25 Jahre Camera Work - Jubiläumsausstellung zeigt Ikonen der Fotografie

So 14.08.22 | 15:37 Uhr
PETER LINDBERGH Estelle Lefébure, Karen Alexander, Rachel Williams, Linda Evangelista, Tatjana PaEtz, and Christy Turlington Santa Monica, 1988 Medium: Archival Pigment Print Size: AP 1/3 120 x 180,3 cm. (Quelle: © PETER LINDBERG / Courtesy of CAMERA WORK Gallery)
Audo: rbbKultur | 12.08.2022 | Oliver Kranz | Bild: © PETER LINDBERG / Courtesy of CAMERA WORK Gallery

Zur Sammlung der Galerie Camera Work gehören ikonische Aufnahmen vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Zum 25-jährigen Bestehen werden 50 Fotografien aus den wichtigsten Ausstellungen der Galerie gezeigt. Von Oliver Kranz

An der Kantstraße flattert eine große Ausstellungsfahne, die Galerie selbst liegt im zweiten Hinterhof – ein Haus mit Fabrikflair: helle Fassade, große Fenster, zwei Stockwerke. Als sich die Fotografen Helmut Newton und Christian Diener vor 25 Jahren in den Hof verirrten, stand es gerade leer. "Sie haben einen nächtlichen Spaziergang gemacht und gedacht, das wäre eine tolle Location", erzählt Ute Hartjen, Vorstand der Camera Work AG. "Sie hatten die Idee, eine Galerie aufzumachen, und Gerd Elfering hatte den Mut, es auch zu tun."

Infos zur Ausstellung

Jubiläumsausstellung 25 Jahre Camera Work

Termin: 13.08.2022 - 01.10.2022

Adresse: [Camera Work] | Kantstrasse 149 | 10623 Berlin

Modefotografie, Porträtfotos, Architektur- und Landschaftsbilder und Fotoreportagen

Gert Elfering verfügte 1997 bereits über eine beträchtliche Fotosammlung, die in den Folgejahren noch vergrößert wurde. Sie wurde von der Galerie Camera Work übernommen und zählt heute zu den größten weltweit.

Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Modefotografie, doch die Sammlung umfasst auch Porträtfotos, Architektur- und Landschaftsbilder und Fotoreportagen. Und all das ist in der Jubiläumsausstellung auch zu sehen – etwa 50 großformatige Fotos aus den wichtigsten Ausstellungen der Galerie.

Philippe Garner, ehemals Direktor im Auktionshaus Christie’s in London und international renommierter Experte für Fotografie, hat sie zusammengestellt. Er verzichtet auf jede Chronologie. Die Bilder sind so angeordnet, dass sie sich inhaltlich und ästhetisch aneinander reiben.

Besuch von Leonid Breschnew in Berlin zum 25. Jahrestag der DDR Berlin-Schönefeld, 1974. Medium: Archival Pigment Print Size: 2/10 36 x 36 cm. (Quelle: © THOMAS BILLHARDT / Courtesy of CAMERA WORK Gallery)Thomas Billhardt: Besuch von Leonid Breschnew in Berlin zum 25. Jahrestag der DDR Berlin-Schönefeld, 1974

Helmut Newton neben Leni Riefenstahl

Das Foto eines Diskuswerfers von Leni Riefenstahl aus dem Jahr 1936 hängt neben Porträts verkleideter alter Damen, die Diane Arbus 1965 auf einem Kostümball in New York fotografiert hat. Danach folgt Helmut Newtons "Big Nude III".

"Ich mag die Gegenüberstellung von Leni Riefenstahl und Helmut Newton", erklärt Philippe Garner." Auf der einen Seite sehen wir einen muskelbepackten Athleten, der für das Männlichkeitsideal der Nazis steht, auf der anderen Seite eine nackte Frau, die sehr selbstbewusst in die Kamera blickt.

Helmut Newton musste 1938 vor den Nazis fliehen, aber er hat Leni Riefenstahl, kurz bevor sie starb, noch getroffen und sie fotografiert. Da schließt sich ein Kreis, den ich faszinierend finde."

"Was wir ausstellen ist zu 99 Prozent ästhetisch"

Im nächsten Raum folgen bekannte Modefotos. Der pelzbesetzte Frauenschuh beispielsweise, den Richard Avedon 1948 auf der Place du Trocadéro in Paris fotografierte – mit dem unscharfen Eiffelturm im Hintergrund. Oder Irving Penns "Black and White Vogue Cover", das eine Dame mit Hut zeigt. Aufgrund des starken Schwarz-Weiß-Kontrasts wirkt das Foto wie eine Grafik. Geometrische Formen spielen miteinander - die runde Hutkrempe und das spitz abstehende Halstuch bauen Spannung auf.

"Modefotos zeigen nicht einfach nur Kleidung. Sie transportieren die Träume und Wünsche und verraten viel über die Stimmung der jeweiligen Zeit", sagt Philippe Garner. Doch es geht auch ums gute Aussehen. "Wir lieben ästhetische Fotos", so die Galerie-Leiterin Ute Hartjen. "Dafür sind wir auch bekannt. Es gibt so viel Schreckliches auf dieser Welt und das gibt es auch in unserer Sammlung, aber was wir ausstellen, ist zu 99 Prozent sehr ästhetisch."

Interview von Oliver Kranz mit Philippe Garner in der Austellung 25 Years Camera Work. (Quelle: rbb)
Philipp Garner mit Oliver Kranz im Interview. | Bild: rbb

Zur Schönheit gehören mitunter auch Risse

Camera Work ist eine kommerzielle Galerie und stellt vor allem das aus, was sich gut verkauft. Doch zur Schönheit gehören mitunter auch Risse in glatten Oberflächen – die Leberflecke auf der Haut eines Models, das die französische Fotografin Bettina Reims porträtiert hat, oder der kaputte Bilderrahmen, den man auf einer Aufnahme des Kanadiers Robert Polidori entdeckt. Sein Foto zeigt eine Zimmerflucht im Schloss von Versailles.

"Das Bild fragt nach dem Wesen von Zeit", erklärt Philippe Garner. "Historische Gebäude haben viel erlebt und viele der früheren Bewohner haben Spuren hinterlassen. Man sieht sie auf dem Bild und fragt sich, was sie zu bedeuten haben. Das Foto gibt keine Antworten, aber es zieht die Menschen, die es betrachten, magisch in seinen Bann."

Und das gefällt dem Kurator. Er mag Bilder, die sich nicht auf den ersten Blick entschlüsseln lassen. Die Ausstellung präsentiert Fotoikonen, auf denen man auch bei mehrfachem Anschauen immer wieder etwas Neues entdeckt.

Sendung: rbbKultur, 12.08.2022, 18:25 Uhr

Nächster Artikel