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Audio: Antenne Brandenburg | 24.08.2021 | Oliver Soos | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Brandenburg

Regierung bleibt nach Brandbrief aus Gesundheitsministerium gelassen

Dass das Brandenburger Gesundheitsministerium wegen Corona und Afrikanischer Schweinepest überlastet sein soll, ist schon länger bekannt. Nun gelangt ein Brandbrief an die Öffentlichkeit. Darin ist von einer sinkenden Arbeitsqualität die Rede. Von Oliver Soos

In einem Brandbrief des Brandenburger Gesundheitsministerium an die Staatskanzlei klagt die Behörde über Überlastung. Verfasserin des Brandbriefs ist die Staatsekretärin im Gesundheitsministerium, Anna Heyer-Stuffer (Grüne). Adressat ist der Staatsekretär in der Brandenburger Staatskanzlei, Benjamin Grimm (SPD). Im Brief bittet Heyer-Stuffer um ein "dringendes Gespräch" und um einen "vereinten Einsatz der Landesregierung", um etwas gegen die Personalnot im Gesundheitsministerium und in den dazugehörigen Landesämtern zu tun.

Vom Ministerium gab es am Dienstag keine Stellungnahme dazu. Dass der Brief an die Öffentlichkeit gelangte zeigt, dass etwas faul ist, mit der Kommunikation innerhalb der Landesregierung. SPD-Fraktionschef Erik Stohn gibt dafür dem Grün-geführten Gesundheitsministerium die Schuld: "Briefe sollten eigentlich nur den Adressaten und nicht Dritte erreichen. Das ist ein guter Stil, den wir vielleicht in dieser Koalition wieder aufgreifen sollten."

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Ministerium: Qualifiziertes Personal kaum noch zu finden

Heyer-Stuffer beschreibt im Brief die personelle Überforderung und mögliche Folgen: "Die Personalsituation des Ministeriums, sowie der nachgeordneter Bereiche lässt eine langanhaltende Bearbeitung aller anstehenden Aufgaben in gewohnter Qualität nicht zu. Mit dem vorhandenen Personal im Landesamt für Soziales und Versorgung ist eine zügige Abarbeitung der Anträge nach §56 des Infektionsschutzgesetzes derzeit nicht zu gewährleisten", heißt es im Brief. Es geht hier um die Corona-Entschädigungsansprüche. Heyer-Stuffer sieht durch die Arbeitsbelastung zudem kurz- oder langfristig "mögliche Defizite insbesondere bei Aufsichtstätigkeiten" des Ministeriums. Sie fordert zusätzliches Personal von Außerhalb, denn qualifiziertes Personal sei für das Ministerium kaum noch zu finden und dafür reiche auch das eigene Personalbudget nicht aus.

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Grüne: "Gesundheitsministerium braucht mehr Stellen"

Die Aktion wirkt wie ein Hilferuf eines Grünen-geführten Ministeriums, dass von seinen roten und schwarzen Koalitionspartnern im Stich gelassen wird. Auch die Erklärung der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Petra Budke von diesem Dienstag deutet darauf hin: "Wir haben als Landtagsfraktion immer wieder darauf hingewiesen, dass das Gesundheitsministerium mehr Stellen braucht, aufgrund der Krisen, die dort bearbeitet werden", sagte Budke.

Von der SPD gab es da in der Vergangenheit offenbar eher gute Ratschläge, als konkrete Zusagen. "Unsere Fraktion hat verschiedene Lösungswege aufgezeigt und ich würde mich freuen, wenn das Ministerium wenigstens einen davon ergreift", sagt SPD-Fraktionschef Stohn. Zu seinen Vorschlägen gehören: Unterstützung bei den Landkreisen einfordern, bei der Bewältigung der Schweinepest mehr Aufgaben an das Landwirtschaftsministerium weiterdelegieren und externe Spezialisten einbinden, wie das ein SPD-Minister gemacht habe. "Wirtschaftsminister Jörg Steinbach z.B. hat die Landesinvestitionsbank ILB mit ins Boot geholt und konnte innerhalb kürzester Zeit über 63.000 Anträge gut abarbeiten", sagt Stohn.

Nach rbb-Informationen gab es im Gesundheitsministerium Hoffnungen auf eine konkrete Ansage von Staatskanzleiministerin Kathrin Schneider (SPD) im Hauptausschuss Mitte August. Doch da blieb die Ministerin sehr vage. "Wir haben unsere Koordinierungsfunktion in der Staatskanzlei immer wahrgenommen. Das Gesundheitsministerium wurde vielfach unterstützt und darüber werden wir auch weiter sprechen", sagte Schneider. Sie weigerte sich, auf Nachfrage der Opposition, konkreter zu werden.

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Stohn: "Flügelschlagen der Opposition"

Der Linken-Abgeordnete Thomas Domres äußerte sich besorgt über die Überlastung des Ministeriums und die Auswirkungen für die Bürger. "Über 50.000 offene Corona-Entschädigungsanträge – das kann natürlich niemanden zufriedenstellen", sagte Domres. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Péter Vida, fügte hinzu, dass viele Bauern, die von den Maßnahmen der Afrikanischen Schweinepest betroffen sind, noch nicht entschädigt wurden. "Wenn ich feststelle, dass aktuell nur 50 Prozent der Entschädigungszahlungen bearbeitet sind, dann stellt sich schon die Frage, ob hier nicht ein stärkeres koordinierendes Eingreifen erforderlich ist", so Vida.

Linken-Fraktionschef Sebastian Walter erzählte bei einer Pressekonferenz an diesem Dienstag, dass er Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) einen Brief geschrieben habe, mit der Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen und eine Regierungserklärung zur Situation im Gesundheitsministerium und anderen Problemen abzugeben. "In jedem normalen Unternehmen wäre dieser Brief eine Überlastungsanzeige", so Walter. SPD-Fraktionschef Stohn konterte und nannte diese Aktion ein "Flügelschlagen der Opposition".

Gespräche über mehr Personal laufen wohl

Der Brandbrief aus dem Gesundheitsministerium soll, laut rbb-Informationen, bereits im Vorfeld der Ausschusssitzung mit der Staatskanzlei, Mitte August, verfasst worden sein. Offenbar waren die Ausführungen der Staatskanzleichefin dann so unbefriedigend für das Ministerium, dass der Brandbrief in dieser Woche der Presse zugespielt wurde. Zum von Heyer-Stuffer geforderten zusätzlichen Personal, das von außen kommt, sollen mittlerweile wieder Gespräche mit der Staatskanzlei laufen.

Sendung: 24.08.2021, Brandenburg aktuell, 19:30 Uhr

Beitrag von Oliver Soos

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