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Audio: Radio Fritz | 19.07.2022 | Finanzexperte Brandenburger Verbraucherschutz Erk Schaarschmidt | Quelle: imago images

Interview | Verbraucherschützer über Geldanlagen

"Je höher die Rendite-Angaben, desto höher auch das Verlustrisiko"

Alles wird immer teurer und das Geld verliert an Wert. Trotz der Inflation und auch ohne große Rücklagen, können sich aber Investitionen auszahlen. Erk Schaarschmidt, Finanzexperte beim Brandenburger Verbraucherschutz, kennt die Dos und Don'ts.

rbb|24: Herr Schaarschmidt, viele Bürgerinnen ächzen ja schon jetzt unter den hohen Preisen. Und ist es überhaupt eine gute Zeit, um über Geldanlage nachzudenken?

Erk Schaarschmidt: Man kann natürlich nur das anlegen, was man hat. Es gibt keinen guten oder schlechten Zeitpunkt, um mit der Geldanlage anzufangen, allerdings macht es wenig Sinn, einen Kredit aufzunehmen, um dann mit dem Geld zu spekulieren. Deshalb ist es sinnvoll, etwas zu Seite zu legen - wenn es denn geht.

Wie viel Geld sollte man denn mindestens auf der hohen Kante haben, wenn man über eine Geldanlage nachdenkt? Also wie groß sollte der Notgroschen sein?

Wir reden so über zwei bis drei Netto-Monatsgehälter, die man erst einmal relativ sicher Bunkern sollte. Egal ob auf dem Girokonto oder einem Tagesgeldkonto. Das kann auch ein Sparbuch sein, an das ich dann eben notfalls ran kann, wenn das Auto kaputt geht, wenn ich eine neue Waschmaschine brauche oder eine Wohnung notdürftig ausstatten muss.

Wie groß sollte neben diesem Notgroschen der Anteil sein, den ich auf meinem Konto oder auf meinem Sparbuch lasse – trotz der steigenden Inflation?

Das hängt von der eigenen Risikoaffinität ab. Ist man weniger bereit, Verlustrisiken einzugehen, dann bleibt das Geld als sichere Einlage auf dem Konto. Vielleicht gibt es in ein bis zwei Jahren auch wieder einige Zinsen dafür. Wer das Geld riskanter anlegen möchte, mit der Aussicht auf eine höhere Rendite, der kann das tun. Wie hoch dieser Anteil ist, hängt dann von den persönlichen Verhältnissen ab.

Zur Person

Zur Person

Aktien und ETF (Exchange Traded Funds) sind ja mittlerweile schon im Mainstream angekommen. Ist eine Flaute an der Börse eine gute Zeit, um da einzusteigen?

Wenn man daran glaubt, dass alles gut wird und die Welt sich immer weiterentwickelt, dann sind Aktien eine gute Geldanlage, wenngleich man natürlich auch zehn bis durchaus auch mal 15 Jahre Dürreperiode aushalten können muss. Wenn man also beispielsweise im Januar 2022 Aktien an der Börse gekauft hat, dann wird man ein dickes Minus verkraften müssen. Und das wird man vielleicht auch noch zwei Jahre aushalten müssen, bevor dann langsam aber sicher die Kurse wieder steigen werden. Aber das sind alles rückschauende Prognosen, die sozusagen aus der Historie abgeleitet sind. Es gab immer wieder sogenannte Schwächephasen, die eben auch mal zehn, bis 15 Jahre dauern können. Die muss man überbrücken können. Wer das nicht kann, für den sind Aktien nicht geeignet. Und wie gesagt: Das gilt alles für die Annahme, dass es in der Zukunft so sein könnte wie in der Vergangenheit. Aber eine Glaskugel haben wir alle nicht.

Würden Sie Menschen, die in puncto Aktien und ETFs Einsteiger sind, empfehlen ETFs zu kaufen oder sollten sie eher in Aktien investieren?

Natürlich immer ETF! Weil das eine Mischung ist. Ein ETF ist ein Fonds, der die Wertentwicklung eines Aktien-Index wie den des DAX abbildet. Dort habe ich das Risiko auf mehrere Aktien gestreut und es ist geringer als bei einer Einzelaktie. Die kann eben von heute auf morgen um 50, 60 oder 70 Prozent wegbrechen, was man dann als Verlust hat. Mit dem ersten Geld, das man investiert, sollte man vielleicht lieber auf vermögenswirksame Leistungen setzen, zum Beispiel einen Depotsparvertrag. Das ist ein guter Einstieg. ETFs bekommt man auch schon ab 25 Euro im Monat, je nachdem, was für einen Sparplan man sich aufstellt und wie viel man investieren kann.

Die Kryptowährungen brechen ja gerade auch ziemlich ein. Würden Sie da trotzdem noch darauf setzen?

Setzen? Das hört sich so an wie eine Wette – und das ist es im Moment auch. Die Kryptobörsen sind wenig reguliert, es gibt viel spekulatives Geld in diesem Bereich und dort wird viel Geldwäsche betrieben. Man muss damit rechnen, dass Kryptowährungen von heute auf morgen von der Böse verschwinden, auch auf politischen Druck hin, weil es natürlich Konkurrenzwährungen zu Euro, Dollar und Yen sind. Deshalb ist es hochspekulativ, in Bitcoins zu investieren. Man kann sie von heute auf morgen einfach abschalten und das ist natürlich auch ein erhebliches Risiko für die Verbraucher. Deshalb Finger weg davon!

Für viele Menschen ist ja die Investition in ein Eigenheim das Sicherste. Macht es derzeit aus Ihrer Sicht Sinn, sich eine Immobilie zu kaufen.

Je nach Veranlagung. Der eine kann mit Investitionen in Steine besser leben, weil er etwas zum Anfassen hat. Andere investieren ihr Geld in Oldtimer, was auch durchaus eine Wertanlage sein kann, wieder andere in Aktien. Aber Sachwerte, sind grundsätzlich gut. Dann kommt es eben darauf an, was einem liegt. Wer heute noch zu teuren Preisen in Immobilien investieren kann und nichts anderes will, liegt damit nicht falsch. Man muss aber auch wissen, dass man teuer kauft und dass die Preise natürlich nicht weiter so exorbitant steigen werden, wie es in der Vergangenheit gewesen ist.

Warnung vor zweifelhaften Angeboten

Wie können sich Verbraucher:innen vor unlauteren Angeboten schützen, die beispielsweise von Finanz-Influencern in den Sozialen Netzwerken angeboten werden?

Es gibt natürlich auch im Finanzbereich schwarze Schafe, die Anlagen anbieten, hinter denen sich nur heiße Luft verbirgt. Eine sichere Anlage kann heute niemals drei, vier, fünf Prozent abwerfen. Da ist mit Sicherheit etwas faul. Das heißt, je höher die Rendite-Angaben, desto höher auch das Verlustrisiko bis hin zum Totalverlust. Bei den Kryptowährungen gibt es auch viele Betrugsplattformen, auf denen man keine echten Anlagen kauft und anfangs 250 Euro oder 250 Dollar investiert und die sind im Prinzip rausgeschmissenes Geld, weil man dafür keinen Gegenwert bekommt. An solchen Geschichten verdienen sich Betrüger dumm und dämlich. Bei Online-Coachings kann man schwer vorhersagen, ob das gut oder schlecht ist. Man sollte sich kritisch anhören, ob es vernünftig klingt und auf jeden Fall nachprüfen, ob die Angaben stimmen, die gemacht werden.

Welche Tipps können Sie denjenigen geben, die kein Geld haben, um es irgendwo zu investieren und jetzt mit Sorge auf die drohende Nachzahlungen blicken?

Wenn die Möglichkeit gibt, etwas zur Seite zu legen, sollte man das unbedingt machen. Schwierig wird es, wenn es nichts gibt, was man zur Seite legen kann. Wenn man mit den Einnahmen nicht mehr auskommt, sollte man sich beraten lassen. Sonst läuft man Gefahr Schulden zu machen und sich selbst immer weiter in die Schuldenfalle zu treiben. Abgesehen davon, sollte jeder einfach frühzeitig anfangen, auch kleinere Beträge regelmäßig zur Seite zu legen und das Sparen sozusagen zu üben. Dazu gehört, jeden Monat mal 20 oder 25 Euro wegzulegen und sich etwas anzusparen, was einem später vielleicht eine Freude macht oder was dann schon der Altersvorsorge dient.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Juliane Gunser, rbb|24

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 19.07.2022, 19:30 Uhr

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