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Der Absacker

Freiwillig ins Hirn pieksen wie die Bayern?

Der Wettstreit der Bundesländer bekommt nun eine neue Disziplin. Erst ging es darum, wessen Lockdown am rigidesten ist, nun geht es um Tests für alle. Aber ist es sinnvoll, immer den Bayern nachzueifern? Von Haluka Maier-Borst

Ach ja, die Bayern! Zugegeben, mein Aufjaulen kommt aus befangenem Mund. Als BVB-Fan habe ich die achte demütigende Saison in Folge hinter mir, in der ich einem Münchner Fußballclub hinterherschaute. Und als im Rheinland Aufgewachsener muss ich mir von Freunden aus dem Freistaat ständig anhören, dass mein Abitur im Grunde in der Lotterie gewonnen sei.

Aber auch ohne nordrhein-westfälische Demütungsvita mag man sich wundern, was da gerade am Alpenrand passiert. Da wird der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf einmal zum Favoriten für die Kanzlerkandidatur, obwohl er als Franke für waschechte Bayern das ist, was Spandauer für Berliner sind. Irgendwie zugehörig, aber eben nicht so richtig.

Die vor wenigen Monaten knappen Corona-Tests gibt es für jede Bayerin und jeden Bayer zu jeder Brezn quasi oben drauf [tagesschau.de]. Das hat sogar Auswirkungen auf das frühere Preußen hier.

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Müller stellt Corona-Tests für alle Berliner in Aussicht

1. Was vom Tag bleibt

Weiter geht nämlich der Wettstreit der Bundesländer in dieser Pandemie. Nachdem Berlin und Brandenburg weder am frühesten den Lockdown durchführten, noch thüringisch fix öffneten, will man in der Hauptstadt zumindest bei den Tests oben mitspielen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat in Aussicht gestellt, dass bald auch alle in Berlin sich auf Corona testen lassen können, wenn sie denn wollen.

Wieso man das freiwillig denn wollen würde, bleibt aber ein Rätsel. Zum einen weil es sich laut verschiedenen Berichten anfühlt, als würde man durch die Nase ins Gehirn stechen [nymag.com]. Zum anderen weil es durchaus berechtigte Bedenken gibt, ob diese "Test für alle"-Strategie irgendwem nützt [spiegel.de].

2. Abschalten.

Frisch zurück aus dem Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern musste ich feststellen: Von Natur habe ich wenig Ahnung. Vor allem wenn es um Vogelstimmen geht, kann ich mit Mühe und Not eine Amsel von einem Kranich unterscheiden. Damit das bei Ihnen nicht ganz so schlimm wird, sei Ihnen vor dem nächsten Ausflug das Angebot des Naturschutzbundes (Nabu) ans Herz gelegt. Beim Vogelstimmenquiz können Sie schauen, ob Sie merken, ob der Nachbar eine Meise hat oder doch nur eine Taube auf dem Dach [vogeltrainer.nabu.de].

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding und gönnt sich hin und wieder einen Absacker mit seinen Kolleginnen und Kollegen – und damit eine kleine Pause von der Nachrichtenlage. Vorerst allerdings nur digital aus dem Homeoffice.

3. Und, wie geht's?

Wir haben in unserem Absacker-Team vor einiger Zeit eingeführt, dass nicht nur Lesermails zu Wort kommen, sondern wir hier auch auf Kommentare verweisen, die zeigen, was Sie da draußen bewegt. Ein Thema, das heute beschäftigt hat, war die Situation des "Yaam". Und im Fall von Frank sieht da jemand sogar mehr als nur eine baulich missliche Situation:

Waren die Kulturverantwortlichen dieser Stadt immer abends um acht im Bett, als sie jung waren? Ich weiß, dass Friedrichshain-Kreuzberg sich oft an die Decke streckt, und eine marode Mauer ist eine marode Mauer. Ich sehe aber auch, dass in Berlin so irre viel an Kulturellem verloren geht. Auch Clubs, seit Jahren, nicht erst seit Corona. Nur wird es jetzt vielleicht deutlicher. Erinnert sich wer an den Knaakclub?

Aber ich rede da "nicht nur" von Clubs. Demnächst verlassen, wie es aussieht, auch große Kunstsammlungen Berlin. Leute, Kultur ist kein Selbstläufer! Ich kann nur sagen: Was 20 Jahre gewachsen ist, baut man nicht irgendwann mal wieder auf. Was weg ist, ist weg.

Was sehen Sie derzeit in Berlin oder Brandenburg verschwinden? Was beschäftigt Sie? Schreiben Sie uns: absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld...

Ich sprach oben davon, dass manches an Bayern mich verwundert und ratlos zurücklässt. Aber vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch mal eine Lanze brechen und meiner Bewunderung Ausdruck verleihen. Denn die Sprache der Bayern, dieses brummende Nuscheln gepaart mit einem Sack voll eigener Wörter ist etwas, das man erfinden müsste - wenn es es nicht schon gäbe.

Da ist zum einen der Umstand, dass ich bis heute sicher bin, dass selbst die NSA es nicht vermag, auf Bayerisch verfasste Text- oder Sprachnachrichten zu entschlüsseln. Und zum anderen die Tatsache, dass die Unverständlichkeit für Nicht-Bayern auch schöne Überraschungen mit sich bringt. Eines der besten Schnitzel bekam ich nämlich auf einer Hütte in Oberbayern, nachdem ich auf die unverständlichen Menü-Erklärungen des Wirtes ahnungslos antwortete "Äh, das Zweite dann bitte."

Servus sagt:

Haluka Maier-Borst

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