Zu geringe Nachfrage - Schlichtungsstelle für Tagebauschäden offenbar klammheimlich geschlossen

Mo 17.07.23 | 15:24 Uhr
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Menschen schauen sich die Fassade eines Hauses in Tauer an, die Risse aufweist, die auf den Betrieb des nahegelegenen Tagebaus Jänschwalde zurückzuführen sein sollen. Betroffene Bürger aus Tauer, Mitglieder des Gemeindekirchenrates, Sachverständige und interessierte Menschen treffen sich zu einer Informationsveranstaltung zu immer sichtbarer werdenden Schäden, die auf den Tagebau Jänschwalde zurückzuführen sein sollen. (Quelle: dpa/F. Hammerschmidt)
Audio: Antenne Brandenburg | 17.07.2023 | Daniel Friedrich | Bild: dpa/F. Hammerschmidt

Die Brandenburger Grünen fordern, dass die Schlichtungsstelle für Bergbauschäden in Cottbus wieder eingerichtet wird. Doch dass die geschlossen wurde, war gar nicht bekannt. Auch das Ministerium gibt zu, dass die Öffentlichkeit nicht informiert wurde.

Eine Forderung der Brandenburger Grünen vom Wochenende sorgt für Verwirrung: Die Partei fordert die Wiedereinrichtung der Schlichtungsstelle für Bergbauschäden in Cottbus, so eine Mitteilung vom Sonntag. Dass die aber geschlossen worden war, war zuvor nicht bekannt.

Hintergrund ist eine Ortsbegehung in Tauer (Spree-Neiße) am Sonntag, bei der der Gemeindekirchenrat auf Schäden aufmerksam machen wollte, die mutmaßlich auf den nahen Tagebau Jänschwalde zurückzuführen sind.

An vielen Häusern im Ort, sogar an der Kirche, finden sich Risse, die sich laut Bewohnern in den letzten drei bis fünf Jahren gebildet haben. Um Ansprüche gegen den Tagebaubetreiber Leag geltend zu machen, hätten sich die Betroffenen an die Schlichtungsstelle für Bergbauschäden in Cottbus wenden können. Doch die gibt es nicht mehr. Das war so aber nie kommuniziert worden, wie rbb-Recherchen zeigen.

"Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit [...] erfolgte nicht"

Die Schlichtungsstelle sollte sich beispielsweise um Konflikte von Hausbesitzern mit dem Tagebaubetreiber Leag oder mit dem Tagebausanierer LMBV kümmern. Angesiedelt war sie bei der IHK Cottbus.

2019 hatte die Stelle ihre Arbeit aufgenommen. Allerdings war die Nachfrage nach Schlichtungen von Beginn an gering. Auf Nachfrage beim Brandenburger Wirtschaftsministerium erklärte ein Sprecher, dass die Schlichtungsstelle im Dezember 2022 ihre Arbeit eingestellt hatte.

"Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über das Auslaufen der Schlichtungsstelle erfolgte nicht, vielmehr ist vorgesehen, hierüber im Rahmen einer der nächsten Braukohlenausschusssitzungen in Cottbus zu berichten", heißt es in der Antwort des Ministeriums. Die Öffentlichkeit sollte also mehr als ein halbes Jahr später über die Schließung informiert werden.

Zu wenige Anträge, nur zwei Schlichtungsvorschläge

Der Schließung ist laut Ministerium allerdings ein längerer Prozess vorausgegangen. Drei Jahre nach dem Start war eine Evaluierung der Schlichtungsstelle im Sommer 2022 vorgesehen. Weil diese durch eine externe Kanzlei vorgenommen wurde, wurde die Stelle noch einmal bis zum Jahresende 2022 verlängert.

Die Kanzlei kam zu dem Ergebnis, dass die Schlichtungsstelle nicht länger fortgesetzt werden sollte. Ausschlaggebend, so das Ministerium, war, dass zu wenige Fälle eingereicht worden seien, dass nicht zu erwarten sei, dass es deutlich mehr Fälle werden und der deshalb geringe Mehrwert der Einrichtung.

Lediglich 23 Anträge seien bei der Schlichtungsstelle innerhalb von drei Jahren eingegangen. 20 davon seien als unzulässig erachtet oder sogar von den Antragstellern selbst zurückgenommen worden - in lediglich zwei Fällen habe es einen Schlichtungsvorschlag gegeben, der von den Streitenden angenommen wurde.

Mögliche Opfer von Tagebauschäden können damit nur noch vor Gericht um Schadenersatz kämpfen. Zwar sind auch Meldungen direkt bei der Leag möglich - eine unabhängige Entscheidung wie zuvor bei der Schlichtungsstelle ist dort allerdings nicht zu erwarten.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.07.2023, 14:10 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Zwischen Schließen und mehrere Vollzeitstellen gibt es noch eine Reihe anderer Wege die Schlichtungsstelle zu betreiben.

  2. 3.

    Wie viele Vollzeitstellen sollen es denn Ihres Wissens gewesen sein?
    Da steht nix von Vollzeitstellen!
    Sie vermuten nur.

  3. 2.

    Wenn in 3 Jahren nur 23 Anträge eingehen, durchschnittlich 1 Antrag alle 6 Wochen, scheint das Bürgerinteresse nicht besonders groß gewesen zu sein.
    Warum sollen eine oder mehrere Vollzeitstellen mit öffentlichen Geldern finanziert werden, wenn es kein Interesse bei den Bürgern gibt?

  4. 1.

    Bürgernähe sieht anders aus.
    Schlichtungsstellen haben den Auftrag Konflikte zu lösen Die klammheimliche Schließung ist ein No-Go.
    Da braucht sich die Regierung nicht zu wundern, dass viele Bürgerinnen und Bürger in der AFD eine Hoffnung sehen. Aber genauso hätte es auch die AFD gemacht.
    Nach dem Motto:
    Schlichtungsstelle? Weg damit!
    Kommunikation der Schließung? Warum denn?

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