Friesack im Havelland - Zu Besuch auf dem umstrittenen Festival "Pax Terra Musica"

Fr 29.07.22 | 15:53 Uhr | Von Sabine Loeprick
Pax Terra Musica Festival in Brandenburg im Juli 2022. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 28.07.2022 | Hanno Christ | Bild: rbb

Konzerte, Vorträge und Workshops bietet das Festival "Pax Terra Musica" bis Sonntag in Friesack (Havelland). Kritiker werfen den Veranstaltern vor, auch Verschwörungsmythikern eine Bühne zu bieten. Sabine Loeprick hat sich umgesehen.

Festivalstimmung am Ortsrand von Friesack: Eine große Wiese gleich neben einer Schafweide ist zum Campingplatz umfunktioniert worden. Zelte werden aufgebaut, Wohnmobile abgestellt. Die Autos auf dem Parkplatz kommen aus verschiedenen Bundesländern, aus Niedersachsen und Hessen, aber auch aus Spanien, der Schweiz und den Niederlanden. Auf der anderen Seite der Straße liegt das eigentliche Festivalgelände, mit einer Freilichtbühne, einer großen Wiese, an deren Rand kleine Zelte, Buden und Stände platziert sind.

Auf einer Bank stimmt sich ein Musiker mit Gitarre ein, Familien umlagern eine große improvisierte Wasserrutsche, von der Kinder begeistert ins kühle Nass gleiten. An einem Stand demonstriert ein Musiker, wie sogenannte Tankis, die karibischen-Steel Drums ähneln, gespielt werden. Gleich nebenan wird für Yoga und Meditationsangebote geworben und eine Künstlerin hat in einem Zelt Bilder ausgestellt - darunter Darstellungen der Anschläge auf das New Yorker World Trade Center vom 11. September 2001. Dazu gebe es noch reichlich Aufklärungsbedarf, sagt sie.

Von Yoga bis zu Geo-Strategien der USA

Zum vierten Mal findet an diesem Wochenende das Festival "Pax Terra Musica" statt, das 2017 seine Erstausgabe erlebte und in diesem Jahr mit rund 1.500 Besuchern rechnet. Auf der eigenen Homepage präsentiert es sich als Friedensfestival für "Engagierte und Aktive" und für Menschen, die "gesellschaftlichen und internationalen Konflikten auf den Grund gehen wollen".

Organisator Malte Klingauf bezeichnet das Festival im Gespräch mit dem rbb als Veranstaltung, auf der man miteinander ins Gespräch kommen solle - und betont, dass sich viele der Teilnehmenden von Friedensdemonstrationen und -aktionen bereits kennen würden. Doch die Veranstaltung, bei der es in Vorträgen und Workshops unter anderem um Yoga und Meditation, um Selbstermächtigung oder auch Recherchen zur neuesten US-Geostrategie geht, steht in der Kritik.

Pax Terra Musica Festival in Brandenburg im Juli 2022. (Quelle: rbb)
Ein Musiker auf dem Festival "Pax Terra Musica" im Havelland. Rund 1.500 Gäste werden in diesem Jahr in Friesack erwartet. | Bild: rbb

Russlands Soldaten in der Ukraine als "Friedenstruppen" verharmlost

Das Innenministerium in Potsdam antwortet auf eine Anfrage des rbb: "Der Veranstalter ruft auf seiner Homepage zum Frieden auf. Er setzt jedoch Russland als Verursacher des Angriffskrieges gleich mit Europa und anderen Staaten." Solche relativierenden Aussagen würden grundsätzlich einen Anknüpfungspunkt für Extremisten und Verschwörungsgläubige bilden, heißt es vom Ministerium.

Diese Einschätzung teilt auch das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt und Rechtsextremismus. Frauke Büttner vom Bündnis sagte dem rbb, das Festival biete Verschwörungsmythen eine Bühne und grenze sich nicht deutlich davon ab. Dabei bezieht sie sich unter anderem auf einen der musikalischen Hauptacts, den Rapper Kilez More. In einem seiner Songs, so Büttner, thematisiere er beispielsweise die "neue Weltordnung", das lehne sich klar an Verschwörungsmythen an. Zudem treten demnach auch Referenten auf, die in eigenen Blogs oder Youtube-Formaten beispielsweise Russlands Soldaten als "Friedenstruppen" bezeichnen und der "Querdenker"-Szene zumindest nahestehen.

Innenministerium rät zu kritischem Blick

Der Veranstalter des Festivals weist die Vorwürfe zurück. Malte Klingauf betont, sein Festival stehe unter dem Motto "Humanismus, Menschlichkeit und Nächstenliebe", niemand werde ausgegrenzt.

Gerade diesen sehr weit gefassten Toleranzbegriff aber sieht das Brandenburger Innenministerium als problematisch an. Man sei mit dem Amt und der Stadt Friesack im Gespräch, heißt es, und rate Besuchern und Veranstaltern bei der enormen Bandbreite der Angebote zu einem kritischen und differenzierten Blick.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.07.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Sabine Loeprick

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