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Video: rbb|24 | 20.03.2021 | Material: Abendschau | Quelle: dpa/Annegret Hilse

"Panikherz" im Berliner Ensemble

Endlich wieder richtiges Theater

Mit Maske, Abstand und auf Corona-schnellgetestet - das waren die Bedingungen für den ersten Theaterbesuch seit dem Lockdown. Dem Publikum am Berliner Ensemble machte das nichts aus. Die Freude am echten Theatererlebnis überstrahlte alles. Von Ute Büsing

Es war wieder da, das Gemeinschaftserlebnis Theater. Sobald der rote Samtvorhang hochging, herrschte auf der Bühne eine riesengroße Spielfreude, die ins begeisterte Publikum übersprang. Es fühlte sich an, als wüchsen alle Beteiligten über sich hinaus. Zwei pausenlose Stunden berührendes und tröstliches Theater wurden mit Szenenapplaus und erleichtertem Schlussapplaus gefeiert. Zum Schluss hüpfte der Überraschungsgast, "Panikherz"-Autor Benjamin von Stuckrad-Barre, wie ein Flummi über die Bühne und rief begeistert aus: "endlich wieder unter Menschen!"

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Blaupause für die Wiedereröffnung

Das Berliner Ensemble machte den Anfang in dem bundesweit einmaligen "Pilotprojekt Testing" des Berliner Kultursenats. Sieben weitere Theater und andere Kulturinstitutionen, darunter Berliner Philharmoniker, Volksbühne, Staatsoper Unter den Linden und Deutsche Oper folgen bis zum vierten April mit insgesamt neun Veranstaltungen. Das Pilotprojekt soll ein, wie es heißt, "durchführbares Szenario für die Wiedereröffnung der Kultur und die Durchführbarkeit von Veranstaltungen skizzieren, sowie Chancen und Risiken betrachten". Im Vordergrund dabei stehen weniger die Aufführungen selbst, als die praktische logistische Machbarkeit. Kultursenator Klaus Lederer begrüßte den "Schulterschluss unterschiedlicher Kulturinstitutionen" und den Einsatz für eine "Blaupause".

Für das Testpublikum sieht diese "Blaupause" folgendermaßen aus: Mit der elektronischen Kartenbestellung, die nur über persönliche Kontaktdaten, also Name, Alter, Geburtsdatum, Adresse funktioniert, kann gleichzeitig ein SARS-Cov-2-Antigen- Schnelltest bei einem mit dem Pilotprojekt kooperierenden Testzentrum beantragt werden. Nicht später als zwölf Stunden vor Beginn der Vorstellung wird dieser Test dann durchgeführt. Im Schnitt 20 Minuten später erfolgt die elektronische Benachrichtigung über das Testergebnis. Fällt es negativ aus, steht dem Veranstaltungsbesuch nichts mehr im Wege.

Bei Einlass müssen elektronisches Ticket, negatives Testergebnis und Personalausweis zur Kontrolle vorgelegt werden. Dann heißt es: Abstand halten, medizinische, oder FFP2-Maske dauerhaft tragen und mit dem markierten Abstand voneinander Platz nehmen.

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Neu ist die Testung des Publikums

Strikte Hygienemaßnahmen haben Theater und andere Veranstaltungsorte bereits spätestens seit letztem Herbst erprobt, wie zum Beispiel verändertes Einlassmanagement, die Setzung nach Schachbrettmuster, die verbesserte Belüftung. Die künstlerisch Beteiligten sind wie am Berliner Ensemble ohnehin im Schnelltestmodus. Neu am Pilotprojekt ist mithin eigentlich nur die Testung des Publikums.

Dieser zukunftsweisende Vorgang hat zum Auftakt am Berliner Ensemble hervorragend funktioniert, mit einer "Trefferquote von 100 Prozent", wie Intendant Oliver Reese formulierte. Der Berliner Senat folgt mit dem "Pilotprojekt Testing" auch den Vorschlägen eines von einem Bündnis der Berliner Kulturveranstalter berufenen Expertengremiums und einer Aerosol-Studie des Fraunhofer Instituts am Konzerthaus Dortmund. Nach der ist bei ausreichendem Schutz eine Covid-Infektion so gut wie ausgeschlossen.

Pilot wird auch bei steigender Inzidenz fortgeführt

Sollten die Inzidenz-Zahlen weiter steigen, hat das zunächst keine Auswirkungen auf die weitere Durchführung bis zum 4. April, wie Konrad Schmidt-Werthern, Abteilungsleiter im Berliner Kultursenat und Projektleiter des Pilots, am Rande von "Panikherz" versicherte.

Es soll ja gerade herausgefunden werden, ob Kultureinrichtungen mit zusätzlichen tagesaktuellen Testungen noch sicherer gemacht werden. Tatsächlich könnte sich mit dieser "Perspektive Kultur" trotz Corona wieder die Tür für den Spiel- und Veranstaltungsbetrieb öffnen.

Karten waren innnerhalb von Minuten ausverkauft

Auch die Stimmung beim ersten Testpublikum im Berliner Ensemble spricht dafür. Das hatte keine Angst und keine Bedenken. Der großen Sehnsucht nach endlich wieder richtigem Theater wurde und wird mit größtmöglicher Sicherheit entsprochen. Die 350 Plätze waren im Vorverkauf bereits in wenigen Minuten vergeben. Bei den anderen Häusern ist es genauso.

Und das heißt leider auch: Das Pilotprojekt Testing ist insgesamt bereits komplett ausverkauft. Aber auch das ist ein gutes Zeichen: für die Nachfrage des Publikums nach dem systemrelevanten Lebensmittel Kultur.

Sendung: Inforadio, 20.03.2021, 07:55 Uhr

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