400 Polizeikräfte im Einsatz - Protestcamp in der Berliner Wuhlheide ist geräumt

Mi 17.05.23 | 16:36 Uhr
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Ein Aktivist wird von einem Polizeibeamten (oben) aus einem Baumhaus in einem Waldstück in der Wuhlheide geholt
dpa
Video: rbb|24 |17.05.2023 | Material: Stefan Oberwalleney | Bild: dpa

Die Berliner Polizei hat am Mittwoch eine Verbotsverfügung gegen das Protestcamp in der Wuhlheide durchgesetzt. Dort hatten Baumbesetzer gegen ein Straßenbau-Projekt protestiert. Die Besetzer sprechen trotz Räumung von einem "vollen Erfolg".

  • Protestcamp in der Berliner Wuhlheide geräumt
  • Versammlungsbehörde sprach zuvor eine Verbotsverfügung aus
  • Eilantrag der Protestler gegen die Verfügung gescheitert
  • Baumbesetzer protestieren gegen Straßenbau-Projekt TVO

Die Berliner Polizei hat am Mittwoch ein Protestcamp im Berliner Park Wuhlheide geräumt. Bis zum Nachmittag wurden auch die letzten Demonstrierenden aus Baumhäusern auf die Erde geholt.

Nach und nach wurden die insgesamt sechs Plattformen und Häuser in den Bäumen nach Beobachtungen eines rbb-Reporters vor Ort geräumt. Gegen 15:30 Uhr verließen auch die letzten Protestierenden das Camp. Gleichzeitig besetzten mehrere Aktivisten der "Letzten Generation" die Rudolf Rühl Allee in Richtung Bahnhof Wuhlheide.

Gegen 16:30 Uhr meldete die Berliner Polizei schließlich auf Twitter, dass auch die Plattformen und Baumhäuser weggeräumt worden seien. Der Einsatz vor Ort sei damit beendet.

An dem Einsatz waren auch Höhenkletterer der Polizei beteiligt. Nach Beobachtungen des rbb-Reporters wurden zudem von Mitarbeitern des örtlichen Forstamtes vereinzelt Bäume gefällt, um mit einem Hubwagen an die Baumhäuser zu gelangen. Mit dem Hubwagen sollten laut Polizei die Demonstrierenden heruntergeholt werden.

Eilantrag gegen Räumung scheitert

Während der Räumung kam es laut Polizei zu keinen schwerwiegenden Vorfällen, alles sei friedlich verlaufen. Die Personen seien "mit aller Vorsicht" von den Bäumen geholt worden, teilte eine Polizeisprecherin mit. Auch Zelte und Hindernisse seien schon beseitigt worden.

Eine Aktivistin sprach im rbb trotz der Räumung von einem "vollen Erfolg" der Protestaktion: "Viele Anwohner kamen vorbei, solidarische Menschen von Jung bis Alt haben sich ausgetauscht und Essen vorbeigebracht. Wir sind wütend und traurig, dennoch war das ein Erfolg."

Die Besetzer hatten sich beim Berliner Verwaltungsgericht per Eilantrag gegen die Räumung gewehrt und sich am Mittwochmorgen beschwert, dass die Polizei schon mit ihrer Arbeit begonnen habe, bevor die Gerichtsentscheidung verkündet wurde. Das geschah dann am Nachmittag: Der Eilantrag wurde abgelehnt. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts begründete das im Gespräch mit dem rbb mit Gefahren für Spaziergänger, Gewässer und Bäume - unter anderem, weil Gräben angelegt und spitze Stöcke aufgestellt worden seien.

400 Polizeikräfte im Einsatz

Etwa 40 Menschen verließen das Protestcamp mit rund 20 Zelten am Boden nach Darstellung der Polizei freiwillig. Weitere mindestens 13 Besetzer wurden von der Polizei weggebracht. Die Zahl könne sich noch erhöhen, hieß es am Mittag. Die Polizei erteilte Platzverweise, zudem wurden Anzeigen geschrieben.

Die Baumbesetzer protestierten seit Samstagabend unter dem Motto "Wuhli bleibt" dafür, die Planungen für die "Tangentiale Verbindung Ost" (TVO) zu beenden. Die Straße soll einmal die Märkische Allee (B158) mit der Spindlersfelder Straße verbinden. Die Aktivisten sehen 15 Hektar Wald bedroht. Voraussichtlich noch in diesem Jahr ist ein Planfeststellungsverfahren für das Straßenbau-Projekt geplant.

Der Einsatz der Polizei begann am frühen Morgen und zog sich wegen der schwierigen Bedingungen und des Kletterns über viele Stunden hin. Die Polizei forderte die Menschen zunächst in den frühen Morgenstunden zum Verlassen des Ortes auf. Insgesamt waren 400 Polizisten im Einsatz.

Animation: Wo ist das Protestcamp?

Eine Grafik zeigt den Verlauf der geplanten TVO in Berlin. Die Straße soll durch die Wuhlheide führen, gegen eine mögliche Rodung protestieren Besetzer in dem Waldstück. (Quelle: rbb)
rbb

Wegner und Spranger rechtfertigen Räumung

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat der Polizei seine "volle Unterstützung" zugesichert. Das betonte er auch "angesichts der möglichen Gefahren, die von der Besetzung ausgehen", wie Wegner am Mittwochmorgen der Nachrichtenagentur DPA sagte. "Die Polizei hat diese Entscheidung sorgfältig abgewägt und mit Bedacht getroffen. In Berlin gelten Gesetze und Regeln, an die sich alle halten müssen. Diese Koalition wird auch weiterhin geltendes Recht durchsetzen", sagte Wegner.

Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat die Räumung des Camps gerechtfertigt. "Was wir dort sehen, weicht in weiten Teilen von dem friedlichen Charakter einer Versammlung ab. Das Protestcamp ist mit seinen Barrikaden und den Aushebungen, die fast schon an Fallgruben erinnern, sowie den daraus erwachsenden Gefahren auf längerfristigen Widerstand ausgerichtet" teilte Spranger am Mittwochmorgen der dpa mit.

"Die Personen, die auch dem radikalen Spektrum zuzurechnen sind, tragen weitestgehend Vermummung", so Spranger weiter: "Aus meiner Perspektive ist die Auflösung durch die Polizei Berlin also ein wichtiger Schritt, denn die Versammlungsfreiheit ist kein Deckmantel für radikalen Protest."

Einsatzkräfte der Polizei stehen bei dem Camp in der Wuhlheide.(Quelle:rbb)
Bild: rbb

Kritik von Linken und Grünen

Ferat Kocak, der klimapolitische Sprecher der Linken, teilte auf Twitter mit, dass die Räumung der Wuhlheide "nicht rechtens" sei. Die Polizei verletze seiner Meinung nach das Versammlungsrecht: "Es ist ungeheuerlich, dass die Polizei nicht auf die Gerichtsentscheidung zum Eilantrag wartet", so Kocak, der den Protest vor Ort beobachtet.

Kritik am Polizeieinsatz kam auch von den Grünen. "Jetzt zu räumen ist völlig sinnlos und unverhältnismäßig", sagte ihr Fraktionschef Werner Graf. In Richtung von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) sagte er: "Zu Beginn sollten immer Gespräche stehen, nicht die Polizei. Wieso spricht Frau Schreiner nicht mit den Demonstranten:innen?" Auch Grünen-Landeschef Philmon Ghirmai kritisierte, dass der Senat den Aktivisten kein Gesprächsangebot unterbreitet habe.

Die Polizei räumt die Barrikaden und Stolperfallen des Camps.(Quelle:rbb)
Bild: rbb

Verbot des Camps gilt bis September

Das Protestcamp ist nach Angaben der Polizei durch die Versammlungsbehörde verboten worden. Dieses Verbot gelte bis Ende September.

Das sei geschehen, weil die Protestierenden unter anderem Gräben ausgehoben und spitze Stöcke aufgestellt hätten. Das sei eine Gefahr für Unbeteiligte. Außerdem könnten Rettungskräfte die Wege nicht mehr benutzen.

Eine Abstimmung zwischen den Protestierenden und der Versammlungsbehörde im Vorfeld der Versammlung, wie normalerweise üblich, habe nicht stattgefunden. Das Verhalten der Menschen im Protestcamp in den vergangenen Tagen habe keine Kooperationsbereitschaft mit der Polizei erkennen lassen, konkretisierte der Sprecher.

Aktivist:innen sitzen auf einer Tragfläche im Baum.(Quelle:rbb)
Bild: rbb

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.05.2023, 19:30 Uhr


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230 Kommentare

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  1. 230.

    "Warum fahren Sie nicht mit dem Fahrrad?" Weil es auch Straßen ohne Radwege gibt wo es gefährlich ist. Wir haben hier auch so ein Stück zw. Kleinziethen und der B 96a, die Glasower Allee!

  2. 229.

    Schickt die mal zum Bäume pflanzen in den Harz. Wetten das die das nicht wollen und können. Das hat mit Arbeit zu tun statt auf Bäumen sitzen wie Affen

  3. 228.

    Wer Interesse an dem Projekt hat kann auch hier reinschauen:
    https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/infrastruktur/strassenbau/tangentiale-verbindung-ost/

  4. 227.

    @wolfi,
    das ist eine sehr gute Frage!
    Die bekonnt man aber aus diesen Kreisen nicht beantwortet. Selbst Max, der sich als Grünenpolitikerklärer installiert, bleibt eine stichhaltige Antwort schuldig. Natürlich kommen Pamphlete wie "Straße durch den Wald geht gar nicht".
    Aber, Sie werfen Fragen auf, die mich auch umtreiben: ich frage mich nämlich, wo sind die "Klimaaktivisten", wenn hektarweise Bäume gefällt werden, um dann auf die gerodeten Flächen Windkraftanlagen zu errichten?
    Es gibt eben doch gute und schlechte Bäume, je nach politischer Auffassung, die ihre organisierten Horden in den Wald senden, um jeden einzelnen Baum zu retten.

  5. 226.

    Und noch eine Frage:
    Ist das Forum wirklich zuständig Ihre Wissenslücken zu füllen?

  6. 225.

    Die Ex-Besetzer der Wuhlheide haben mit den Grünen ähnlich viel am Hut wie der Papst mit Luther oder Sie mit den Verständnis für den CO2-Kreislauf. Der wird nämlich unterbrochen, wenn man das Holz für Möbel oder sogar Häuser verwendet.

  7. 224.

    Unter RRG hätte es wohl zunächst einen Verständnisvollen Stuhlkreis gegeben und ganz viel -laßt uns drüber reden- doch heute nach RRG, ratzfatz läßt man Taten folgen. Na geht doch bleibt am Ball. Was die Umweltaktivisten angeht, werdet kreativer Stichwort Verpackungsmüll, ganze Plastegedöhns und deren vermeidung. Sprecht all jene Schmutzfinken an die die Parks besudeln, illegal ihren Müll entsorgen etc. pp. Das mit den Autos dauert noch die brauchen noch ein wenig Zeit.

  8. 223.

    Richtig.
    Wir bedanken uns viel zu wenig bei der Obrigkeit.
    Das kommt davon, wenn der Patron nicht mehr darauf achtet, das seine Untergebenen jeden Sonntag inne Kirche gehen und sich ihre Dosis Demut für die Woche abholen.

  9. 222.

    Berliner Holz ist heilig, stupid. ;-) sorry. It‘s the wuhli (süße Kosenamen haben die immer für lost places).

  10. 221.

    „ Oder mit dem ÖPNV? „ da stinkt oder pöbelt aber leider immer mindestens eine Person, Nö danke

  11. 220.

    Da hat die SPD unter I. Springer wirklich gute Arbeit geleistet, vollkommen richtig.

    Max ist verstummt, Linke und Grüne haben die vielen Polizisten ja laut ihm zu verantworten.

    DIe Linken und Grünen in RGR haben den Demonstranten also stark misstraut und sind von chaotischen Szenen ausgegangen, anders erklärt sich mir die Bestellung der massenhaften Polizei durch Linke und Grüne nicht.

  12. 219.

    Stimmt. Danke CDU. Seit der CDU gab es in Berlin einen Rekord an Klimaprotesten und Straßenblockaden. Eine positive Entwicklung.

  13. 218.

    Kann nicht jeder so alt sein wie du, dass einem schon alles egal ist.

  14. 217.

    Es geht hier doch (wieder mal) nicht in erster Linie um Umweltschutz oder andere schöne Dinge.

    Es geht darum, "etwas zu tun" (irgendetwas), vielleicht sogar nur "ein Zeichen zu setzen" - also gar nichts zu bewirken, außer: sich als guter Mensch zu fühlen, womöglich gar als Opfer oder als Märtyrer (bzw. Opfer:innen natürlich), und sich in den Medien zu sehen bzw. selbst darzustellen. "Aktivist" ist ja inzwischen zum Beruf geworden.

    Aber: Immer noch besser, die Leute sitzen auf den Bäumen, als sie kleben sich mal wieder irgendwo fest und hindern andere daran, auch für sie das Geld zu verdienen.

  15. 216.

    @wolfi,
    das ist eine sehr gute Frage!
    Die bekonnt man aber aus diesen Kreisen nicht beantwortet. Selbst Max, der sich als Grünenpolitikerklärer installiert, bleibt eine stichhaltige Antwort schuldig. Natürlich kommen Pamphlete wie "Straße durch den Wald geht gar nicht".
    Aber, Sie werfen Fragen auf, die mich auch umtreiben: ich frage mich nämlich, wo sind die "Klimaaktivisten", wenn hektarweise Bäume gefällt werden, um dann auf die gerodeten Flächen Windkraftanlagen zu errichten?
    Es gibt eben doch gute und schlechte Bäume, je nach politischer Auffassung, die ihre organisierten Horden in den Wald senden, um jeden einzelnen Baum zu retten.

  16. 215.

    Es ist schlimm was nun mit der Wuhlheide passiert zu Gunsten einer immer größeren Blechlawine von Autos und Schuld daran ist die letzte Generation,weil jeder jetzt die Baumschützer oder Aktivisten mit dieser Letzten Generation in einen Topf schmeißt!das ist ein Skandal. Die Schützer der Wühlheide lassen erkennen was sie wollen nämlich die Wuhlheide!die letzte Generation dagegen macht ein Geheimnis daraus wie sie Klimaziele erreichen möchte und will sozusagen einen Geheimpakt zwischen ihr und der sogenannten Regierung mit Tatbeständen erzwingen die auch Gefährdungen des Straßenverkehr sind und nicht nur Nötigung. Die Polizei schaut da weg,der Verfassungsschutz ebenfalls und die Politik,mit dem Ergebnis dass es mehr Autos und die TVO und A100gibt.Das stinkt zum Himmel genau wie Autoabgase und Baumfrevel.Es ist Naturwissenschaft dass Bäume Terpene freisetzen die gut für Menschen sind,es wird Zeit dass mit der Umwelt Naturwissenschaftlich umgegangen wird.

  17. 214.

    Vielleicht einmal das verschobene Hirn einschalten, das Fahrrad ist kein Allheilmittel für alle.

  18. 213.

    Das wäre ein netter Kreislauf. Da es sich in der wuhlheide ohnehin nur um Nutzwald handelt, könnte man das Holz vielleicht sinnvoll an anderer Stell in Berlin für gute ökologische Zwecke einsetzen.

  19. 212.

    Ich lade sie gerne dazu ein, von biesdorf kommend mit dem Rad richtung Köpenick über die Rudolf Rühl Allee zu fahren. Es gibt KEINEN Radweg, macht sich mit Kind großartig (auch ohne).

    Ich lade sie ebenso dazu ein mir hier den öffentlichen Nahverkehr aufzuzeigen, mit dem ich keine 90 Minuten benötige und 4x umsteigen darf.

    Ich finde es großartig, wenn Leute die augenscheinlich keinerlei Kenntnisse über die Situation vor Ort haben, hier reden. Es wird ein Baum gefällt, alle schreien nein. Dass wir nicht einmal sicher mit dem Rad fahren können, interessiert in Mitte, wo man ganze Straßenspuren für Radfahrer umfunktioniert, niemanden. Es geht hier nicht nur um eine Straße, es geht auch um sichere Radwege.

    @RBB: könnt ihr bitte ein Filmchen über die Verkehrsführung vor Ort machen? Menschen aus Mitte scheinen nicht glauben zu können , dass es Bereiche in Berlin OHNE Anbindung und OHNE Radwege gibt.

  20. 211.

    Aus den Bäumen, die für die TVO fallen müssen, kann man keine Häuser bauen, denn es ist minderwertiger Holzbestand. Dafür müssen Ersatzpflanzungen angelegt werden, wo dann vielleicht hoffentlich gleich klimaverträglichere Bäume gepflanzt werden. Die Ökos würden sich an jede Brennessel kleben, ohne daran zu denken, dass eine vernünftige Verkehrslenkung klimaverträglicher ist.

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