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Audio: Inforadio | 18.01.2021 | Olaf Scholz im Interview | Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka

Schärfere Corona-Maßnahmen

Vize-Kanzler Scholz rechnet mit Lockdown bis Mitte Februar

Längerer Lockdown, nächtliche Ausgangssperre, FFP2-Maskenpflicht: All das will Vize-Kanzler Scholz im rbb-Interview nicht ausschließen. Am Dienstag beraten genau darüber Bund und Länder. Auch das Thema Home-Office wird dabei eine große Rolle spielen.

Am Tag vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz zu weiteren Corona-Schutzmaßnahmen geht Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) davon aus, dass der Lockdown in Deutschland verlängert und auch verschärft wird. Vorstellbar sei eine Verlängerung des Lockdowns bis Mitte Februar, sagte Scholz am Montag im Inforadio des rbb.

Es gehe jetzt um weitere sehr präzise Maßnahmen, fügte der Bundesfinanzminister hinzu. Er könne sich "eine befristete zeitliche Verlängerung" des Lockdowns vorstellen. "Österreich hat jetzt gerade bis zum 8. Februar verlängert. Und wir werden sicherlich etwas machen, dass so in diese Richtung geht: Nochmal 14 Tage obendrauf, ungefähr", so Scholz.

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Scholz schließt Ausgangssperre und FFP2-Pflicht nicht aus

Scholz sprach sich außerdem für mehr Nachdruck bei der Umsetzung von Home-Office in den Unternehmen aus, notfalls auch mit gesetzlichen Regelungen. "Jetzt geht es darum, dass alle überzeugt werden, das zu machen und deshalb glaube ich, muss man dort auch Vorschriften machen, die Möglichkeiten dazu haben wir ja."

Der SPD-Politiker zeigte sich überzeugt, dass mit einer Verlängerung der jetzigen Maßnahmen und mehr Home-Office etwas erreicht werden kann. Eine mögliche Ausgangssperre müsse vorsichtig diskutiert werden, ebenso das Thema FFP2-Masken. "Dass wir nochmal gucken, wie wir sicherstellen können, dass möglichst sichere Masken getragen werden - das gehört sicherlich zu den Debatten dazu."

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Der Brandenburger Landtag will am Mittwochnachmittag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die Ergebnisse der Bund-Länder-Gespräche am Dienstag zu beraten. Ob auch das Berliner Abgeordnetenhaus eine Sondersitzung einberuft, ist bislang noch unklar. Die Zahl der Neuinfektionen ist in beiden Bundesländern derzeit wieder leicht rückläufig.

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sprach am Montag von einer "Auswahl von Möglichkeiten", die auf dem Tisch lägen. In einem Interview mit der "Rheinischen Post" nannte er neben der FFP2-Maskenpflicht im Bahnverkehr und den Ausgangssperren auch eine Home-Office-Pflicht und deutlichere Kontaktbeschränkungen.

Britische Wissenschaftler informieren Bund und Länder über Mutation

SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sprach sich für einen harten, dreiwöchigen Lockdown aus. Die Ausbreitung der englischen Mutation, die weitaus ansteckender sein soll, müsse unbedingt verhindert werden, schrieb er am frühen Montagmorgen auf Twitter. Ansonsten verbreite sich die Mutation "schneller, als wir impfen können". Ausgangssperren ab 20 Uhr seien aus seiner Sicht für drei Wochen vertretbar. Für den Öffentlichen Nahverkehr plädiere er für Besetzungsobergrenzen und FFP2-Maskenpflicht.

Bayern als Blaupause?

In Bayern müssen die Menschen seit diesem Montag in Bussen, Trams, U- und S-Bahnen sowie in allen Geschäften FFP2-Schutzmasken tragen. Auch eine nächtliche Ausgangssperre gilt im Freistaat bereits. Vor den Beratungen am Dienstag sieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sein eigenes Bundesland im Kampf gegen die Pandemie deshalb auch bereits gut aufgestellt. "Wir brauchen da an keiner Schraube mehr, glaub ich, ziehen", sagte der CSU-Chef am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Anne Will".

Stattdessen forderte Söder die anderen Länder auf, die bei der Ministerpräsidentenkonferenz getroffenen Beschlüsse konsequenter umzusetzen. "Die Hälfte der Länder macht ja was ganz anderes", sagte er. "So dass man auch immer wieder die Frage stellen muss: Warum beschließen wir etwas, wo dann die Hälfte das anders macht." Söder forderte ein konsequentes Anwenden und Umsetzen von dem, was in Berlin beschlossen werde. "Ich halte auch nichts von endlosen Differenzierungen - denn nur was für alle gilt, ist verständlich."

Söder sieht die Vorschriften in Bayern als eine Art Blaupause für Bundesregelungen. Nach Informationen des "Business Insiders" will das Kanzleramt sogar eine bundesweit einheitliche nächtliche Ausgangssperre einführen, wie es sie bereits in Frankreich oder anderen Nachbarstaaten gibt. Aus den Bundesländern ist aber auch zu vernehmen, dass derzeit alles diskutiert werde, was diskutiert werden könne.

Politiker lassen sich über Mutationen informieren

Vor der Bund-Länder-Schalte gibt es also noch einiges an Abstimmungsbedarf. Am Montag lassen sich die Spitzen von Bund und Ländern von führenden Wissenschaftlern über neue Erkenntnisse informieren. "Da sind die dabei, die sie alle kennen", sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei "Anne Will" und nannte namentlich den RKI-Präsidenten Lothar Wieler und den Charité-Virologen Christian Drosten.

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Zur Frage, warum die Bund-Länder-Beratung am Dienstag so kurzfristig angesetzt wurde und warum die Lage so dränge, sagte Bouffier: "Was wir gar nicht einschätzen können, ist das britische Virus. Das ist der Grund, warum wir jetzt tagen." Dieses Mal werde man auch Wissenschaftler aus Großbritannien dabei haben. Dort hat sich eine wohl deutlich ansteckendere Mutation von Sars-CoV-2 stark verbreitet, die inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen wurde. Auch in Südafrika ist eine vergleichbare Variante aufgetaucht.

Es bestehe die Gefahr, dass sich die Dynamik noch einmal beschleunige, wenn sich die Virus-Mutationen weiter ausbreiteten, sagte Altmaier. "Deshalb müssen wir jetzt - und das ist explizit meine Meinung als Wirtschaftsminister - auf der Ministerpräsidentenkonferenz die Weichen so stellen, dass wir in den nächsten Wochen die Infektionswelle endgültig brechen und ein erneutes Hochschießen der Dynamik bis Ostern verhindern."

Göring-Eckardt fordert mehr Schnelltest für kontaktintensive Berufe

Regelmäßige Schnelltests sollten laut Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, in allen Berufen, in denen Menschen regelmäßig mit wechselnden Kontakten arbeiten, für mehr Sicherheit sorgen. Als Beispiel nannte sie Ärzte, Pflegekräfte oder Polizisten.

Die Virologin Marylyn Addo erwartet in der Corona-Pandemie vom Frühjahr an und im Sommer eine deutliche Entspannung. "Schon wegen des wärmeren Wetters und der höheren Impfquote", sagte die Leiterin der Sektion Infektiologie vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

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