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Video: rbb24 Abendschau | 02.08.2022 | Ulli Zelle | Quelle: dpa/Ali Lorestani

Die Rolling Stones in der Waldbühne

"Viel Eintrittsgeld für einen Besuch bei Opa und seinen Kumpels - einerseits…"

Das erste Konzert der Rolling Stones in der Waldbühne ging in die Geschichte ein - auch weil die Arena danach zerstört war. Nun sind die Stones zurück. In die Historie eingehen könnten nun vor allem die Ticketpreise. Ob sich das noch lohnt, fragt sich Arno Frank.

Ob es sich heute noch lohnen kann, zu einem Konzert der Rolling Stones zu gehen? Was heißt "heute noch"? Wann denn sonst? Sie sind schon am Hof von König Heinrich VIII. angetreten, waren während des Dreißigjähriges Kriegs auf Tournee und haben beim Wiener Kongress 1814 dafür gesorgt, dass sich alle Beteiligten mit Stühlen geprügelt haben.

Aber im Ernst: Die Rolling Stones sind die popkulturelle Speerspitze an der Altersfront. Ich war schon in den 1990er Jahren in München auf einem Rolling-Stones-Konzert im Olympiastadion, weil es hieß: "Wer weiß, ob die jemals wiederkommen." Da waren Mick Jagger und Keith Richards schon so alt wie ich heute - so um die 50 Jahre.

Seitdem ist jedes Konzert eine Wette darauf, dass ihr Rhythm 'n' Blues auch mit beinahe 80 Jahren noch so abgehangen klingt, wie er schon vor 60 Jahren klang, als sie damit angefangen haben, die Akkorde von Muddy Waters und anderen schwarzen Künstlern zu stibitzen.

Heute verkaufen die Stones ihre eigene Unsterblichkeit

Keine Konzertkritik kommt ohne den Hinweis aus, wie "fit" dieser Mick Jagger wieder von rechts nach links gelaufen ist. Als wäre es eine geriatrische Leistungsschau. Früher war Rock'n'Roll der Soundtrack der Jugend, als das Konzept der Jugend gerade erst erfunden worden war.

Heute sind die Rolling Stones Handlungsreisende, sie verkaufen ihre eigene Unsterblichkeit. Dazu passt der Spruch: "Wir müssen uns langsam mal überlegen, wie wir unserem Keith Richards den Planeten überlassen wollen".

Die Stones kommen zwar immer wieder. Viel kommt da aber nicht mehr. Ihre besten Songs sind älter als Sie und ich, seit "Start me Up" von 1981 klingt im Grunde jede Single gleich. Never change a winning wild horse, wie die Angelsachsen sagen, zumal sie sich selbst in den Kanon der Popkultur hineintätowiert haben.

Für die Denkmalpflege

Altamont Speedway, Reichsparteitagsgelände - oder eben die Waldbühne 1965. Die Allererwachsensten unter Ihnen werden noch heute stolz die Narben dieser legendären Schlacht vorzeigen können. Mittwoch wird es vermutlich gesitteter zugehen. Wie es sich für die Denkmalpflege gehört.

Konzertkritik | Sting in der Zitadelle

Keine Experimente, nur Hits, Hits, Hits

Vor 45 Jahren startete Sting seine Karriere mit The Police, mittlerweile sind seine Lieder weltbekannt. "My Songs" heißen auch sein aktuelles Album und die Tournee, die jetzt Sting in die Zitadelle nach Spandau führte. Simon Brauer bekam tatsächlich viele Hits zu hören - eher zuviele.

Ist das Geld für die Tickets gerechtfertigt? Nicht seit Schlagzeuger Charlie Watts gestorben ist. Rund 200 Euro auf den billigsten Rängen ganz oben, 560 Euro ganz unten vor der Bühne. In die Waldbühne passen so viele Leute, wie die "taz" Genossinnen hat, also rund 22.000. Am Ende dieses Abends werden einige Millionen Euro eingenommen sein. Seitens der Rolling Stones lohnt es sich also allemal.

Zum Vergleich: 1965 kosteten die teuersten Karten zehn Mark, das sind rund fünf Euro. Damals kam jeder, der das wollte. Heute kommt nur, wer sich das leisten kann - und will. Selbst inflationsbereinigt können jetzt auch solvente Musikfreunde ihre persönliche Schmerzgrenze austesten.

Reise mit einer Zeitmaschine

Bald 600 Euro mit Gebühren, das ist ein Drittel mehr als der übliche Hartz-IV-Satz oder, je nach Rechnung, ein zehntägiger Urlaub auf Island inklusive Flug und Unterkunft. Oder die Summe, die jeder Haushalt in diesem Jahr mehr für Gas bezahlen muss. Also verdammt viel Eintrittsgeld für einen Besuch bei Opa und seinen Kumpels im Altersheim. Einerseits.

Andererseits geht es, wie gesagt, nicht wirklich um Musik. Sondern um eine Reise mit einer verlässlich funktionierenden Zeitmaschine. So gesehen ist das noch viel zu günstig.

Sendung: rbb24 Abendschau, 02.08.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Arno Frank

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