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Audio: Antenne Brandenburg | 02.11.2021 | Marie Stumpf | Quelle: dpa/Soeren Stache

Nach Corona-Ausbruch in Altenheim

Debatte um Impfpflicht für Pflegepersonal entbrannt

Nach dem Corona-Ausbruch in dem Seniorenheim am Werbellinsee (Barnim) mit zwölf Toten ist eine Diskussion über eine Impfpflicht für Pflegekräfte in Brandenburg entbrannt. Mehrere Landräte haben sich dafür ausgesprochen.

Die Brandenburger Landesregierung hat am Dienstag die Testpflicht für medizinisches Personal verschärft. Demnach soll sich dieses ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 täglich auf das Coronavirus testen lassen, wenn sie keine Impfung oder Genesung einer Corona-Infektion vorweisen können. "Jetzt müssen wir besonders vulnerable Personengruppen wie Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen und Hochaltrige schützen", sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Andere gehen noch weiter und fordern eine Impfpflicht für Pflegekräfte und medizinisches Personal.

Impfpflicht bei hoher Quote an Ungeimpften

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat sich im Falle von zu hohen Zahlen an Ungeimpften bei Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtung zudem für eine Impfpflicht ausgesprochen. "Wenn die Quote zu hoch ist und wir mehr Ausbrüche sehen, dann müssen wir tatsächlich überlegen, ob wir eine Impfpflicht dort einführen", sagte Lauterbach am Dienstag im ARD-Mittagsmagazin. Für einen solchen Schritt müssten aber bundesweit präzise Impfquoten aus den Einrichtungen vorliegen, was derzeit nicht der Fall sei: "Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht, ob tatsächlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen nicht geimpft sind", so der Gesundheitsexperte weiter. In der betroffenen Einrichtung am Werbellinsee waren Berichten zufolge nur rund die Hälfte der Pflegekräfte gegen das Coronavirus geimpft.

Eine generelle Impfpflicht für Pflegekräfte lehnt Lauterbach hingegen ab. "Wir sollten stattdessen appellieren, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Seniorenheim auch geimpft sind."

Barnim

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Ähnlich äußert sich auch Barnims Landrat Daniel Kurth (SPD), in dessen Landkreis es in der Gemeinde Schorfheide zu dem Corona-Ausbruch in dem Seniorenheim gekommen war. "Wenn es als letztes Mittel gar nicht anders geht, muss vielleicht für bestimmte Berufsgruppen auch eine Impfpflicht kommen", sagte Kurth am Montag Brandenburg aktuell. Dies müsse jedoch von der Bundesebene entschieden und sorgsam abgewogen werden. Kurth plädiere vielmehr dafür, sich auf freiwilliger Basis impfen zu lassen. "Meine Bitte ist, dass diejenigen, die in Berufen als Lehrerinnen und Lehrer, in der Kita, aber insbesondere in der Pflege arbeiten, die Impfangebote annehmen, die wir als Landkreis neben den niedergelassenen Ärzten unterbreiten."

Landräte fordern Impfpflicht

Gernot Schmidt, Landrat im Nachbarkreis Märkisch-Oderland, spricht sich hingegen deutlicher für eine Impfpflicht aus. Gegenüber Antenne Brandenburg sagte er, dass Krankenhäuser und Pflegedienste alle Möglichkeiten ausschöpfen müssten, ihre Patienten nicht zu gefährden: "Jemand, der diesen Beruf ergreift, hat den Menschen zu dienen und muss eine Gefährdung der Mitarbeiter und der Patienten, was Krankenhaushygiene und andere Dinge angeht, ausschließen. Ich bin also ganz klar für eine Impfpflicht aller Leute, die in diesem Bereich tätig sind", sagte Schmidt. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass Pflegepersonal Menschen umsorge, die hilfebedürftig, teilweise nicht selbstbestimmend und somit den medizinischen Prozessen ausgeliefert seien.

Ebenfalls hat sich Rolf Lindemann (SPD), Landrat von Oder-Spree, für eine Impfpflicht für Pflegekräfte ausgesprochen. Er räumte im Gespräch mit dem rbb ein, dass dadurch gegebenenfalls Fachkräfte verloren gehen könnten, stellte aber klar, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit durch den Schutz vor Covid-19 wichtiger sei.

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Laut Schmidt seien die Bewohner und Mitarbeiter in den Pflegeheimen in seinem Landkreis im Frühjahr bereits großflächig geimpft worden. Der Großteil habe das Angebot auch angenommen. Eine "Impfabwehr" habe es demnach nicht gegeben. Ebenso sehe es auch in den Krankenhäusern von Märkisch-Oderland aus. Aktuell weise der Landkreis alle Pflegedienste und -Einrichtungen auf die Auffrischungsimpfung – die so genannte Booster-Impfung – hin.

Landkreis will Kosten für ausländische Fachkräfte übernehmen

Die Kreisverwaltung von Märkisch-Oderland schaue nun vermehrt auch nach den Fremd-Pflegekräften, etwa von Leasing-Diensten oder aus dem Ausland. "Wir werden alles tun, dass jeder, der in diesem Bereich tätig ist und sich impfen lassen will, eine Impfung bekommt", so Schmidt. Dies gelte insbesondere für Mitarbeiter von Leasing-Diensten oder aus dem Ausland. Die Kosten für die Immunisierung gegen Corona wolle der Landkreis notfalls selbst tragen, sollte die Krankenkasse für die Impfung von Pflegepersonal aus dem Ausland nicht aufkommen.

Die Diskussion über eine Test- und Impfpflicht für Pflegende war nach dem Corona-Ausbruch in dem Seniorenheim in Altenhof am Werbellinsee entstanden. Dort sind zwölf Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben. Zudem sind 44 Bewohner und 17 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.11.2021, 16:10 Uhr

Mit Material von Marie Stumpf und Tony Schönberg

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