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Video: Brandenburg aktuell | 18.02.2022 | Stephanie Teistler | Quelle: imago images/Bihlmayerfotografie

Fristen und aufwändige Verfahren

Brandenburg will Personal-Ausfälle durch die Impfpflicht hinauszögern

Ab dem 15. März müssen auch in Brandenburg alle Beschäftigten im medizinisch-pflegerischen Bereich gegen Corona impfen lassen. Ein Meldeportal soll gewährleisten, dass diese Einrichtungen trotz Impfpflicht arbeitsfähig bleiben. Von Amelie Ernst

Am Anfang steht das digitale Meldeportal: Hier sollen die Betreiber beispielsweise von Pflegeheimen und Arztpraxen Mitte März eingeben, wie viele und welche Mitarbeitenden keinen Corona-Immunschutz haben - und: ob die Einrichtung auch ohne diese Mitarbeitenden weiterbetrieben werden kann oder nicht. Das Gesundheitsamt entscheidet anschließend, ob mögliche Lücken vor Ort ausgeglichen werden können.

"Wenn ein Krankenhaus (mangels geimpftem Personal) zum Beispiel kein Röntgen mehr anbieten kann, dann wäre das natürlich eine Gefährdung der gesundheitlichen Versorgung", so die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). "Dann wird eine Sechs-Wochen-Frist gegeben, in der nachgebessert werden kann."

Nonnemacher verkündet Details

So soll die Impfpflicht in der Pflege in Brandenburg umgesetzt werden

Ab 15. März gilt bundesweit eine Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen. In Brandenburg wird sie voraussichtlich ab Mitte Mai zu Konsequenzen führen. Vorher soll es ein mehrstufiges Verfahren geben.

Beschäftigungsverbot ist letzte Stufe

Wenn allerdings andere Praxen, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen vor Ort die Lücken schließen können, dann droht nicht immunisierten Beschäftigten schneller ein Betretungs- oder Beschäftigungsverbot – nach einer Frist, in der die Beschäftigten erneut beraten und vom Gesundheitsamt zur Impfung aufgefordert werden.

In jedem Fall sei ein Betretungs- oder Beschäftigungsverbot erst die letzte Stufe des Verfahrens, so Nonnemacher. Ohnehin hätten sich viele Einrichtungen und die Beschäftigten längst auf die Impfpflicht eingestellt. Schon jetzt seien knapp 90 Prozent von ihnen geimpft oder genesen.

Jurist rechnet nicht mit Klagewelle

Auch beim Arbeitsgericht Potsdam rechnet Sprecher Robert Crumbach nicht mit einer Klagewelle. "Die Menschen, die sich nicht haben impfen lassen, die wissen nun seit Monaten, was ihnen passiert. Die nehmen das in Kauf." Er glaube nicht, dass viele klagen würden, so Crumbach. Der neue Impfstoff von Novavax könnte ebenfalls helfen, Konflikte zu vermeiden, vermutet Hubertus Diemer, der Vorstandschef der Liga der Freien Wohlfahrtspflege.

Knapp 1.000 bisher ungeimpfte Mitarbeitende hätten dem Verband schon signalisiert, sich damit nun impfen zu lassen. Und die Vorgaben aus dem Ministerium seien ein guter Kompromiss, der sowohl den Schutz der Patienten berücksichtige als auch die Interessen der Pflegenden. "Uns war wichtig, dass es ein einheitliches Verfahren gibt im gesamten Land Brandenburg. Und dieses Verfahren ist abgestimmt mit den Verbänden und den Landkreisen."

Lockerungen bis 20. März

Giffey und Woidke fordern Handlungsspielraum für Corona-Regeln

Die Corona-Maßnahmen sollen gelockert werden und nach dem 20. März weitestgehend entfallen. Franziska Giffey und Dietmar Woidke fordern auch nach Ende März Möglichkeiten, um auf Landesebene einzelne Maßnahmen durchzusetzen.

Gesundheitsämter fühlen sich überfordert

Doch nicht alle Landkreise sind mit den Vorgaben aus dem Ministerium zufrieden: Mehrere Gesundheitsämter, beispielsweise das im Kreis Teltow-Fläming, fühlen sich mit der geplanten Kontrolle der Meldungen überfordert. Es gehe allein dort um 750 Einrichtungen, für die dann gegebenenfalls Bescheide erstellt und Tätigkeitsverbote umgesetzt werden müssten, kritisiert Teltow-Flämings Gesundheitsdezernentin Kirsten Gurske.

Aufgrund des zu erwartenden hohen Bearbeitungsaufwandes und der "bereits bestehenden Überlastung der Gesundheitsämter" würden "Sinn und Zweck der einrichtungsbezogenen Impfpflicht konterkariert". Außerdem sei die Finanzierung des Mehraufwandes für die Ämter noch nicht geklärt, so Gurske.

Gesundheitsministerin Nonnemacher dagegen geht davon aus, dass wegen der sinkenden Corona-Fallzahlen bald auch in den Gesundheitsämtern wieder weniger zu tun ist. Mit dem digitalen Meldeportal habe man zudem versucht, den Behörden die Arbeit zu erleichtern. Und vor allem sei es richtig und wichtig, die Impfpflicht in der Pflege nun auch konsequent umzusetzen und so vulnerable Gruppen vor weiteren Corona-Wellen zu schützen.

Neue Rekord-Inzidenz

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Seit Tagen steigt die Corona-Inzidenz im Spree-Neiße-Kreis, am Mittwoch hat der Wert einen neuen Rekord erreicht. Im Gesundheitsamt stehen die Telefone kaum still. Immerhin blinken sie inzwischen stumm. Doch der Stress bleibt. Von Sascha Erler

Impfpflicht greift wohl erst im Mai

Doch was bringt eine Impfpflicht, die de facto erst nach Übergangsfristen und mehrstufigen Prüfungen samt Widerspruchsmöglichkeit greift? Befürworter hoffen, dass mit ihr Pflege- und Gesundheitsangebote weiter bestehen wie bisher und Mitarbeitende sich und andere bestmöglich schützen.

Nicht zuletzt wünschen sich auch viele der überwiegend geimpften Mitarbeitenden in den Gesundheitsberufen, dass die Impfpflicht kommt. Greifen wird sie allerdings mit Blick auf Fristen und die belasteten Gesundheitsämter wohl frühestens ab Mai.

Sendung: Inforadio, 18. Februar 2022, 18:32 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

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