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Video: rbb|24 |17.05.2023 | Material: Stefan Oberwalleney | Quelle: dpa

400 Polizeikräfte im Einsatz

Protestcamp in der Berliner Wuhlheide ist geräumt

Die Berliner Polizei hat am Mittwoch eine Verbotsverfügung gegen das Protestcamp in der Wuhlheide durchgesetzt. Dort hatten Baumbesetzer gegen ein Straßenbau-Projekt protestiert. Die Besetzer sprechen trotz Räumung von einem "vollen Erfolg".

Die Berliner Polizei hat am Mittwoch ein Protestcamp im Berliner Park Wuhlheide geräumt. Bis zum Nachmittag wurden auch die letzten Demonstrierenden aus Baumhäusern auf die Erde geholt.

Nach und nach wurden die insgesamt sechs Plattformen und Häuser in den Bäumen nach Beobachtungen eines rbb-Reporters vor Ort geräumt. Gegen 15:30 Uhr verließen auch die letzten Protestierenden das Camp. Gleichzeitig besetzten mehrere Aktivisten der "Letzten Generation" die Rudolf Rühl Allee in Richtung Bahnhof Wuhlheide.

Gegen 16:30 Uhr meldete die Berliner Polizei schließlich auf Twitter, dass auch die Plattformen und Baumhäuser weggeräumt worden seien. Der Einsatz vor Ort sei damit beendet.

An dem Einsatz waren auch Höhenkletterer der Polizei beteiligt. Nach Beobachtungen des rbb-Reporters wurden zudem von Mitarbeitern des örtlichen Forstamtes vereinzelt Bäume gefällt, um mit einem Hubwagen an die Baumhäuser zu gelangen. Mit dem Hubwagen sollten laut Polizei die Demonstrierenden heruntergeholt werden.

Tangentialverbindung im Osten Berlins

Wogegen die Besetzer in der Wuhlheide protestieren

Seit Samstag demonstrieren Umweltschützer in der Wuhlheide gegen den Bau der Tangentialverbindung im Osten Berlins. Bislang ist allerdings noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen. Von Philipp Rother

Eilantrag gegen Räumung scheitert

Während der Räumung kam es laut Polizei zu keinen schwerwiegenden Vorfällen, alles sei friedlich verlaufen. Die Personen seien "mit aller Vorsicht" von den Bäumen geholt worden, teilte eine Polizeisprecherin mit. Auch Zelte und Hindernisse seien schon beseitigt worden.

Eine Aktivistin sprach im rbb trotz der Räumung von einem "vollen Erfolg" der Protestaktion: "Viele Anwohner kamen vorbei, solidarische Menschen von Jung bis Alt haben sich ausgetauscht und Essen vorbeigebracht. Wir sind wütend und traurig, dennoch war das ein Erfolg."

Die Besetzer hatten sich beim Berliner Verwaltungsgericht per Eilantrag gegen die Räumung gewehrt und sich am Mittwochmorgen beschwert, dass die Polizei schon mit ihrer Arbeit begonnen habe, bevor die Gerichtsentscheidung verkündet wurde. Das geschah dann am Nachmittag: Der Eilantrag wurde abgelehnt. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts begründete das im Gespräch mit dem rbb mit Gefahren für Spaziergänger, Gewässer und Bäume - unter anderem, weil Gräben angelegt und spitze Stöcke aufgestellt worden seien.

400 Polizeikräfte im Einsatz

Etwa 40 Menschen verließen das Protestcamp mit rund 20 Zelten am Boden nach Darstellung der Polizei freiwillig. Weitere mindestens 13 Besetzer wurden von der Polizei weggebracht. Die Zahl könne sich noch erhöhen, hieß es am Mittag. Die Polizei erteilte Platzverweise, zudem wurden Anzeigen geschrieben.

Die Baumbesetzer protestierten seit Samstagabend unter dem Motto "Wuhli bleibt" dafür, die Planungen für die "Tangentiale Verbindung Ost" (TVO) zu beenden. Die Straße soll einmal die Märkische Allee (B158) mit der Spindlersfelder Straße verbinden. Die Aktivisten sehen 15 Hektar Wald bedroht. Voraussichtlich noch in diesem Jahr ist ein Planfeststellungsverfahren für das Straßenbau-Projekt geplant.

Der Einsatz der Polizei begann am frühen Morgen und zog sich wegen der schwierigen Bedingungen und des Kletterns über viele Stunden hin. Die Polizei forderte die Menschen zunächst in den frühen Morgenstunden zum Verlassen des Ortes auf. Insgesamt waren 400 Polizisten im Einsatz.

Wegner und Spranger rechtfertigen Räumung

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat der Polizei seine "volle Unterstützung" zugesichert. Das betonte er auch "angesichts der möglichen Gefahren, die von der Besetzung ausgehen", wie Wegner am Mittwochmorgen der Nachrichtenagentur DPA sagte. "Die Polizei hat diese Entscheidung sorgfältig abgewägt und mit Bedacht getroffen. In Berlin gelten Gesetze und Regeln, an die sich alle halten müssen. Diese Koalition wird auch weiterhin geltendes Recht durchsetzen", sagte Wegner.

Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat die Räumung des Camps gerechtfertigt. "Was wir dort sehen, weicht in weiten Teilen von dem friedlichen Charakter einer Versammlung ab. Das Protestcamp ist mit seinen Barrikaden und den Aushebungen, die fast schon an Fallgruben erinnern, sowie den daraus erwachsenden Gefahren auf längerfristigen Widerstand ausgerichtet" teilte Spranger am Mittwochmorgen der dpa mit.

"Die Personen, die auch dem radikalen Spektrum zuzurechnen sind, tragen weitestgehend Vermummung", so Spranger weiter: "Aus meiner Perspektive ist die Auflösung durch die Polizei Berlin also ein wichtiger Schritt, denn die Versammlungsfreiheit ist kein Deckmantel für radikalen Protest."

Quelle: rbb

Kritik von Linken und Grünen

Ferat Kocak, der klimapolitische Sprecher der Linken, teilte auf Twitter mit, dass die Räumung der Wuhlheide "nicht rechtens" sei. Die Polizei verletze seiner Meinung nach das Versammlungsrecht: "Es ist ungeheuerlich, dass die Polizei nicht auf die Gerichtsentscheidung zum Eilantrag wartet", so Kocak, der den Protest vor Ort beobachtet.

Kritik am Polizeieinsatz kam auch von den Grünen. "Jetzt zu räumen ist völlig sinnlos und unverhältnismäßig", sagte ihr Fraktionschef Werner Graf. In Richtung von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) sagte er: "Zu Beginn sollten immer Gespräche stehen, nicht die Polizei. Wieso spricht Frau Schreiner nicht mit den Demonstranten:innen?" Auch Grünen-Landeschef Philmon Ghirmai kritisierte, dass der Senat den Aktivisten kein Gesprächsangebot unterbreitet habe.

Quelle: rbb

Verbot des Camps gilt bis September

Das Protestcamp ist nach Angaben der Polizei durch die Versammlungsbehörde verboten worden. Dieses Verbot gelte bis Ende September.

Das sei geschehen, weil die Protestierenden unter anderem Gräben ausgehoben und spitze Stöcke aufgestellt hätten. Das sei eine Gefahr für Unbeteiligte. Außerdem könnten Rettungskräfte die Wege nicht mehr benutzen.

Eine Abstimmung zwischen den Protestierenden und der Versammlungsbehörde im Vorfeld der Versammlung, wie normalerweise üblich, habe nicht stattgefunden. Das Verhalten der Menschen im Protestcamp in den vergangenen Tagen habe keine Kooperationsbereitschaft mit der Polizei erkennen lassen, konkretisierte der Sprecher.

Quelle: rbb

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.05.2023, 19:30 Uhr


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