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Audio: rbb24 Inforadio | 08.03.2024 | Zummack, Karsten | Quelle: imago-images/O. Behrendt

Reaktivierung der Heidekrautbahn

Mehr Kraut als Bahn

Für 10,6 Milliarden Euro soll das Schienennetz der Region bis 2030 zukunftsfähig gemacht werden. Dafür soll auch die alte Heidekrautbahn-Stammstrecke von Barnim nach Berlin wieder in Betrieb genommen werden, doch die Umsetzung hakt. Von Karsten Zummack

Grasbüschel und Mini-Tannen ragen zwischen den Gleisen hervor, die Bahnsteige sind dicht bewuchert. An den Kanten hat sich Moos festgesetzt. Die Schienen bei Schildow (Oberhavel), einem Ortsteil von Mühlenbecker Land, dämmern seit der endgültigen Stilllegung der Strecke 1983 fast unbenutzt vor sich hin. Nur ab und zu rollen hier Güterzüge des Bahntechnikherstellers Stadler oder Sonderfahrten mit Dampflok über die teils rostig wirkenden Gleise.

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Pendelverkehr soll entzerrt werden

Auch das Bahnhofsgebäude aus Backstein ist in die Jahre gekommen. Im Moment wird es von einem Steinmetz genutzt. Doch schon bald sollen hier wieder Züge halten. Schildow ist eine der Stationen, die auf der etwa 14 Kilometer langen Stammstrecke der Heidekrautbahn angesteuert werden. Sie soll von Schönwalde (Wandlitz/Barnim) bis nach Berlin-Wilhelmsruh reichen.

Gleich drei der geplanten Haltepunkte liegen in der Gemeinde Mühlenbecker Land. Bürgermeister Filippo Smaldino (SPD) kann es kaum erwarten, dass hier endlich wieder Personenzüge rollen. "Wir müssen einfach schauen, wie wir den gesamten Pendelverkehr von und nach Berlin entzerren können. Und das geht nur mit der Schiene", zeigt sich der Kommunalpolitiker überzeugt. Außerdem verspricht er sich von einer besseren Bahnanbindung eine höhere Lebensqualität für die Einwohner und positive Folgen für die Gesamtentwicklung seiner Gemeinde.

Kritische Töne von Anwohnern

Die Heidekrautbahn ist für die gesamte Region ein Prestigeprojekt. Der große Vorteil: Die Gleisbetten sind vorhanden, auch viele der Bahnhöfe. Die Betreibergesellschaft Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) verspricht später einen Halbstundentakt. Zum Einsatz sollen wasserstoffbetriebene Züge kommen. Die ersten sind bereits bestellt.

An der Strecke stößt das Vorhaben — wie bei großen Infrastrukturprojekten üblich — natürlich nicht nur auf Begeisterung. Vor einigen Jahren hat sich eine Bürgerinitiative namens "Dialog Heidekrautbahn" gegründet, die die Planung kritisch begleitet. Dabei geht es nach Aussage des Vereinsvorsitzenden Patrick Schumann nicht darum, das Projekt komplett zu verhindern. Der 36-Jährige, der sich auch bei den Grünen im Mühlenbecker Land engagiert, führt die Themen Naturschutz und Lärm ins Feld.

Schumann befürchtet negative Auswirkungen auf das Tegeler Fließ. Außerdem verweist er darauf, "wie dicht die Besiedlung mittlerweile an dieser Schiene ist". Anders als früher seien viele Grundstücke inzwischen erschlossen. "Diese Strecke darf nicht einfach so ohne einen entsprechenden Schutz für die Anwohner betrieben werden", so der Vereinschef.

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Start-Termin nicht mehr zu halten

Richtig viel ist bisher nicht geschehen an der Strecke. Am Endpunkt der alten und neuen Heidekrautbahn, dem S-Bahnhof Berlin-Wilhelmsruh, wurden erste Böschungen gerodet. Bauvorbereitende Maßnahmen, das war es dann aber schon. Dabei sollte die Strecke ursprünglich bereits Ende 2023 starten, der Termin wurde auf Ende 2024 verschoben. Doch auch dieses Ziel ist nicht mehr zu halten, bestätigten die Niederbarnimer Eisenbahn und das brandenburgische Infrastrukturministerium jetzt auf rbb-Nachfrage.

"Leider konnten durch die beauftragten Planungsbüros die Planunterlagen nicht entsprechend des vereinbarten Zeitplans erstellt werden", teilt die Niederbarnimer Eisenbahn in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Außerdem seien im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wesentlich mehr Einwendungen eingereicht worden als erwartet. "Für Streckenabschnitte ab dem Bahnübergang Hertzstraße in Berlin bis zum Abzweig Schönwalde läuft noch das förmliche Planfeststellungsverfahren", heißt es aus dem Infrastrukturministerium in Potsdam.

Frust beim Bürgermeister

Damit ist die Wiederinbetriebnahme der Strecke Ende 2024 nicht mehr zu halten. "So was sorgt für Frust", ärgert sich Smaldino, der Bürgermeister von Mühlenbecker Land. Auf einen neuen Starttermin wollen sich derzeit weder die Niederbarnimer Eisenbahn noch das brandenburgische Infrastrukturministerium festlegen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.03.2024, 18.32 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

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