Einbrüche in Berliner City-Toiletten - Das große Geld mit dem kleinen Geschäft

Diebe haben seit Dezember Hunderte öffentliche Toiletten in Berlin aufgebrochen - im Schnitt jede City-Toilette dreimal. Der Schaden liegt bereits im sechsstelligen Bereich. Trotz erster Festnahmen gehen die Einbrüche weiter. Von Rainer Unruh und Jenny Barke
Harriet Vahldieck ist ratlos. Die Regionalmanagerin der Wall GmbH steht vor einer City-Toilette in Berlin-Mitte. 50 Cent kostet es, Toiletten wie diese zu benutzen. Sie könne nicht verstehen, warum Diebe es auf diese Kleinstbeträge abgesehen haben. Regelmäßig sammelt das Unternehmen die Nutzungsentgelte im Auftrag des Landes Berlin ein.
Doch die Einbrecher wittern hier offenbar das große Geschäft: In den vergangenen zweieinhalb Monaten sind die City-Toiletten laut Wall GmbH mehr als 1.000 Mal aufgebrochen worden. Die Firma stellt die Toiletten seit vielen Jahren, aber damit hatte sie bisher noch keine Erfahrungen. Zum Vergleich: Bisher seien die Toiletten 20 bis 30 Mal aufgebrochen worden - im Jahr. "Ich kann mir nicht erklären, warum man solchen Vandalismus und Diebstahl begeht. Das ist keine Bagatelle", sagt Vahldieck.
Inzwischen bis zu 180 Einbrüche pro Woche
Begonnen hatte es mit wenigen Einbrüchen: Anfang Dezember zählte das Unternehmen erstmals vier davon. Doch schnell nahmen die Zerstörungen zu. In Berlin gibt es knapp 200 öffentliche Toiletten, davon sei fast jede schon mindestens einmal, manche mehrfach aufgebrochen worden. Inzwischen zählen die Betreiber 150 bis 180 Aufbrüche pro Woche. Pro Einbruch erbeuten die Diebe nach Polizeiangaben zwei- bis niedrige dreistellige Beträge. Rechnet man die Zahl der Einbrüche hoch, wird klar, dass sich die Kleinstbeträge für die Diebe zu einer lohnenswerten Höhe summiert haben.
Aber das bleibt nicht der einzige Schaden: Bisher ist durch die Einbruchsserie laut Wall GmbH ein Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden. Und den zahlen die Berlinerinnen und Berliner: Denn die Toiletten werden vom Land Berlin beauftragt und von Steuergeldern finanziert.
Polizei verstärkt Ermittlungen
Inzwischen hat die Wall GmbH einen extra Trupp eingerichtet, der rund um die Uhr versucht, die Schäden zu beheben, damit die Toiletten wieder benutzbar sind. Denn mit den Einbrüchen zerstören die Diebe die Technik des Kassensystems, die Tür zum Klo lässt sich danach nicht mehr öffnen. "Die Täter verschaffen sich Zugang, indem sie die Zugangstür aufhebeln, um dann an den Auffangbehälter zu kommen und das Geld zu entwenden", sagt Polizeisprecherin Anja Dierschke dem rbb.
Die Wall GmbH arbeitet eng mit der Berliner Polizei zusammen. Aber obwohl bereits 23 Tatverdächtige ermittelt worden sind und gegen einige ein Haftbefehlt erlassen wurde, reißt die Einbruchsserie nicht ab. Im Gegenteil: Wall-Regionalmanagerin Vahldieck spricht von einer steigenden Tendenz. Nun seien die Maßnahmen verstärkt worden, sagt Polizeisprecherin Dierschke. Die Funkwagen auf Streife achteten mehr auf die City-Toiletten, es würden verdeckte Ermittlungen stattfinden. Die Spurentechnik werte intensiv die Spuren aus und vergleiche sie innerhalb der Dienststellen. Außerdem hoffe man auf die Mithilfe aus der Bevölkerung, auch Zeugenvernehmungen nach Toiletten-Einbrüchen hätten bereits stattgefunden.
Toiletten außer Betrieb
Bis dahin bleibt der Wall GmbH nur, die Standorte weiter mit ihrem Trupp aufzusuchen und die Toiletten schnellstmöglich wieder in Gang zu bringen. Denn neben dem Sachschaden ist eines klar: Wenn die City-Toiletten alle ständig beschädigt sind, kann sie auch keiner nutzen. Oder genauer: keine. Denn die Pissoirs bleiben offen und unbeschädigt. Die Toiletten, die Frauen nur nutzen können, wenn sie 50 Cent zahlen, bleiben jetzt oft verschlossen. Und für Menschen im Rollstuhl sind die Bezahltoiletten die einzige barrierefreie Option im öffentlichen Raum.
Sendung: rbb Abendschau, 23.02.2022, 19:30 Uhr