Interview | Ex-Football-Profi Roman Motzkus - "Das Wichtigste ist, dass der Sport weiterhin sichtbar ist"

Fr 10.02.23 | 15:47 Uhr
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Der ehemalige Berliner Football-Profi Roman Motzkus (Bild: IMAGO/USA Today Network/picture-alliance/Panama Pictures | Collage: rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 12.02.2023 | Matthias Gindorf | Bild: IMAGO/USA Today Network/picture-alliance/Panama Pictures | Collage: rbb

In den 90er-Jahren prägte Roman Motzkus mit den Berlin Adlern einen stadtweiten Football-Hype. Heute ist er Funktionär bei den Adlern und kommentiert Football im TV. Vor dem Super Bowl erklärt er die Faszination American Football.

Wenn Roman Motzkus über American Football spricht, dann tut er es zumeist mit viel Begeisterung. Ende der 80er-Jahre kam der heute 53-Jährige zum Football, wurde wenig später Nationalspieler und eine der treibenden Kräfte des ersten Football-Hypes in Berlin. Mittlerweile kommentiert Motzkus den US-Sport im TV. Der Anlass für ein Gespräch über seine eigene Karriere, Helme in der U-Bahn, und den aktuellen Football-Hype in Deutschland: der 57. Super Bowl der NFL, bei dem in der Nacht von Sonntag auf Montag die Kansas City Chiefs und die Philadelphia Eagles um den Titel spielen.

rbb|24: Herr Motzkus, können Sie sich noch an den allerersten Superbowl erinnern, den Sie gesehen haben?

Roman Motzkus: Das war 1985 – die New England Patriots gegen die Chicago Bears. Das war damals ein Riesenspektakel, weil die Bears extra einen eigenen Superbowl-Song aufgenommen hatten, den Super Bowl Shuffle. Den habe ich damals sogar in der ARD gesehen und hatte so meine erste Football-Erfahrung.

War das damals in Deutschland auch schon so, dass man beim Football gucken so viel Fast-Food essen musste wie heute?

Nein, damals war das noch nicht so. Die Spiele kamen ja nicht live, sodass du gar nicht so viel gesehen hast. Auch über die Sportschau konntest du immer mal Features gucken, es war aber nicht so, dass man drei, vier oder fünf Stunden zusammengesessen und das Spiel wirklich verfolgt hat. Das kam ein paar Jahre später, als wir den Zugang zum US-Amerikanischen Soldatensender AFN hatten und da schauen konnten. Da haben wir dann als Mannschaft zusammen geguckt und dann kommt auch das mit dem Fast Food.

Kommen wir zu Ihrer Sportkarriere: Trage ich zu dick auf, wenn ich sage, dass Sie eine Sportlegende in Berlin sind?

Sportlegende höre ich selber nicht so gerne. Legenden sind ja meistens tot und ich noch ganz gut am Leben. Aber ich bin im Football, glaube ich, relativ weit verbreitet und bekannt. In dem Mikrokosmos kann mal also vielleicht davon reden.

Einige von uns sind damals extra mit der U-Bahn zum Training gefahren, damit man sie mit ihren Schulterpads und Helmen sieht.

Roman Motzkus

Wie ging Ihre Football-Geschichte denn los? American Football war ja nicht der erste Sport, mit dem Sie Kontakt hatten, richtig?

Das ist richtig. Ich hatte den klassischen Sport-Einstieg gemacht und musste mit drei Jahren zum Fußballtraining, weil mein Bruder gespielt hat. Weil es in der Altersklasse noch keine Football-Mannschaften gab, bin ich dann mit sechs zur Leichtathletik und hatte da sogar ein bisschen Erfolg. Ich habe bei den Berliner Meisterschaften im Zehnkampf ein bisschen was gewonnen, bei den norddeutschen auch. Irgendwann war ich es dann aber leid, in den Einzeldisziplinen immer nur Vize-Meister zu werden. Mit 18 hatte ich dann die Idee, entweder Eishockey oder Football zu spielen. Zu Fuß war ich besser als auf Schlittschuhen und meine damalige Freundin wollte Cheerleaderin bei den Spandauer Bulldogs werden, also bin ich da irgendwann mal mitgegangen.

Und wie ging diese Geschichte, die Sie zum immer noch amtierenden Touchdown-Rekordhalter der Berlin Adler gemacht hat, dann weiter?

Das ging ehrlicherweise relativ schnell. Ich habe 1988 bei den Spandauer Bulldogs angefangen und den Verein auch mitgegründet – weil ich einer der wenigen volljährigen Spieler war. Bei einem Testspiel gegen die zweite Mannschaft der Berlin Adler haben mich deren Trainer dann gefragt, ob ich nicht bei ihnen spielen möchte. Also bin ich da zum Training gegangen, bin in den Verein eingetreten und war ab Sommer 1989 Bundesliga-Stammspieler und Nationalspieler.

Heute ist kaum noch vorstellbar, was damals los war, wenn in Berlin American Football gespielt wurde. Sie hatten 10.000 bis 15.000 Zuschauer pro Spiel und die Mannschaft war der Star in der Stadt, oder?

Einige von uns sind damals extra mit der U-Bahn zum Training gefahren, nur damit man sie mit ihren Schulterpads und Helmen sieht. Es war eine schöne Zeit, in der uns die Zuschauer getragen haben. Wir hatten viel Erfolg damals, wurden Anfang der 90er-Jahre dreimal in Folge Deutscher Meister, waren fast zwei Jahre lang ungeschlagen. Da kam natürlich dann auch die Presse irgendwann drauf.

Bis vor ein paar Jahren ist dieser Football-Hype der 80er und 90er-Jahre dann abgeebbt. Wie ist das passiert?

Es gab immer Wellenbewegungen. In Berlin gab es eine Zeit lang wirklich einen Hype. Wir waren in den Medien und haben sogar gerappt und Platten aufgenommen. Das war immer was Neues, was Spannendes – bis man gemerkt hat: So ein Footballbetrieb mit 50 Spielern, Trainern und Physiotherapeuten kostet richtig Geld. Erst recht, als die Mannschaften angefangen haben, Amerikaner zu verpflichten, die auch noch fürs Spielen Geld haben wollten. Dann sind irgendwann auch Spieler, die bei uns groß geworden sind, wegen des Geldes gewechselt. Dazu sind die Sponsoren, die zuvor von alleine gekommen sind, auch von alleine wieder gegangen.

Seit knapp zehn Jahren ist der Hype allerdings wieder da und durch die Übertragungen der NFL im Fernsehen sogar noch größer. Was fasziniert die Menschen am Football?

Erstmal ist Football eine sehr telegene Sportart, die du dir, selbst wenn ein Spiel drei Stunden dauert, sehr gut ansehen kannst. Es ist vordefiniert, wann was passiert und wann es welche Pausen gibt, in denen du dir auch ein neues Getränk holen kannst. Ein riesiger Faktor ist, dass Football seit 2015 im Free-TV läuft, du also die ganze Saison auch in Deutschland eng verfolgen kannst. Der Sport ist heute für eine breite Masse verfügbar. Dadurch haben wir diesen Hype, den wir in den 90ern hatten, wieder aufgenommen. Die Vereine merken das auch, weil gerade viele, viele neue Spieler zum Football kommen. Es gibt gerade richtig Probleme, genug Trainer für den Nachwuchs zu organisieren.

Der Hype ist also auch bei Ihnen und den Berlin Adlern spürbar?

Ich habe ein klassisches Beispiel: Ich kümmere mich bei den Adlern gerade um den Nachwuchs und habe da eine Obergrenze an Spielerpässen, die ich beantragen darf. Maximal 44 Pässe dürfen wir für eine Mannschaft beantragen. Wir haben aber beispielsweise in der B-Jugend aktuell über 50 Jugendlich bei uns, die wir jetzt in einer zweiten Mannschaft parken müssen.

Wir hoffen, dass wir irgendwann Flag Football als olympische Sportart bekommen.

Roman Motzkus

Wohin kann dieser Hype noch führen? Was ist im Football aktuell anders als zum Ende der ersten Hochzeit?

Dass der Sport weiterhin sichtbar ist. Das ist der wichtigste Punkt. Die Fernsehrechte, die bislang bei Prosieben gelegen haben, hat nun RTL übernommen. Da wird es dann noch mehr Football zu sehen geben – Magazinsendungen, Kindersendungen und das ganze Drumherum. Es wird also noch mehr Football angeboten und wir hoffen, dass das so weit führt, dass wir irgendwann Flag Football (Anm. d. Red.: eine körperlose Variante des American Footballs) als olympische Sportart bekommen.

Jetzt am Sonntag steht aber erst einmal das größte Spiel des American Footballs an: der Super Bowl in Phoenix, bei dem die Philadelphia Eagles und die Kansas City Chiefs den NFL-Champion ausspielen. Wieso sollte man sich auch als jemand, der noch nicht so viel mit Football zu tun hat, nachts um 0:30 Uhr für vier Stunden vor den Fernseher setzen und sich das angucken?

In der Regel guckt man das Spiel ja eher zusammen mit Freunden oder bei einer kleinen Super Bowl Party als alleine auf dem Sofa. Das ist meistens eine große Sause. Man sieht den besten Football des Planeten, bekommt eine riesige Halbzeitshow mit Hollywood- Charakter und hat diesen American Way of Life.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Matthias Gindorf.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.02.2023

4 Kommentare

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  1. 4.

    Den Post von Ben übergehe ich mal gekonnt, weil wenig sinnhaft! Weniger Kapitalismus, dein Ernst? Wie gesagt, mir liegt es fern den Sport schlecht zu machen, mich nervt einfach nur, dass auf biegen und brechen einen Sport anscheinend hypen will, der hierzulande nie so werden wird wie König Fussball, ja selbst Skispringen ist "interessanter". Und nein habe mit Fussball so rein gar nix am Hut. Jeder kann das machen was er will, aber wieso MUSS das hier übertragen werden. Sehe den Sinn nicht.

  2. 3.

    Beschäftige Dich erstmal damit, dann verstehst Du es…. Und wirst danach auch Fan werden. Übrigens, solche Töne wie von Dir gibt es rund um diesen Sport nur von Leuten, die sich nicht damit auskennen.

  3. 2.

    Vielleicht wäre es praktisch, wenn Sie diesen Sport ein wenig kennen würden, bevor Sie ihn in Bausch und Bogen verteufeln. Es ist der größte Teamsport in den USA, sie nennen ihn dort nicht umsonst "the ultimate team sport". Dort kann auch der größter Superstar nur gewinnen, wenn eben die kleinen Rädchen ineinandergreifen. Das ist am Ende viel spannender als z.B. Fußball.

    Ja, die NFL gibt es, weil damit Geld verdient wird, wie hier in der Fußball-Bundesliga auch. Würden Sie sich aber mit den Details jener Liga (draft, salary cap, Spielplan, Verteilung der Einnahmen) auseinandersetzen, wären Sie überrascht, wie wenig "kapitalistisch" die NFL tatsächlich organisiert wird. Gerade das sorgt für sportliche Spannung jedes Jahr. In der Bundesliga erleben wir das Gegenteil.

  4. 1.

    Also echt, warum springt denn jeder auf diesen Mist auf? Das ist ein Nischensport, der sich NIE in Deutschland durchsetzen wir. Zumal mich es nen sch... interessiert, was bei den Amis gerade ab geht. Wir haben wirklich wichtigere Problem als ne Sportart zu hypen, die aus den Staaten zu uns schwappt und es am Ende auch wieder nur um Profit geht und nicht um den Sport selber.

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