Verdreckte Stadt als Symbol - Verdi kritisiert Werbevideo von Berliner Kitaträgern

Fr 25.08.23 | 18:30 Uhr
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Symbolbild: Ein angeschlossenes Fahrrad dem bereits das Vorderrad, der Sattel, das Licht, die Klingel und die Handgriffe gestohlen wurden. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Ein Werbevideo von Trägern mehrerer Berliner Kitas sorgt für Diskussionen und Kritik, unter anderem von der Gewerkschaft Verdi. Die "Kitas_Berlin" werben mit einer provokanten Kampagne unter dem Titel "Berlin braucht Erziehung" für neue Erzieherinnen und Erzieher.

Im Video sind beispielsweise Straßenbilder von Sperrmüll oder einem achtlos aufgehängten Sharing-Roller zu sehen. Der Verdi-Landesverband Berlin-Brandenburg teilte am Freitag dazu mit, die Kolleginnen und Kollegen würden sich für die Kampagne schämen. Verdi fordert die Kitas auf, den Spot von der Plattform "Youtube" zu nehmen. Hinter dem Video stehen die vier landeseigenen Kita-Träger Kindergärten City, Kindergärten Nordost, Kindertagesstätten Nordwest und Kindertagesstätten Südost.

Provokant oder zu kurz gedacht?

Der Clip hat auf Youtube innerhalb von wenigen Tagen bereits über 285.000 Aufrufe erreicht. Ein Slogan im Video lautet, Berlin sei "die Stadt, der nichts fehlt außer vielleicht hier und da ein ganz, ganz klein bisschen Erziehung". Verdi kritisiert nun, das Video würde suggerieren, die Stadt sei so vermüllt, weil die Berlinerinnen und Berliner so schlecht erzogen seien.

"Faktisch schlägt es vor, dass jetzt die Erzieherinnen und Erzieher den Karren aus dem Dreck ziehen sollen", so Verdi. Zudem suggeriere es, das Kindererziehung lediglich bedeute, Kindern beizubringen, dass sie keinen Müll in die Gegend schmeißen dürften.

Die Kitas erklären auf ihrer Kampagnen-Homepage, die Recruiting-Kampagne breche aus den oft gesehenen Kommunikations-Klischees zum Thema Erziehung aus und sei unkonventionell, humoristisch und provokant. Es gehe aber um "Aufmerksamkeit für diesen wichtigen Beruf". Die Kampagne wurde von der Werbeagentur GUD.berlin erstellt und soll laut dem Branchenportal "turi2" einen sechsstelligen Betrag gekostet haben.

Die kaufmännische Geschäftsleiterin der Kindergärten City, Claudia Freistühler sagte der Deutschen Presse Agentur: "Der hohe Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern ist die größte Herausforderung der kommenden Jahre." Man habe sich deshalb bewusst für einen "originellen, lauten Ansatz" bei der Werbekampagne entschieden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.08.2023, 19:30 Uhr

56 Kommentare

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  1. 55.

    Antwort auf "B. Schein" vom Samstag, 26.08.2023 | 20:23 Uhr
    "So, und nun bitte total überhitzt überreagieren..." Nicht nötig, Sie haben ja durchaus recht. Ich würde die Liste erweitern um die, die wider besseren Wissens Regeln mißachten (rote Ampeln, Handy am Lenker, Rauch- oder andere Verbote, usw.). Die Entscheidung "bunt oder solidarisch" möchte ich nicht treffen, ich hätte gern ein "und" in der Mitte.

  2. 54.

    Aha. Nun stellen Sie sich mal vor, in der alten BRD ging es auch mal recht ordentlich und gesittet zu. Ganz ohne in Reih und Glied stehen, knackige Kampflieder singend.

  3. 53.

    Nunja, marode Schulgebäude, wo der Putz von der Wand fällt, schlechte Ausstattung und seit Jahrzehnten vernachlässigte sanitäre Anlagen vermitteln Kindern und Jugendlichen doch wohl v. a., dass sie der Gesellschaft, der sie mal dienen sollen wurscht sind. Verdreckte Spielplätze, geschlossene Freizeitstätten tun ihr übriges dazu, Frust und Gleichgültigkeit zu fördern.

  4. 52.

    Die Gesellschaft muss sich entscheiden und auch entsprechend handeln: Individuen im steten "Wettbewerb/-kampf" gegeneinander oder solidarische Gemeinschaft? Multikulti mit allen mitgebrachten Werten und Benimm oder gesellschaftlicher Konsens, der – in Einwanderungsländern natürlich – vor allem über Kitas und Schulen vermittelt werden muss, woher sonst soll es kommen?
    Beispiel: Die vielen Beinahe-Unfälle durch "zu uns Gekommene", die die StVO gar nicht kennen und auch in Kursen nicht verinnerlichen, – (ältere) Frauen, die ohne jegliche Idee von Schulterblick die Auto-Hintertür öffnen, den Radfahrern auf dem Radweg geradewegs vor die Nase.
    Kinder, die U13 wissen, dass es folgenlos bleibt, wenn sie kreuz und quer mit E-Rollern "cruisen" und sie auch noch kreuz und quer abstellen.
    Hat vielleicht auch etwas mit einem Erlernten – für mich wird aufgeräumt, geputzt etc. – zu tun.
    So, und nun bitte total überhitzt überreagieren anstatt ruhig zu diskutieren und sich auszutauschen.

  5. 51.

    Huibu, wir könnten auch mal die DDR-Kindergarten-Lehrbücher zur Hand nehmen, denn da lief vieles vorbildlich – und so ist es bis heute in Skandinavien, das fast gleich Konzept.
    Verpönt, verpönt. Tja, dann, weiter so.

  6. 50.

    Also, wenn ich nicht wüsste, worum es geht, würde ich als Erstes vermuten, die BSR sucht Personal.
    Nix gegen die Darstellung von Berliner Straßenverhältnissen, aber mit diesem Video überzeugt man niemanden, sich als Erzieher oder Erzieherin ausbilden zu lassen.
    Allein die Stimme - hört sich an wie Katharina Thalbach - wirkt eher abstoßend als aufmuntend.
    Warum lässt man den Text nicht von einer Erzieherin runterrassel, so als ob sie mit Kindern spricht?

  7. 49.

    Das Video sollte mit Untertexten über die Werbetafeln in der Stadt und Bildschirme in den Bahnen laufen, da würde es viele Menschen ansprechen. Der eine oder andere wird sich wiederfinden und ev. sein Verhalten ändern. Den Bezug zur Suche nach Erziehern finde ich unpassend.

  8. 48.

    Das es in Berlin ein Problem mit Müll im öffentlichen Raum gibt, kann und will ich gar nicht bestreiten.

    Mein größtes Problem mit dieser Kampagne ist schlicht und ergreifend die Reduzierung der Arbeit in Kitas auf „sauber und ordentlich". Das ist natürlich auch Teil der Arbeit, aber eben nur ein Teil. Mathematisch technische Grunderfahrungen, Kreatives Gestalten, Teilhabe und Mitbestimmung, Sprachförderung etc. findet in dieser Kampagne nicht statt. Das ist ärgerlich!


  9. 47.

    "Ob man nun >100.000 € für Werbung als Landeseigener ausgeben muß, ist fraglich."

    Ich möchte den AG sehen der 100.000 € bereitstellt. damit seine "Firma" mit einer Schmutzkampagne in den Dreck gezogen wird.

    Die Summe ist den Verantwortlichen vom Gehalt abzuziehen.

  10. 46.

    Aber Hallo.Für die frühkindliche Erziehung sind doch wohl in erster Linie die Eltern in die Pflicht zu nehmen.Für alles kann und soll der Staat ja nun wirklich nicht die Verantwortung haben.Da gab es mal die DDR,die ganz viele nicht mehr wollten,wegen ganz vielen Bevormundungen.Nun habt ihr die Freiheit euch und eure Kinder selbst zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Menschen zu erziehen.

  11. 45.

    Berlin hat genau ein Erziehungsdefizit.Da beschweren sich doch tatsächlich Kinder über die total verdreckten Toiletten in den Schulen Man würde sich ekeln,diese zu benutzen.Na klar ekelt man sich davor.Nun ist aber die Frage?????,wer verdreckt und verwüstet die denn???.Natürlich hat Berlin ein Erziehungsdefizit,und das fängt bei jeden einzelnen an und in den Familien.

  12. 44.

    Aus meiner Sicht geht es bei dem Clip um Wahrnehmung. Und die ist in solchen Fällen nun mal unterschiedlich. Somit dürfte keine maßgeblich sein. Auch nicht die von Verdi.

  13. 43.

    Tja, Erziehung sollte auch früher ansetzen, nicht erst, wenn man einen E-Roller fahren darf und kann.

  14. 42.

    Antwort auf "Capricorn" vom Samstag, 26.08.2023 | 12:45 Uhr
    "Dreck, Müll etc. sind für Sie wohl Lebensqualität" warum denn so ausfallend? Getroffene Hunde beißen?
    "Ist es verwunderlich, wenn "Ur-Berliner" ( bin selbst einer) über die Missstände in dieser Stadt meckern? Sie haben im wahrsten Sinne d. Wortes bessere Zeiten erlebt." Andere Orte haben das auch, Bsp.: auf den Nordseeinseln wird viel (Plastik-)Müll angespült, Abstatt zu meckern sammeln die Einheimischen jedes Fetzchen auf und entsorgen es, ebenso wie den Müll, den die Menschen hinterlassen. Die Menschen brennen für ihre Heimat und ihre Natur. Dasselbe kenn ich auch aus anderen Regionen und Städten. Hier wird nur bashing betrieben, das ist wohl der neue Volkssport.
    "Werde das auch mit dieser Stadt machen." Ja, gehen Sie, bald und schnell, machen Sie Platz für die, die gern hier leben möchten.
    "Dann können sich "Neuzugänge" wie sie wohler fühlen." Fall das auch persönlich gemeint ist, ich war Neuzugang vor 25 Jahren....

  15. 41.

    Ist es verwunderlich, wenn "Ur-Berliner" ( bin selbst einer) über die Missstände in dieser Stadt meckern? Sie haben im wahrsten Sinne d. Wortes bessere Zeiten erlebt. Und da regt sich Verdi über eine Kampagne auf, die die Wahrheit zu 100% trifft. Habe Verdi glücklicherweise schon vor x Jahren verlassen als diese immer mehr zur links-grünen Seite driftet. Werde das auch mit dieser Stadt machen. Dann können sich "Neuzugänge" wie sie wohler fühlen. Dreck, Müll etc. sind für Sie wohl Lebensqualität

  16. 40.

    Stimmt. Aber was für Typen von Erzieher:innen sollen denn hier angeworben werden? Autoritär wie zu Kaisers Zeiten oder schlimmer? Über die Zielgruppenansprache sollte gestritten werden. Nur um die geht es hierbei und sonst nix.

  17. 39.

    Die Kampagne ist doch völlig passend! Erziehung und Anstand gehen immer mehr den Bach runter. Man sieht es immer deutlicher an Veränderung verdreckten Straßen, Gehwegen und Parks, am immer ruppigeren Umgangston, zunehmenden Auseinandersetzungen, die mit Stichwerkzeugen statt Worten ausgetragen werden. U- und S-Bahnhöfe stinken oft schlimmer als manches Dixi auf der Baustelle. Der Verkehr wird immer aggressiver. Ja, Berlin hat ein Erziehungsdefizit, das Viele lieber ignorieren.

  18. 38.

    Ich finde die Kampagne leider passend. Schade, dass man mit dem Hintern einreißt, was man gerade hingestellt hat: "ein ganz, ganz klein bisschen" Erziehung. Ironie, "fast schon" geschenkt.

    Solche sprachlichen Duckmäuse sollten wir ganz bewusst abtrainieren. Denn jetzt reicht es "mal so langsam".

  19. 37.

    Verdi leidet unter Humormangel. Satire im Video geht fast auf, irgendwie fehlt da noch das letzte Fingerschnipsen. Vor allem durch den Hinweis am Ende geht es etwas schief: Berlin braucht Erzieherinnen (die werden ja gesucht), statt Erziehung (damit wird es stumpf). Ob man nun >100.000 € für Werbung als Landeseigener ausgeben muß, ist fraglich.

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