Nicht gezahlte Abschläge - Hunderten Mietern in Groß Schacksdorf soll das Trinkwasser abgestellt werden

Do 18.08.22 | 17:12 Uhr
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Blick auf eine leere Straße und Häuser in der Waldsiedlung Groß Schacksdorf (Foto: rbb/Erler)
Audio: Antenne Brandenburg | 19.08.2022 | Aline Lepsch | Bild: rbb/Erler

Immer wieder gibt es Streit um die Waldsiedlung Groß Schacksdorf. Nachdem lange nicht klar war, wem die Siedlung überhaupt gehört, gibt es nun eine neue Hiobsbotschaft für die Mieter: nächste Woche soll das Trinkwasser abgestellt werden.

Bei hunderten Mietern in der Waldsiedlung Groß Schacksdorf (Landkreis Spree-Neiße) droht in einer Woche kein Wasser mehr aus den Leitungen zu kommen. Der zuständige Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband (SWAZ) hat Aushänge in den Hauseingängen verteilen lassen, die das Ende der Trinkwasserversorgung für den 23. August ankündigen.

Der SWAZ begründet diesen Schritt mit dem Verhalten des Eigentümers der Siedlung. Dieser habe trotz Mahnungen und Androhung der Versorgungseinstellung die fälligen Gebühren für die Wasserversorgung nicht entrichtet.

Brief an die Mieter in der Waldsiedlung (Bild: privat)
Brief an die Mieter in der Waldsiedlung | Bild: privat

Mieter sollen sich Wasser kaufen können

In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Einstellung der Trinkwasserversorgung nur durch Zahlung aller offenen Forderungen abgewendet werden könne. Der Eigentümer muss also seine Schulden beim Zweckverband begleichen.

Die Mieter haben damit keine Handlungsoptionen. Der SWAZ weist in seinem Schreiben darauf hin, dass Mieterschutzvereine und Rechtsanwälte sie über ihre Rechte informieren können.

Den Mietern werde ermöglicht, Trinkwasser direkt beim Wasser- und Abwasserzweckverband zu erwerben. Die Mieter müssten dafür aber geeignete Gefäße selbst mitbringen. Der SWAZ bedauere die Beeinträchtigung für die Mieter, "wir sind jedoch durch den Eigentümer hierzu gezwungen" - so die Mitteilung.

"Wir wurden nur belogen und betrogen"

Der Eigentümer, die Belvona Service GmbH aus Düsseldorf verspricht auf ihrer Internetseite "ein einzigartiges, längst vergessenes Wohngefühl". Mieter sollen sich jederzeit umkompliziert an ihren persönlichen "Property Manager" wenden können, wenn diese Probleme haben. "Belvona Wohnanlagen setzen sich deutlich von der Qualität anderer Wohnanlagen ab", heißt es weiter. Angesichts des drohenden Endes der Wasserversorgung klingen diese Werbetexte wie Hohn.

Martina Jäckel, Bewohnerin der Waldsiedlung hatte sich an den rbb gewandt. "Sowas gibt es doch nicht. Im Jahr 2022 sitzen wir hier ohne Wasser", beschwert sie sich am Donnerstag. "Bis jetzt hat der Vermieter uns nur belogen und betrogen", sagt ein weiterer Anwohner. Eine Frau ergänzt, "ich habe doch meine Miete bezahlt, warum muss ich jetzt dafür geradestehen?" Das Unverständnis der Anwohner ist groß. "Wir haben schon viel erlebt, aber so war es noch nie", sagt Barbara Rockstein, ebenfalls Bewohnerin der Waldsiedlung. Am Mittwoch, sagt sie, habe sie sich an die Polizei in Cottbus gewandt, um zu fragen, was sie nun tun könne. Eine Anzeige wegen Veruntreuung sei aufgenommen worden.

Die Mieter haben nun Angst, dass dies nur der Anfang sein könnte. Werden die Gasrechnungen gezahlt? Kommt die Müllabfuhr weiterhin? All das ist unbekannt.

Mehrfach wechselnde Besitzer

Die Waldsiedlung Groß Schacksdorf war einst gut belebt. Rund 700 Menschen lebten noch Mitte der 1990-er Jahre dort. Seit einiger Zeit verlassen die Mieter die Siedlung aber. Etwas mehr als 240 leben noch dort. Unklare Besitzverhältnisse in der Waldsiedlung verunsicherten die Bewohner.

Die Siedlung wurde in den 90-er Jahren von der Gemeinde verkauft und wechselte seitdem mehrfach den Besitzer. Zu Beginn des Jahres konnte niemand sagen, wem die Waldsiedlung aktuell gehört. Bürgermeister Wolfgang Katzula versuchte nach eigenen Aussagen mehrfach einen Besitzer ausfindig zu machen.

Im April bekamen die Mieter schließlich einen Brief, in dem sich die Belvona GmbH aus Düsseldorf als neuer Verwalter vorstellte. Für die Bewohner war es ein Funken Hoffnung. Nun sind die Sorgen allerdings größer als zuvor.

In der kommenden Woche will sich der Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband zum Thema äußern. Eine rbb-Anfrage bei der Belvona GmbH blieb am Donnerstag unbeantwortet. Auch auf Anrufe wurde nicht reagiert.

Zumindest eine positive Nachricht konnte Bürgermeister Wolfgang Katzula am Donnerstag übermitteln. Sollte die Wasserversorgung wirklich eingestellt werden, will sich der Landkreis um Tankfahrzeuge bemühen. Doch auch hier bleibt die Frage, wer das bezahlt. "Das ist noch nicht gelöst", so Katzula.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.08.2022, 09:40 Uhr

27 Kommentare

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  1. 27.

    Warum gab es denn in diesem speziellen Fall keine Klage bzw. Gerichtsentscheid?
    Warum gab es z.B. während Corona eine Ausnahmeregelung?
    Nett von Ihnen, mir den Unterschied von Gericht und Verbraucherzentrale zu erklären. Danke!

    Aber jetzt verstehe ich dann auch, warum sich Gerichte nicht mit den "richtigen Straftätern" beschäftigen können. Einfach keine Zeit wegen zu vieler Klagen zur Strom-/Wasser-/Gas-/Internet-usw.-Sperrung. - Ironie -

  2. 26.

    Nur kann man sich auf "Gerichte" seltenst verlassen.
    Sobald Arbeit ansteht, wird die Sache zu Ungunsten der Benachteiligden abgewürgt.

  3. 25.

    Wenn einem Versorgungsunternehmen nach anzunehmenden mehrfachen Mahnungen an den Gebäudeeigentümer/Verwalter nichts anderes einfällt, als die Mieter vom Netz zu nehmen, läuft da auch was schief. So geht es nicht!
    Das Versorgungsunternehmen muß rechtzeitig den Rechtsweg gegen den/die Säumigen beschreiten. Das sind nicht! die Mieter!!!
    Unterlässt das Versorgungsunternehmen die notwendigen Maßnahmen und trennt das Netz von den Mietern ab, mach sich das Versorgungsunternehmen genauso schuldig!

  4. 24.

    Sie sind auf einem guten Rechercheweg, wenn Sie nicht auf halber Strecke stehenbleiben. Hierzulande entscheiden Gerichte und nicht Verbraucherzentralen. Warum ist das so? Sie werden die Gerichtsurteile finden...

  5. 23.

    Falsch ...
    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/kredit-schulden-insolvenz/stromsperre-was-nun-1167
    Bei Wasser ist es ähnlich: Keine Reaktion 14 Tage nach mehrmaliger Zahlungsaufforderung - kein Wasser mehr

  6. 22.

    Alles geklärt ... die Mieter bekommen weiterhin Wasser aus Hahn
    Gut gemacht, rbb!

    Aus dem "neuen" Artikel zum Thema:
    ",,, Die Mieter hatten nach eigenen Angaben alle Gebühren ordnungsgemäß entrichtet ..."
    https://www.rbb24.de/studiocottbus/panorama/2022/08/brandenburg-gross-schacksdorf-trinkwasser-versorgung-gesichert.html

  7. 21.

    Wasser und Strom kann man erst abstellen, wenn der Zahlungsanspruch eingeklagt wurde und ein Gericht entschieden hat.

  8. 20.

    Ich habe doch nicht behauptet, dass sie nicht gezahlt hätten.
    Ich behaupte nicht etwas nach Gutdünken, oder in Unwissenheit.

  9. 19.

    In dem Beitrag stand aber auch nichts davon, dass die Mieter ihre Betriebskosten nicht gezahlt haben! Gewöhnlich überweist man als Mieter immer beides zusammen. Oder ist das bei Ihnen anders?
    Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass sich der Sender der Sache angenommen hätte, wenn der Grund für die angekündigte Wasserabstellung bei den betroffenen Bewohnern liegen würde.

  10. 18.

    Miete und Nebenkosten sind zwei verschiedene Dinge.
    Meine Anwtwort war auf #13 von RM, der behauptete das die Mieter die Betribskosten gezahlt hätten, und davon stand im Bericht nichts, und darauf habe ich hingewiesen, mehr nicht.

  11. 17.

    Dass die Mieter die Betriebskosten gezahlt haben, ist wohl anzunehmen.
    Es handelt sich, wie im Bericht beschrieben ist, um hunderte Wohnungen. Mag sein, dass manche Mieter säumig sind. Das dürfte aber die absolute Minderheit sein und das rechtfertigt nicht das Abstellen des Wassers.

  12. 16.

    "... Eine Frau ergänzt, 'ich habe doch meine Miete bezahlt, warum muss ich jetzt dafür geradestehen?' ..."
    Die anderen Mieter werden vermutlich auch alle ihre Miete inkl. Ein ähnlicher Fall ging schon mal durch die Medien. Verkaufte AWG-Häuser in FFO, Eisenhüttenstadt oder was weiß ich. Da wurde den Mietern im Winter die Heizung abgedreht.
    Wenn bei mir so etwas passieren würde, würde ich mich mit den anderen Mietern und mit Unterstützung eines Mietervereins zusammenschließen und die Miete nicht mehr an den Hauseigentümer oder die Hausverwwaltung überweisen, sondern an die Wasserwerke.

  13. 15.

    ...und das ändert jetzt was ganz genau, bitte?

    Wenn Sie so engagierte tun - und Sie tun auch nur so - gehen Sie zu den Mietern und besprechen im Detail was zu tun ist, damit Sie, die Mieter und Politiker von Art 14 GG.
    Im Übrigen, ist das so eine Sache mit dem Anwenden, wenn dazu die Ausführungsbestimmungen durch andere Gesetze geregelt sind. Aber Sie wissen ja offensichtlich wie das geht...

  14. 14.

    Im den Beitrag stand nichts davon, dass die Mieter ihre Betriebskosten gezahlt haben!

  15. 13.

    Die Mieter haben die Betriebskosten, also auch das Wasser, bezahlt.
    Wenn der Gebäudeeigentümer/Verwalter die Wasserrechnung nicht bezahlt hat, ist das Unterschlagung und Diebstahl. Wenn das Wasser abgestellt wird, kommen aus meiner Sicht noch Nötigung und Körperverletzung dazu


  16. 12.

    Aus Insiderkreisen zu erfahren. Die Servicekräfte dort sind gekündigt, die Wohnanlage schon wieder verkauft.

  17. 11.

    Die Maßnahme ist unverhältnismäßig. Der ZV hat andere Möglichkeiten seine Forderungen zu vollstrecken, im Extremfall per Eintrag ins Grundbuch. Er wäre dann Miteigentümer der Siedlung. Der Bürgermeister sollte sich im Rahmen der Verbandsversammlung dafür stark machen anstatt den für den ZV bequemsten Weg zu dulden.

  18. 10.

    Jetzt sollte die Gemeinde mal sehr schnell eine Lösung - ohne Tankfahrzeuge - finden.
    Wer hat da die ganze Zeit geschlafen?
    Unternehmen werden mit "Rettungspaketen" ausgestattet und Otto-Normal guckt in die Röhre?
    Das kann's ja wohl nicht sein ...

  19. 9.

    Zwangsverwaltung, falls kein Eigentümer zu ermitteln ist. Im Grundbuchamt ist Eigentümer nicht zu finden? Denkt an Fall Familie Walter (Haus erworben bei Zwangsversteigerung, da Eigentümer nicht zu erreichen war) Bericht Rbb. Bei unserem Bürokatismus in Deutschland ist alles nicht so einfach

  20. 8.

    Das stimmt, aber eine rechtskräftige Eintragung ins Grundbuch kann dauern. Wir haben darauf 16 Monate gewartet.

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