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Audio: radioBerlin 88,8 | 12.05.2023 | Thomas Weber | Quelle: dpa/Bernd Weißbrod

Demonstrationen in Berlin

Pflegekräfte fordern bessere Bezahlung und Rahmenbedingungen

Geringe Bezahlung, überlastete Mitarbeiter, ungesicherte Finanzierung: In der Pflegebranche knarzt es an allen Enden. Am Freitag haben in Berlin Pflegekräfte und Verbände ihrem Ärger Luft gemacht und grundlegende Reformen angemahnt.

Zum Internationalen Tag der Pflege haben am Freitag in Berlin auf mehreren Veranstaltungen Hunderte Menschen für bessere Rahmenbedingungen in der Branche demonstriert. Kritisiert wurden unter anderem eine schlechte Bezahlung der professionellen Pflegekräfte, zu wenig Unterstützung für pflegende Angehörige sowie stetig steigende Beiträge für die Pflegeversicherung. Diakonie-Vorständin Maria Loheide sagte auf einer Kundgebung vor dem Berliner Hauptbahnhof: "Die Pflege selbst ist schon längst ein Pflegefall."

#5nach12

Nötig sei eine "grundlegende Pflegereform", um künftig in einer stetig älter werdenden Gesellschaft "eine würdevolle Pflege für alle Menschen zu sichern". Auf Plakaten hieß es unter anderem "Wir retten Leben - wer rettet uns?", "Die Pflege arbeitet härter als die Politik" und "Leasingmarkt macht uns kaputt".

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Zu der Demonstration am Berliner Hauptbahnhof hatten die Diakonie Deutschland und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) aufgerufen. Der Bundesverband Pflegemanagement suchte vor dem Reichstagsgebäude auf dem Platz der Republik den "Austausch" mit der Politik. Außerdem war ein vor allem von Auszubildenden organisierter "Walk of Care" geplant.

Unter dem Hashtag #5nach12 posteten am Freitag diakonische Einrichtungen Bilder, Kommentare und Videos auf Social-Media-Plattformen, um für faire Arbeitsbedingungen zu werben.

Grundlegender Strukturwandel gefordert

Der DEVAP-Vorstandsvorsitzende Wilfried Wesemann forderte eine grundlegende Struktur- und Finanzreform der Pflege, "damit wir endlich vor die Krise kommen". Dabei verwies er auch auf eine in dieser Woche veröffentlichte Umfrage unter Einrichtungen. Demnach müssen drei Viertel der Pflegeeinrichtungen Angebote einschränken. Neun von zehn Pflegediensten mussten bereits neue Pflegekunden ablehnen. Hauptgrund sei der Fachkräftemangel.

Die Vorständin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Andrea Asch, warf der Politik vor, Pflegekräfte und pflegende Angehörige nicht zu beachten. Symptome für das Versagen der Politik seien ein gravierender Personalmangel in den Pflegeeinrichtungen sowie Tausende Pflegebedürftige, die durch die steigende Eigenbeteiligung an den Pflegekosten auf Sozialhilfe angewiesen sind. Asch sprach sich für eine Pflegevollversicherung aus. Eine Teilkaskoversicherung sei nichts anderes als die Absage an den Sozialstaat: "Altern in Würde ist ein Menschenrecht", so die Berliner Diakonie-Chefin.

Als ein Vertreter pflegender Angehöriger kritisierte Jochen Springborn eine finanzielle "Ungleichbehandlung" von stationärer und häuslicher Pflege. Die Politik wälze jetzt die Kosten auf die Pflegebedürftigen und deren Angehörige ab.

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"Leiharbeit schafft zwei Klassen von Pflegenden"

Die Vorstandsvorsitzende der Volkssolidarität Berlin, Susanne Buss, forderte eine bessere Verzahnung von pflegenden Angehörigen und professionellen Pflegekräften. Um dem weiter steigenden Personalbedarf gerecht zu werden, seien vor allem politische Lösungen gefragt.

Zum Tag der Pflege äußerte sich auch der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer. "Eine massive Ausweitung der Zuwanderung in die Pflegeberufe würde eine spürbare Entlastung für Pflegende und Pflegeeinrichtungen bedeuten", sagte er. Derweil forderte die Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, Kathrin Sonnenholzner, eine Begrenzung der Leiharbeit in der Pflege. Dies sei längst überfällig, sagte sie. "Leiharbeit schafft zwei Klassen von Pflegenden, konterkariert Beziehungspflege und Teambuilding und zermürbt das Stammpersonal."

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, rügte, dass die geplante Pflegereform für die häusliche Versorgung der über vier Millionen Pflegebedürftigen keine Entlastungen vorsehe. Er forderte einen Rechtsanspruch auf Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Auch müsse das Pflegegeld um mindestens 340 Euro monatlich pauschal erhöht und dann jährlich dynamisiert werden.

Tag erinnert an Florence Nightingale

Der Internationale Tag der Pflege am 12. Mai ist Menschen gewidmet, die in Pflegeberufen arbeiten. Der Aktionstag wurde 1965 vom International Council of Nurses, einem Zusammenschluss nationaler Pflegeverbände, ins Leben gerufen. Das Datum des Tags der Pflege geht auf den Geburtstag der britischen Krankenschwester und Statistikerin Florence Nightingale (1820-1910) zurück, die als Pionierin der modernen Krankenpflege gilt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.05.2023, 10:00 Uhr

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