rbb24
  1. rbb|24
Audio: Antenne Brandenburg | 19.08.2022 | Aline Lepsch | Quelle: rbb/Erler

Nicht gezahlte Abschläge

Hunderten Mietern in Groß Schacksdorf soll das Trinkwasser abgestellt werden

Immer wieder gibt es Streit um die Waldsiedlung Groß Schacksdorf. Nachdem lange nicht klar war, wem die Siedlung überhaupt gehört, gibt es nun eine neue Hiobsbotschaft für die Mieter: nächste Woche soll das Trinkwasser abgestellt werden.

Bei hunderten Mietern in der Waldsiedlung Groß Schacksdorf (Landkreis Spree-Neiße) droht in einer Woche kein Wasser mehr aus den Leitungen zu kommen. Der zuständige Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband (SWAZ) hat Aushänge in den Hauseingängen verteilen lassen, die das Ende der Trinkwasserversorgung für den 23. August ankündigen.

Der SWAZ begründet diesen Schritt mit dem Verhalten des Eigentümers der Siedlung. Dieser habe trotz Mahnungen und Androhung der Versorgungseinstellung die fälligen Gebühren für die Wasserversorgung nicht entrichtet.

Brief an die Mieter in der Waldsiedlung | Quelle: privat

Mieter sollen sich Wasser kaufen können

In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Einstellung der Trinkwasserversorgung nur durch Zahlung aller offenen Forderungen abgewendet werden könne. Der Eigentümer muss also seine Schulden beim Zweckverband begleichen.

Die Mieter haben damit keine Handlungsoptionen. Der SWAZ weist in seinem Schreiben darauf hin, dass Mieterschutzvereine und Rechtsanwälte sie über ihre Rechte informieren können.

Den Mietern werde ermöglicht, Trinkwasser direkt beim Wasser- und Abwasserzweckverband zu erwerben. Die Mieter müssten dafür aber geeignete Gefäße selbst mitbringen. Der SWAZ bedauere die Beeinträchtigung für die Mieter, "wir sind jedoch durch den Eigentümer hierzu gezwungen" - so die Mitteilung.

"Wir wurden nur belogen und betrogen"

Der Eigentümer, die Belvona Service GmbH aus Düsseldorf verspricht auf ihrer Internetseite "ein einzigartiges, längst vergessenes Wohngefühl". Mieter sollen sich jederzeit umkompliziert an ihren persönlichen "Property Manager" wenden können, wenn diese Probleme haben. "Belvona Wohnanlagen setzen sich deutlich von der Qualität anderer Wohnanlagen ab", heißt es weiter. Angesichts des drohenden Endes der Wasserversorgung klingen diese Werbetexte wie Hohn.

Martina Jäckel, Bewohnerin der Waldsiedlung hatte sich an den rbb gewandt. "Sowas gibt es doch nicht. Im Jahr 2022 sitzen wir hier ohne Wasser", beschwert sie sich am Donnerstag. "Bis jetzt hat der Vermieter uns nur belogen und betrogen", sagt ein weiterer Anwohner. Eine Frau ergänzt, "ich habe doch meine Miete bezahlt, warum muss ich jetzt dafür geradestehen?" Das Unverständnis der Anwohner ist groß. "Wir haben schon viel erlebt, aber so war es noch nie", sagt Barbara Rockstein, ebenfalls Bewohnerin der Waldsiedlung. Am Mittwoch, sagt sie, habe sie sich an die Polizei in Cottbus gewandt, um zu fragen, was sie nun tun könne. Eine Anzeige wegen Veruntreuung sei aufgenommen worden.

Die Mieter haben nun Angst, dass dies nur der Anfang sein könnte. Werden die Gasrechnungen gezahlt? Kommt die Müllabfuhr weiterhin? All das ist unbekannt.

Mehrfach wechselnde Besitzer

Die Waldsiedlung Groß Schacksdorf war einst gut belebt. Rund 700 Menschen lebten noch Mitte der 1990-er Jahre dort. Seit einiger Zeit verlassen die Mieter die Siedlung aber. Etwas mehr als 240 leben noch dort. Unklare Besitzverhältnisse in der Waldsiedlung verunsicherten die Bewohner.

Die Siedlung wurde in den 90-er Jahren von der Gemeinde verkauft und wechselte seitdem mehrfach den Besitzer. Zu Beginn des Jahres konnte niemand sagen, wem die Waldsiedlung aktuell gehört. Bürgermeister Wolfgang Katzula versuchte nach eigenen Aussagen mehrfach einen Besitzer ausfindig zu machen.

Im April bekamen die Mieter schließlich einen Brief, in dem sich die Belvona GmbH aus Düsseldorf als neuer Verwalter vorstellte. Für die Bewohner war es ein Funken Hoffnung. Nun sind die Sorgen allerdings größer als zuvor.

In der kommenden Woche will sich der Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband zum Thema äußern. Eine rbb-Anfrage bei der Belvona GmbH blieb am Donnerstag unbeantwortet. Auch auf Anrufe wurde nicht reagiert.

Zumindest eine positive Nachricht konnte Bürgermeister Wolfgang Katzula am Donnerstag übermitteln. Sollte die Wasserversorgung wirklich eingestellt werden, will sich der Landkreis um Tankfahrzeuge bemühen. Doch auch hier bleibt die Frage, wer das bezahlt. "Das ist noch nicht gelöst", so Katzula.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.08.2022, 09:40 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen