusunternehmen stattfinden könne. Außerdem müssten in Schulen mindestens zweimal pro Woche Schnelltests durchgeführt werden, ausreichend FFP2-Masken zur Verfügung stehen und Lehrerpulte mit Plexiglas versehen werden. "Berlin könnte bereits weiter sein, aber es wird zu wenig getan", so Fresdorf weiter.

Die AfD zeigt sich am Samstag enttäuscht vom Senat wegen der Verschiebung der Schulöffnung. Der Senat sei "zum wiederholten Male" hilflos in Sachen Corona. "Diesmal wird Senatorin Scheeres von den eigenen Leuten zurückgepfiffen, weil sie gegen die Linie der Bundesregierung handeln wollte", teilte der bildungspolitische Sprecher Franz Kerker mit. Berlin brauche offene Schulen, um "den drohenden Bildungsnotstand" abzuwenden.

Sendung: Abendschau, 8.1.2021, 19:30 Uhr

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