Ärztemangel in Brandenburg - Über 6.000 Patienten in Luckau und Lübben ohne Hausarzt

Do 27.01.22 | 15:02 Uhr
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Ein Arzt untersucht in einer Arztpraxis eine Patientin. (Quelle: dpa/Christin Klose)
Bild: dpa/Christin Klose

Der Ärztemangel ist in aller Munde - in Lübben und Luckau bereits bittere Realität. Nachdem gleich vier Hausärzte ihre Praxen aufgegeben haben stehen über 6.000 Patienten ohne einen da. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht.

Andreas Tränkner aus Treppendorf bei Lübben (Dahme-Spreewald) ist frustriert. Als er vor Kurzem vor der Tür seines Hausarztes steht hängt dort ein Schild: die Praxis ist geschlossen - für immer. "Ich brauchte einen Überweisungsschein, aber woanders kommst du einfach nicht rein", erklärt er.

Weil Tränkner Diabetiker ist, wurde er schließlich von einer anderen Hausarztpraxis aufgenommen. Seine Frau sucht noch immer nach einem Ersatz.

So geht es nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) aktuell mehr als 6.000 Menschen in der Region um Lübben und Luckau. In den letzten Monaten haben dort gleich vier Hausarztpraxen geschlossen. Der Andrang bei den übrigen Hausärzten ist dementsprechend groß.

Mangel könnte noch größer werden

Rosig sieht es für den südlichen Dahme-Spreewald-Kreis auch zukünftig nicht aus. Die Region ist drohend unterversorgt, warnt der Vorsitzende der KVBB, Peter Noack. Fast die Hälfte aller Hausärzte sei über 60 Jahre alt. "Man kann nicht ad hoc einen Verbesserungsvorschlag vorlegen", so Noack. "Man kann nur mit den Kollegen vor Ort reden, dass sie die Rezeptierung von Dauermedikamenten mit übernehmen", erklärt er weiter.

Gerade das ist ein ernstzunehmendes Problem in Luckau und Lübben. Zahlreiche Patienten bekommen keine Medikamente mehr, weil andere Ärzte die Rezepte nicht ausstellen wollen. Ein Kreistagsabgeordneter bezeichnete diese Praxis im Gesundheitsausschuss unlängst sogar als "unterlassene Hilfeleistung".

Gespräche dazu sollen noch in dieser Woche geführt werden, heißt es von der KVBB. Wie dringend der Bedarf allerdings ist, zeigt auch die Schilderung einer Mitarbeiterin der Notaufnahme im Luckauer Krankenhaus. Täglich würden dort Patienten ohne Hausarzt auftauchen, die keine andere Möglichkeit mehr sehen, sich behandeln zu lassen.

"Lockmittel" helfen bislang nicht

Dass der Fachärztemangel auf dem Land nichts Neues ist, ist allen Beteiligten klar. Dennoch scheinen Mittel, wie etwa eine Prämie bis zu 55.000 Euro vom Land und der KVBB bislang nicht zu bewirken, dass sich neue Ärzte zwischen Lübben und Luckau ansiedeln wollen. "Noch können sich Kollegen aussuchen, wo sie hingehen. Und die wenigsten haben Interesse, sich in der Fläche niederzulassen, es geht dann doch der Gang in berlinnahe Regionen", so Peter Noack.

Die Stadt Lübben will deshalb nun auch selbst aktiv werden, sagt Bürgermeister Frank Neumann. Die Stadt wolle "helfen und unterstützen bei einer Praxisübernahme oder auch bei der Suche nach neuen Praxisräumen", erklärt Neumann.

Ob die Bemühungen allerdings Früchte tragen werden, ist aktuell fraglich. Derzeit gibt es in der Region einen Antrag auf eine Hausarztniederlassung und lediglich zwei vorsichtige Interessensbekundungen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.01.2022, 15:10 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Lesen sie mal richtig, nicht nach dem Examen sondern nach dem Abschluss.
    Außerdem, wo liegen denn die Ursachen ihrer Meinung nach, ich kenne einige Medizinstudenten die wollen alle nach Berlin.

  2. 10.

    Die KVBB kommt immer aus dem Mustopf und ist von den Ereignissen völlig überrascht. Wer wenn nicht sie wissen doch über die Alterstruktur Bescheid? Wer plant denn den Bedarf an Ärzten? Der Chef der KVBB tut immer als ob er von den Ereignissen überrascht wird. Dem wäre nicht so, wenn er und seine Mannen endlich mal ihren Job machen würden, schließlich werden sie auch dafür ordentlich bezahlt.

  3. 9.

    Sie verstehen nicht im Ansatz worum es hier geht! Es geht hier darum das der Patient ein Vertrauensverhältnis zu seinem Arzt aufbaut und hat und nicht um eine Fließbandarbeit in einem Impfzentrum. Auch das würde bedeutend mehr vertrauen schaffen. Ja und das wichtigste ist einfach in diesem Artikel das dieser Staat und unsere gewählten Politiker versagt haben! Seit Jahren wird geredet und nicht gehandelt. Aber unsere Politiker kommen aus Regionen wo sie wahrscheinlich diese Probleme nicht kennen

  4. 8.

    Um dem entgegenzuwirken ist natürlich die Impfpflicht gegen das Coronavirus sehr wichtig. Dann brechen die restlichen Bereiche nämlich auch zusammen. Nicht dass einer bevorteiligt ist, weil er einen Hausarzt hat, oder die Rettungsstelle nicht weit ist.

  5. 7.

    " Ob die Bemühungen allerdings Früchte tragen werden, ist aktuell fraglich. "

    kann auch anders nicht sein, auch Ärzte haben Familie, welche Möglichkeiten gibt es für die Kinder, welche Oberschulen ? gibt es für kulturelle Angebote ? , und dann noch die Rufbereitschaft- auch am Wochenende- wo sind die nächsten Kliniken und FA-Zentren für Problemfälle

  6. 6.

    " dass sie die Rezeptierung von Dauermedikamenten mit übernehmen",

    selbst das kann zu Ärger und finanziellen Problemen für den verordnenden Arzt führen, weil dann die KV den Arzt wegen Überschreitung seines Medikamentenbudgets Regress fordert , also der Arzt soll dann die Mehrausgabe der Medikamente
    bezahlen, das alles zu klären kostet Zeit und Nerven zum Nachteil der Sprechstunde

  7. 5.

    Medizinstudenten sind nach dem Examen noch keine niederlassungsfähigen Ärzte , damals wurden sie Medizinalssistenten genannt.
    Es folgten dann Basisausbildungen in Chirurgie, Innere usw. , dann folgt in der Regel eine FA-Ausbildung, die einige Jahre dauern kann.
    und meistens in größeren Kliniken in eben größeren Städten stattfindet. Danach diese Ärzte zwangsverpflichten ist mehr als zweifelhaft, wird wohl kaum jemand machen. Die Ursachen des Ärztemangels auf dem Land liegen woanders

  8. 4.

    Es gab einmal eine Zeit, da mussten sich Medizinstudenten verpflichten nach dem Abschluss für eine gewisse Zeit dorthin zu gehen wo sie gebraucht werden. Lange her...

  9. 2.

    Seit gefühlten Jahrhunderten gibt es Forderungen Bedingungen an Stipendien zu knüpfen oder eine Pflicht für eine Anzahl von Jahren in Mangelgegenden zu gehen. Kann man machen, Impfpflicht geht ja auch. Immerhin bezahlen wir als Gesellschaft das Studium. Sich nach dem Studium aus der Verantwortung zu stehlen und auf eigene Tasche zu machen is schon ein bisschen ***
    Ich kann mir auch Zuschläge vorstellen, welche die Ärztekammer von Stadtärzten erhebt und umschichtet. Wir sind doch ein großes Umverteilungsland mit Umverteilungs-ampel-regierung. Müssen nur mal endlich die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir können nicht, weil es kein Gesetz gibt und bei etwas anderem "wir können ja nicht, weil es ein Gesetz gibt". Liebe Politiker, IHR seid dafür da solche Gesetze zu machen, abzuschaffen oder zu ändern. DAS ist euer Job. Wenn etwas nicht perfekt ist, dann ist das so, weil ihr es so gemacht habt und nicht weil es ein Naturgesetz ist.

  10. 1.

    Hallo!

    Fragt doch mal nach, wieviel (Kinder-)Ärzt*innen in Berlin, speziel Lichtenberg fehlen. Die ersten Eltern von Neugeborenen finden schon keine Versorgung mehr...

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